Segeln mit Yachten
                   

 
                                         Wege zur eigenen Yacht  -  Weltumsegelung ?   -  Aussteigen ?

                          1.    Eigene Yacht ?
                          2.    Wege zur eigenen Yacht
                          3.    Unser Weg
                          4.    Weltumsegelung ?
                          5.    Aussteigen ?  Leben als Yachtie ?
                         
                             

1.   Eigene Yacht ?

Wer Länder bereisen will, darf nicht segeln. Denn wer segelt, hat in der Regel keine Zeit für Besichtigungen.
Niemand steigt auf den Mont Blanc der schönen Aussicht wegen: Der Weg ist das Ziel!
Das gilt für das Segeln in besonderem Maß.
 
Schiffe kosten. Nicht nur die Anschaffung, auch der Liegeplatz, die Versicherung, die laufenden Kosten, Instandhaltung, Reparaturen …
„Segeln heißt:   100-Mark-Scheine unter der Dusche zerreißen“,    … sagte mein Freund Horst.
Man wird getrost "Mark" durch "Euro" ersetzen können; es wird sich kaum etwas verändert haben.
Eine eigene Yacht "rentiert" sich nicht.
Wer segeln möchte und emotionslos ökonomisch kalkuliert, wird chartern.

Wenn man eine eigene Yacht hat, wird man an anderen Dingen sparen:
Fernreisen?  Hotelaufenthalte?  ...  -  Fehlanzeige!
Der Urlaub wird immer ein "sportliches", seglerisches  Unternehmen sein.

Alles hat zwei Seiten, es kommt auf den Blickwinkel an:
Was der eine als "unzumutbar" bezeichnet, nennt der andere "Rückkehr zu einem einfachen Leben".
Was für den einen ein zu hohes Risiko bedeutet und damit Angst auslöst, ist für den anderen eine Herausforderung.

Schiffe brauchen Zeit.   
Es vergehen immer einige Tage an Arbeit, bis man das Boot zu Wasser lassen kann, und am Ende der Saison einige Tage, um es einzuwintern.
Glücklich, wer an der Küste wohnt und solche Dinge am Wochenende erledigen kann.
Wer ein eigenes Schiff hat, hat wenig Zeit für andere Hobbies, zumindest im Sommer.
Mit einem Schiff hat man sich ziemlich festgelegt.
Wer eine eigene Yacht erwirbt, reduziert sich einerseits, vor allem was die Art seines Urlaubs betrifft,
andererseits hat er ein zweites Leben gewonnen:
Segeln wird von eigenen Gesetzen bestimmt. Wenn man im Hafen ankommt, ist es, als würde man ein anderes Zimmer betreten.
Nichts ist so wie gewohnt.
Erst recht unterwegs, wenn das Schiff erwacht, der Wind in die Segel fällt, die Yacht krängt…

Nicht die scheinbar unverrückbare Einteilung von Tag und Nacht gilt nun mehr.
Das Leben an Bord wird vom Rhythmus der Wachen bestimmt: 4 Stunden Wache, 4 Stunden Schlaf, 4 Stunden Wache…
Man verlässt sich auf den Partner; man muss sich auf ihn verlassen.

Fahrten-Segeln macht dich zu einem besseren Menschen.
Auch bei bester Vorbereitung gehen Dinge zu Bruch.

Schwierige Situationen sind unvermeidbar. Irgendwann braucht man Hilfe. Und man bekommt sie!
Von Seeleuten, von Handwerkern, von Fremden. Es ist großartig. Ich könnte viele Beispiele nennen.
Wer Hilfe erfahren hat, will zurückgeben, will selber helfen.

 

Wer vom Segeln gepackt ist, wird auch seine eigene Yacht haben wollen.

Und dann entscheidet es sich, ob der (Ehe-)Partner mitmacht, langfristig.
    Im Waschsalon von Port Olona, der Marina von Les Sables d`Olonne, kam meine Frau mit einer Belgierin ins Gespräch.

    Ihr Mann hatte einen Katamaran in 8jähriger Arbeitszeit gebaut, ein Riesenkat (11 x 6 m), makellos.
    Vorher hatten die beiden begeistert Jolle gesegelt; nun waren sie zum ersten Mal 6 Monate am Stück unterwegs.
        „Ich verstehe, dass mein Mann jetzt um die Welt segeln will, 8 Jahre hat er darauf hingearbeitet.

        Aber ich mache nachts unterwegs kein Auge zu. ...
        Mir ist es auch einfach zu lang. Ich sehne mich nach meinen Enkeln!

        Einen Monat von Zuhause weg, wäre okay, aber nicht länger. …“
    Wir haben den beiden unsere Lösung vorgetragen: Langstrecke als Männertörn mit Freunden, am Ziel Urlaub zu zweit.
    Antwort: „Segelfreunde haben wir nicht. …“

 


2.   Wege zur eigenen Yacht

 

Selbstbau
Ich rate ab, sowohl von einem Gesamtbau als auch von einem Ausbau eines Kaskos (= Rumpf).
Meine erste Jolle, eine Fireball, habe ich selbst gebaut. Sie kam mir am Ende teurer als ein Neukauf,

von den investierten vielen, vielen Arbeitsstunden ganz zu schweigen.
Wer es dennoch anpackt, muss mit jahrelanger Bauzeit und Verzicht auf private Feierabende und Wochenenden rechnen.

Daran sind Beziehungen schon gescheitert.
In jedem Falle sollte man sich einige selbst (aus-)gebaute Yachten ansehen.

Dies hat mich endgültig geheilt.
Obwohl es zugegebenermaßen auch schöne Selbstbauten gibt.

   
Werft-Neubau
Eine Yacht bauen zu lassen, bleibt ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang. Selbst wenn man mehr Geld in der Rückhand hat, als veranschlagt.
Entscheidend sind die Arbeitsstunden, oder besser: die Effektivität der Arbeitsstunden.
Billigere Arbeitsstunden muss nicht heißen, dass das Schiff am Ende billiger wird.
Die Effektivität von Arbeitsstunden ist von vielen Dingen abhängig: z. B. von der Ausstattung der Werft mit Maschinen und Werkzeug,

dem Wissen um die Arbeitsabläufe.
Natürlich auch von der Einstellung der Arbeiter. Oder der Kontrollmöglichkeit, die man als Aufraggeber hat usw.
Bei einem Notverkauf eines dreiviertel fertigen Schiffes verliert man das meiste des bis dahin investierten Geldes.   
Wir selbst haben neu bauen lassen - und sind am Ende haarscharf an einem finanziellen Fiasko vorbeigeschrammt.
Achtung auch vor einem günstigen Grund-Angebot. Wie teuer werden die dann nötigen Zusatzwünsche?
Manche Schiffsbauer machen allein dadurch ihren Gewinn.

 

Auf ein weiteres finanzielles Risiko sei hingewiesen:
Üblich ist folgende Zahlungsweise: ein Drittel des Endpreises bei Auftragsvergabe, ein weiteres Drittel bei Kiellegung,

das letzte Drittel bei Übernahme des Schiffes.
Sollte die Werft zum Zeitpunkt der Kiellegung in Konkurs gehen, sind zwei Drittel des Gesamtgeldes verloren, ohne dass man einen Gegenwert hätte.

(Das gilt übrigens auch beim Kauf einer Serienyacht.)
Man kann sich dadurch schützen, dass man vertraglich festlegt, dass sämtliche Materialien ab Anlieferung in den eigenen Besitz übergehen.

Diese Regelung hat andere Nachteile, z. B. muss man sich um den Versicherungsschutz selbst kümmern.
Diesen Weg sind wir gegangen.


Die Werft - und unser Neubau - sind abgebrannt, vermutlich wegen Brandstiftung.
Natürlich hatte ich die Versicherung knapp kalkuliert. Dadurch waren wir unterversichert.
Ich würde jetzt die Versicherung nicht nur jährlich sondern öfter anpassen.
Mittlerweile (2015) gibt es bei Pantaenius eine "Vertragserfüllungsbürgschaft":

eine Bank oder eine Versicherungsgesellschaft bürgt dafür, dass die Werft ihren Vertrag erfüllt.
Dadurch werden Insolvenzrisiken abgedeckt.

 
Völlig abraten möchte ich von einem Konstruktionsauftrag für eine neue Yacht (Einzelbau).
Es gibt immer das Risiko eines fehlerhaften Entwurfs, auch bei renommierten Konstrukteuren.
Der Konstrukteur hat sich gegen solche Situationen professionell abgesichert;
der Auftraggeber aber schaut in die Röhre und ist u. U. sein gesamtes Vermögen los.
     So ist es einem Arzt ergangen, den ich auf der Suche nach dem optimalen Riss kennengelernt habe.
Besser ist, auf eine Konstruktion zurückzugreifen, die schon mehrere Male gebaut, dadurch getestet, überarbeitet und optimiert wurde.

Rumpf - Ausbau
Um Kosten zu sparen, überlegt man sich, ob man den Rumpf von einem preisgünstigeren Unternehmen ausbauen lässt.
Es ist von Vorteil, wenn die Arbeiten von Leuten gemacht werden, die selbst Segler oder am Meer aufgewachsen sind.
Sie wissen, was notwendig ist und welche Fehler sie nicht machen dürfen.
Wissen das Leute im Binnenland auch?

Kauf einer Serienyacht
Gemeint ist hier die Großserie, bei der die Arbeitsabläufe optimiert sind und die Kosten dadurch gesenkt wurden.
Das Problem liegt im übergroßen Konkurrenzdruck, in der beredten Ahnungslosigkeit der Verkäufer und im Schnäppchen-Verhalten
der unbedarften Kundschaft.
Gekauft werden möglichst preisgünstige, also billige Schiff mit möglichst großem Platzangebot.
Das hat zur Folge, dass dieser Schiffstyp auf Bootsmessen dominiert.
Die Seetüchtigkeit aber kommt zu kurz.
Kaufentscheidungen sollten jedenfalls nicht ausschließlich auf Bootsmessen fallen.
Schlimm ist der Wissensstand der meisten Verkäufer.
Sie werben mit Innenraum, mit Kojenzahl, WC-Ausstattung, demonstrieren die Dicke des Rumpfes anhand eines Seeventil-Ausschnittes
(der aus nach unten gesacktem Polyester ohne Glasfaseranteil besteht, also für die Festigkeit wertlos ist).
Und sie werten die Konkurrenz durch verunglimpfende Sätze ab.
Für geschützte Gewässer sind preisgünstige Fertigbauten sicherlich in Ordnung.
Wer aber eine ernsthafte Yacht anstrebt, sollte keineswegs eine Yacht kaufen, deren Rumpf komplett in Sandwichbauweise gefertigt ist;
die Punktbelastbarkeit ist zu gering.
Wenn eine solche Yacht aufschrammt, muss man fürchten, dass sie im Kielsegment eingedrückt wird.
Werften, die solide Schiffe in Volllaminat fertigen, sind selten geworden; man muss suchen.
In Deutschland wird man eher nicht fündig.
Ein norwegischer Hersteller hatte mir versichert, sein Rumpf wäre Volllaminat.
Zum Glück habe ich recherchiert. Es war eine glatte Lüge.
Auf Tests von Segelzeitschriften würde ich mich ebenfalls nicht verlassen.
Die wichtigen Angaben fehlen in der Regel: Rumpfaufbau, Stabilitätskurve, Seegangsverhalten bei Sturm.
Dafür Fahrverhalten bei Schönwetter, Kojenzahl und Dezibel unter Maschine.
Hier spiegelt sich natürlich auch das Fahrtrevier der Leserschaft, die eine Yacht eher als alternatives Campingvehikel sieht.
Wer aufs Meer will, muss andere Prioritäten setzen.
Welcher der Journalisten hat jemals bei Sturm in der Kajüte ein Essen zubereitet, an Bord geschlafen oder auch nur im Cockpit gesessen?
Das gilt auch für den Konstrukteur von Fahrtenyachten.
Es gilt sogar für den ausbauenden Arbeiter.
Wer keine Ahnung von der Realität hat, setzt falsche Prioritäten.
Wer die Möglichkeit hat, sollte mit Leuten sprechen, die selbst Erfahrung haben.
Man wird auf unterschiedliche Meinungen treffen, aber man wird dennoch allmählich ein Gespür dafür entwickeln, was wirklich wichtig ist.
Noch besser wäre eigene Erfahrung auf verschiedenen Schiffstypen und auf verschiedenen Revieren.
Viele Eigner suchen Mitfahrer. Wer eine Mannschaft braucht, wird dafür kein Geld verlangen
(von der obligaten Beteiligung an der Bordkasse einmal abgesehen).
Angebote gibt es z. B. in den Segel-Zeitschriften und in Vereinsnachrichten: Kreuzer-Abteilung (KA), Kreuzer Yacht Club (KYC), Trans-Ocean (TO). 
 
Eigner-Gemeinschaft
Sie kann funktionieren, muss aber nicht. Auf die Dauer ist es eher unwahrscheinlich.Einplanen sollte man die Trennung von Anfang an.
Denn zu Beginn der Partnerschaft wird man ein faires Verfahren vereinbaren, was nicht mehr zu erwarten ist, wenn man streitet.
Vernünftig ist, einen Rechtsanwalt einzubeziehen und möglichst alle Schritte vertraglich festzulegen.


Verchartern
Der Gedanke ist, die Yacht zu verchartern, um einen Teil des Anschaffungspreises und der laufenden Kosten (Liegeplatz, Versicherung, Zins-
und Rückzahlungsbeträge) dadurch wieder hereinzubekommen. Gleichzeitig kann man selbst die Yacht nutzen.
Soweit die Theorie.

In der Praxis wird das Wunschdenken gutgläubiger Anfänger nur allzu häufig von Profis ausgenutzt.

 

Beginnen wir mit der Vercharterfirma.
-   Wenn man berufstätig ist, wird man schon aus zeitlichen Gründen Kundenakquise und -betreuung, Übergabe- und Rücknahme der Yacht,

Überprüfung, Reparaturen etc. allein nicht organisieren können. Deshalb wird man eine (Ver-)Charterfirma einschalten müssen.

Sie wird sich das bezahlen lassen.

-   Die Vercharterer wissen: ein "altes" Schiff will niemand chartern.
Deshalb wird die (Ver-)Charterfirma einen Vertrag für maximal fünf Jahre abschließen.
Einen Verlängerungsvertag wird es nicht geben!
Nach diesen fünf Jahren ist Schluss mit den erhofften Nebeneinnahmen.
Bis dahin muss also die finanzielle Situation entschärft sein.
Entweder man nutzt ab dann das Schiff selbst, oder man verkauft.

Ein Blick in die Kaufangebote zeigt, was eine 5 Jahre alte Charteryacht theoretisch bringt.
Aber auch die dort angesetzten Preise werden wohl nicht bezahlt werden.

-   Entscheidend ist, wie viele Wochen im Jahr die Yacht verchartert werden kann.
Gerne rechnet man mit einem "best case"-  und einem "worst case"- Szenario.
Rechnen wir erst mal selbst:
Gechartert wird vermutlich in den Monaten Juni, Juli, August. Evtl. noch die ersten beiden Wochen im September.
Das wären 16 Wochen.

Nun vermittelt die Charterfirma aber nicht nur "unser" Schiff, sondern auch die eigenen Yachten und die unserer "Mitbewerber".

Wenn nicht gerade Hochsaison ist, werden einige Yachten stillliegen.
Wer kommt dann zum Zuge?
Ich würde mit maximal der Hälfte der Wochen rechnen.
Wenn man berufstätig ist und selbst segeln will, wird man das im Sommerurlaub tun müssen; nochmal 2 Wochen weniger

(oder man verzichtet auf das Segeln).
6 Wochen Einnahmen durch Vercharterung ist realistisch. Genügen diese Einnahmen für die Verbindlichkeiten?
Gerne wird der "worst case" schön gerechnet.

(Nachtrag, 2023: Der Klimawandelt verlngert die Saison vielleicht um 2 - 4 Wochen.
Gleichzeitig wird es im Hochsommer so heiß im Mittelmeer, dass viele Charterer das Revier wohl wechseln werden.) 

-   Vertrauen ist gut, Kontrolle wäre besser!
Ich kenne Fälle, in denen der Geschäftsführer vor Ort "unter der Hand" in die eigene Tasche verchartert hat.

Der Eigner hatte über mehrere Jahre nichts mitbekommen. 

-  Wer reguliert den Service, veranlasst Reparaturen?
Auch hier kann betrogen werden: Ersatzteile, die weder benötigt noch eingebaut, wohl aber verrechnet werden.
Wenigstens ab und zu sollte überraschend persönlich kontrolliert werden.

Wie man sieht, nicht nur das Schiff.

-  Hinzu kommen Schäden, die von den Chartercrews nicht gemeldet und bei der Rücknahme nicht entdeckt werden: Grundberührungen z. B.

Ob die Versicherung im Nachhinein einspringt?

 

Wertverlust von Charteryachten
Wenn eine übliche Serienyacht fünf Jahre im Charterbetrieb gelaufen ist, wird man einiges investieren müssen, um sie wieder in Stand zu setzen.
Denn Charterschiffe leiden.
Nicht nur aufgrund mangelhafter Seemannschaft und wenig pfleglicher Behandlung sondern mehr noch infolge der Unkenntnis über den Preis
von Ausrüstung:
Welcher müde Chartergast z. B. wird nach einem Tagestörn die Großsegel-Persenning aus der Backskiste hervorkramen und sie auflegen?
Mein Großsegel sieht nach 10 Jahren Gebrauch noch immer relativ gut aus.
Das Segel einer Charteryacht dürfte nach den genannten 5 Jahren erneuert werden müssen.
Das gleiche gilt von den Salonpolstern, der Kojenausstattung, der Lackierung usw. usw.

Osmose
GFK-Yachten mit Gelcoat als Rumpf-Überzug werden nach 5 Jahren im Mittelmeerwasser mit Osmose rechnen müssen.
Was kostet die Sanierung?
Auf alle Fälle würde ich auch einer zum Verchartern bestimmten Yacht vor der ersten Wasserung einen Epoxid-Harz-Überzug
wenigstens im Unterwasserbereich gönnen.
 
Kauf eines gebrauchten Schiffes
Das ist ein vernünftiger Weg, vor allem bei schmalem Geldbeutel.

Der Preis steht bei Kaufabschluss fest, die Höhe des eigenen Kontos ebenfalls.
Nicht verführen lassen sollte man sich von einer üppigen Ausstattungsliste.
Komfort ist angenehm, wenn man ihn sich leisten kann.
Das Geld sollte man in die wichtigen Dinge stecken.
Wichtig ist der Rumpf.
Dann folgen mit Abstand Maschine und Rigg.
Ausrüstung kann nachgekauft werden.                             


GFK-Yachten
Sehr zu denken hat mir das Buch "Pfusch im Detail – Kritischer Leitfaden … zur Qualitätskontrolle von GFK-Segelyachten" von Peter U. Preuss gegeben.
Leider ist dieses Buch im normalen Buchhandel nicht mehr erhältlich.   

GFK wird "weich". Das heißt, dass bei Belastung nach und nach einzelne Glasfasern brechen.
Am Ende gibt dann die Gesamtkonstruktion nach.

So manche "Wal-Kollision" könnte nach Peter Preuss auch ein durchgebrochenes Motorfundament gewesen sein.
Eine GFK-Yacht, die in der Karibik im Charterbetrieb gelaufen oder zweimal über den Ozean gesegelt wurde, wäre demnach meine Wahl nicht.

 

Osmose heißt das zweite große Problem beim Kauf einer gebrauchten Yacht aus GFK.
Osmose ist ein schleichender Prozess; Wasser dringt allmählich in das Laminat des Rumpfes ein.
Wasser schwächt das Laminat deutlich und es ist ursächlich für Osmose.
Aus diesem Grunde würde ich vor einem Kauf eine Feuchtigkeitsmessung an verschiedenen Stellen des Rumpfes und am Ruder vornehmen lassen.

(Weitere Informationen in "Sturmtaktik für Yachten", Kap. Kielverlust)

Stahl, Aluminium
Auch Stahlschiffe sind nicht unfehlbar; der Rost kann an unzugänglichen Stellen das Schiff bis zum Wassereinbruch geschwächt haben.

Bei Alu-Schiffen wiederum ist es die Elektrolyse, die ihr zerstörerisches Werk verrichtet.

 

Sachverständiger

Deshalb sollte man beim Kauf einer gebrauchten Yacht einen Fachmann, einen Sachverständigen, zu Rate ziehen.

Er ist das Mehrfache seines Preises wert; außerdem wird er in der Regel so viele Schwächen finden und dies preislich geltend machen,

dass sein Honorar herausspringt.
Man wird auch bei der Auswahl eines Sachverständigen kritisch sein müssen.
Preuss: "Es ist schwierig, einen guten Sachverständigen zu finden."
Dennoch postuliert er: "Keine Übernahme ohne Fachmann!“
Das gilt im Buchzusammenhang für die Übernahme eines neuen Schiffes, aber es ist sinngemäß auch auf den Kauf von Gebrauchtbooten anwendbar.
Die Kreuzer-Abteilung führt (2015) "Bootskauf-Seminare" durch, mit Fachleuten (Yacht-Ingenieuren, Gutachtern).

Sachverständige vermittelt der Deutsche Boots- und Schiffbauerverband: www.dbsv.de

 

    "Ja - wir hätten es vorher wissen können, wenn ein Gutachter das Schiff an Land genau untersucht hätte.

    Ein kurzes Rauskranen, Absprühen und kurz anschauen, hätte uns nicht weitergebracht.
    Der Osmoseschaden ist erst sichtbar geworden, als das Antifouling angeschliffen wurde und  Spachtelstellen offensichtlich wurden.
    Daher können wir jedem, der ein gebrauchtes Schiff kauft, nur raten, eine nachhaltige Begutachtung durchführen zu lassen,

    und zwar von einem Fachmann. ...
    In unserem Fall ist es so, dass wir fast 50 Prozent des Kaufpreises noch einmal in die Sanierung stecken mussten."  
                                                                                                                                              
(aus: Trans-Ocean, 1/2017)

Nachtrag 2017: Man kann eine Yacht (Kauf oder Verkauf) über das Internet bewerten lassen:  www.ratemyboat.de
                       Dieses Verfahren kann einen Gutachter, der sich das Schiff ansieht, nicht ersetzen.     
       
 

Ich würde zusätzlich darauf achten, ob mir der Besitzer der Yacht sympathisch ist.
Sympathie beruht auf Gegenseitigkeit. Ich als Skipper würde umgekehrt meine geliebte Yacht ungern irgendjemandem anvertrauen.

Er müsste mir mindestens sympathisch sein.
Was so oberflächlich daherkommt, zielt auf etwas Tieferes: Wer seine Yacht liebt - das ist der Ursprung von Sympathie unter Seglern -

wird sie auch pflegen (gepflegt haben ...), reparieren, wird Geld investieren, wird sie in Schuss halten (in Schuss gehalten haben).
Über das Band der Sympathie wird man (möglicherweise) eine Yacht bekommen, die in Ordnung gehalten wurde,

und als Dreingabe vielleicht einen guten Preis.
Dennoch gilt auch hier: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

Bei der vertraglichen Gestaltung bieten Segelverbände mit entsprechenden Formularen Hilfestellung.
(Von Pantaenius kann man einen Musterkaufvertrag und ein Muster-Übergabe-Protokoll erhalten.)
Es gibt auch eine Reihe von Veröffentlichungen zum Thema in den einschlägigen Fachzeitschriften.
Das Angebot des ADACs, der Boots-Check, mag auch hilfreich sein.
"Geschulte Experten führen den Check an europaweit mehr als 100 ADAC-Prüfstationen nach einem tandardisierten Verfahren durch."

                                                                                                                                           (ADAC, Motorwelt, Juni 2012)
Man erhält anschließend einen neutralen Prüfbericht.

Bootsbesitzer und Kaufinteressenten können den ADAC mit diesem Check beauftragen
Was ist ein „neutraler Prüfbericht“? Hier beginnt die Skepsis:

Ein Fachgutachten, in dem wunde Punkte beschrieben und Summen genannt werden, dürfte etwas anderes sein.

Wer eine hochseetüchtige Yacht sucht, wird heutzutage das Internet zu Hilfe nehmen und die großen Yacht-Broker weltweit kontaktieren.

Beinahe hätte ich es vergessen:

Das Herz spielt schon auch eine Rolle.
Man muss sich in ein Schiff verlieben …
 

 


3.   Unser Weg zur eigenen Yacht

                                                                                    ...   war dornenreich.

Vorgeschichte: Selbstbau-Faltboot, Selbstbau-Jolle, Trailer-Schiff (Pandora).
Dann stach uns nach langer Suche auf den Messen eine Friendship 28  ins Auge.

Wir wollten die Pandora drangeben, hatten noch den Verkaufsprospekt.
Wir sicherten uns einigermaßen ab durch eine Bankgarantie (über die finanzielle Situation der Werft); die Werft verlangte das gleiche von uns.
Als wir die Pandora abliefern und das Schiff übernehmen wollten, kam es zu Auseinandersetzungen.
Es lief auf eine preisliche Abwertung unseres Schiffchens hinaus.
Mit der neuen Friendship 28 lebten wir zwanzig Jahre.
Erste Saison in Holland, dann rund Dänemark, anschließend in mehreren Etappen ins Mittelmeer:
Spanien, Balearen, Frankreich, Italien, Malta, Tunesien, Griechenland, Türkei.
In dieser Zeit haben wir große Summen in die strukturelle Verbesserung des Schiffes (Verstärkungen, Auswechseln der Kielbolzen gegen Niro-Bolzen)
und in Ausrüstung (Niro-Tank, Anker, Rollfock, Beiboot) gesteckt.

Van-de-Stadt-Design 37 - Forna
Ich habe schon immer viel gelesen: über Seetüchtigkeit, Konstruktion, Material, Unfallberichte, ausländische Literatur etc.
Inzwischen hatte ich auch viele Yachten gesehen.
Als wir beschlossen, uns ein neues Schiff zuzulegen, haben wir als erstes versucht, über Yacht-Makler an ein passendes Schiff zu kommen.
Wir haben viele Angebote durchforstet, haben uns viele Schiffe angeschaut, aber sie alle wieder verworfen.
Aus den verschiedensten Gründen:
zu klein, zu groß, osmosebehandelt, rostig, keine Navigationsecke, die Toilette vorne im Bug, Wasser im Ruder,
als Eigenbau auf Meilen erkennbar, ohne Charme …
Dann besuchten wird Werften und haben mit den Konstrukteuren gesprochen.
Ein lebhafteres Schiff sollte es sein, also doch kein Stahlschiff. Vielleicht ein Alu-Bau?
Aber als ich mich mit der Elektrolyse-Problematik auseinandersetzte, nahmen wir davon Abstand.
Bei diesen Besichtigungen haben wir sehr viel erfahren.
Ein Eigner riet uns dringend von einer Einzel-Konstruktion ab: sein Schiff war misslungen, trotz renommierten deutschen Konstrukteurs.
Der Eigner hat mit dieser Yacht sein Vermögen und den Traum einer Weltumsegelung verloren.
Weil unsere Friendship - ein holländisches Schiff, gezeichnet von Koopmanns sen. und trotz seiner nur 28 Fuß eine außergewöhnlich seetüchtige
Yacht war - kamen für mich holländische Schiffe in die engere Wahl.
Wir fuhren also nach Holland. …
Geworden ist es eine Van-de-Stadt-37 "Forna", in Woodcore-Bauweise, konstruiert als Serie.
Herr Hans Körner, der maßgeblichen Anteil an dieser Konstruktion hat, höchst kompetent, beantwortete mit Engelsgeduld
meine nicht immer qualifizierten Fragen.
Die Pläne kauft man in so einem Fall vom Konstruktionsbüro; unser Schiff trägt die Baunummer 73.
Das Schiff wird dann von einer Werft, die man auswählt, gebaut ("custom built").

Die Suche nach einer Werft, die in "Woodcore-Epoxy" baut, begann. Das war eine neue, in Deutschland eher nicht bekannte Bauweise.
In Holland gab es eine Handvoll Werften mit entsprechender Erfahrung.

Der Kostenvoranschlag der ersten Werft in Arnheim, die schon mehrere Woodcore-Fornas gebaut hatte, lag weit über unseren finanziellen Möglichkeiten.
(Heute weiß ich, dass es ein seriöses Angebot war.)
Die nächste Werft hätte den Rumpf sehr kostengünstig gefertigt. Doch beim Innenausbau wurde es teuer,
und bei den geringsten Änderungen wäre es richtig ins Geld gegangen.
Der Chef einer Werft in Deutschland versuchte mich von meinen Vorstellungen abzubringen und mir sein Polyester-Schiff anzudienen.
Auf meine Frage: "Würde Ihr Schiff denn eine Grundberührung aushalten?" … war die Antwort:  "Wollen Sie stranden?"
Inhaltlich ging er auf meine Frage nicht ein.
Eine weitere deutsche Werft antwortete nicht, eine weitere holländische Werft würde erst "in drei Jahren" mit dem Bau beginnen können.
Dann kam der erlösende Anruf: "Ich würde gerne Ihr Schiff bauen…" Herr Bart Jan Bats war am Telefon.
Er hatte zwar noch keine Forna gebaut, war aber in einer Werft tätig gewesen, die Woodcore-Schiffe gebaut hatte.
Der Kostenvoranschlag war so, dass wir mit unseren Finanzen hinkommen würden.
Sollten wir "nach Regie" abrechnen oder einen Festpreis vereinbaren?
Was würde geschehen, wenn sich die Werft verkalkuliert hatte? Würde dann schludrig gearbeitet werden?
"Eine Werft zahlt nie drauf!", sagte Herr Körner.
Das im Ohr, und weil ich ein in aller Eile zusammengeschustertes Schiff fürchtete, vereinbarten wir, unter der Maßgabe,
dass zügig gebaut würde, monatliche Bezahlung nach Aufwand.
Schiff und Material würde mir gehören ab Anlieferung. Der Endbetrag konnte nicht sehr viel höher liegen als der Kostenvoranschlag … dachten wir.
Als der Rumpf fertig war, brannte die Werft ab. Einschließlich einer Kunststofffenster-Fabrik nebenan. Brandstiftung?
Die halbfertige Yacht hatte laut Vertrag uns gehört; wir hatten auch eine Versicherung abgeschlossen, aber natürlich knapp kalkuliert.
Auf dem Fehlbetrag blieben wir sitzen.
Wir wollten ein Schiff! Also nochmal!

Auch dieser Rumpf wurde zügig gebaut, er blieb im Rahmen des Kostenvoranschlags. Dann kamen Abschnitte, in denen es nicht weiterging.
Wir besuchten im monatlichen Abstand die Werft, bezahlten die Rechnungen, sahen aber wenig Fortschritte.
Das Schiff wurde und wurde nicht fertig, die Baukosten stiegen, weit über unser Limit … bis uns das Geld ausging.
Was nun?

Ein nicht fertiges Schiff zu verkaufen, kommt einem Totalverlust nahe.
Wir überlegten, die Werft zu wechseln. Aber welche Werft übernimmt ein Schiff, an dem nicht mehr viel zu verdienen ist
und dessen Eigner finanziell in der Klemme steckt?
Wieke, der Schiffszimmermann, bot uns an, das Schiff ohne Bezahlung fertig zu bauen; wenn wir wieder Geld hätten,
dann erst sollten wir es ihm erstatten. (Wir haben das Angebot nicht angenommen; ich werde es Wieke aber nie vergessen.)
Nach einem längeren Baustopp gelang es uns, dass Schiff fertig zu bekommen. 
Anstelle der Ruderkonstruktion mit Rad nahmen wir zunächst eine Pinne. Rigg und Segel fehlten. Im Juni 2005 war Bootstaufe.
Ein Jahr lang fuhren wir als Motorschiff, durch Hollands Gewässer und den Rhein hinauf bis nach Emmerich.
Erst am Ende der zweiten Saison erhielt das Schiff sein Rigg, im nächsten Frühjahr die Segel und eine Radsteuerung,
weil sich die Pinne nicht bewährt hatte.
 
Wir haben jetzt ein wunderschönes, extrem festes, hochseetüchtiges, toll zu segelndes Schiff.
Aber ich würde diesen Weg nicht mehr gehen wollen. 



Was kann man lernen?

Hinweise zur Vertragsgestaltung findet man als Download bei allen einschlägigen Segelzeitschriften. Reicht das?
-     "Warum haben Sie keinen Festpreis vereinbart?", fragte mich Herr Körner, der Konstrukteur.
Der Kostenvoranschlag war aufgrund mangelnder Erfahrung, trotz Einbeziehung anderer Schiffbauer, viel zu optimistisch angesetzt worden.
Der Preis hätte nie gehalten werden können. Entweder ich hätte dann nachgegeben, oder die Werft wäre pleite gegangen.
In diesem Falle wäre ich ebenfalls mit einem halbfertigen Schiff dagestanden und hätte mir eine neue Werft suchen müssen.
Alles steht und fällt mit der Seriosität der Werft, aber auch mit ihrer Effektivität.
Sie sollte den Typ, den man anstrebt, bereits gebaut haben. Bei einer Uraufführung muss zu viel überlegt und probiert werden.
-     Als zukünftiger Eigner muss man bis ins kleinste wissen, wie das Schiff werden soll.
Dann sollte man einen Katalog aufstellen, der alles, aber auch alles, enthält.
(Ein Muster findet man bei Dashew, "Offshore Cruising Encyclopedia".)
Und dann darf man davon nicht abweichen. Jede Abweichung kostet überproportional.
-     Der Zwang zum zielstrebigen Vorwärts-Arbeiten sollte dennoch vorhanden sein, sollte ausgeübt werden
entweder durch den Werftherrn (über den Festpreis) oder durch persönliche Anwesenheit und Kontrolle.
-     Eine Rechtsschutzversicherung ist dringend empfehlenswert.
Im Bauvertrag sollte „Deutsches Recht“ vereinbart sein (aber welche ausländische Werft wird da mitspielen).

Ein Einzelbau einer Yacht (custom built) bleibt ein risikoreiches Unterfangen.
Wer nicht wenigstens das Doppelte des Kostenvoranschlags ausgeben kann (besser mehr), sollte die Finger davon lassen.
 
                                                                                                 - - - - -

4.   Weltumsegelung ?
Welcher junge Mann träumt nicht von einer Weltumsegelung? Es ist eine Herausforderung, es wäre ein Abenteuer.
Und dann verschlingt man die Bücher jener Segler, die "herum"-gesegelt sind.

Ich habe bald gemerkt, dass die zweite Hälfte der allermeisten Weltumsegelungs-Bücher sehr viel blasser, mit wenig Enthusiasmus geschrieben wurden.
Sollten sich da einige Abnützungserscheinungen bemerkbar gemacht haben?
Einige allerdings kommen von ihrer Fahrt mit blitzenden Augen zurück; man hatte viel erlebt, man hatte weltweit Freunde gefunden.

Es gibt auch die anderen, die nicht von ihrer Fahrt schwärmen.
Auf Malta habe ich mich mit einem Österreicher unterhalten. Er hatte seine Freunde unmittelbar nach deren Weltumsegelung empfangen.
Der erste Satz beim Aussteigen an der Pier, noch vor einer Begrüßung: "Alois, dös machst net!"

"Wenn man dreißig phantastische Strände gesehen hat, interessieren die weiteren phantastischen Strände nicht mehr." (Weltumseglerin)

Eine Weltumsegelung bleibt eine Ausdauerleistung von wenigstens 3 Jahren.
Wer es angeht, sollte sich Gedanken über eine mögliche Not-Rückkehr machen. Dazu gehört ein Flugticket zurück nach Deutschland.
Blinddarm entfernen lassen, Zähne sanieren!
(Wichtig auch zu wissen, dass die Flughansa im Notfall erkrankte Deutsche nach Hause fliegt.)
Es gibt vieles zu beachten. (Infos auf den Online-Seiten von Trans-Ocean, z. B. zu Krankenversicherung, Reparaturen, Häfen,
Einfuhrbestimmungen, Impfungen, TO-Stützpunkte weltweit …)
Trans-Ocean führt auf Messen Block-Lehrgänge zum Thema "Weltumsegelung" durch. Anmeldung möglichst frühzeitig!
 
ARC
Eine weitere Möglichkeit wäre, sich der ARC anzuschließen.

Wikipedia:
     "Die Atlantic Rally for Cruisers (ARC) ist ein alljährlich stattfindender Wettbewerb für Fahrten- und Regattasegler.
     Ziel der ARC ist die Atlantiküberquerung mit dem Ausgangspunkt Las Palmas auf Gran Canaria und dem Zielhafen Rodney Bay (St. Lucia)
     auf den Kleinen Antillen."
Diese Organisation führt auch gemeinsame Weltumsegelungen durch.
Weitere Infos: II. Praxis / "Der ernsthafte Törn" / "ARC, ARC+, NARC"
 
Ein Nachtrag:
Paul, Profiskipper und mehrfacher Atlantik-Überquerer, schätzt, dass sich nach einer Atlantiküberquerung 30 % der Ehepaare (mit Kindern)
scheiden lassen.
 
Literatur:
-     Rüdiger Hirche / Gaby Kinsberger "Blauwassersegeln heute"
-     Jimmy Cornell, World Cruising Routes
-     www.HanseNautic.de
-     www.worldcruising.com
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5.   Aussteigen ?    Leben als Yachtie ?
            
Das ist nochmal eine Stufe mehr, noch verlockender.
Ich spreche im folgenden nicht von den "Yachties auf hohem Niveau", die ihre Wohnung oder ihr Haus behalten und im Jahr mehrmals nach Hause jetten.
Ich meine jene, die außer ihrer Yacht nichts mehr besitzen.
Damit kommen wir sogleich zum Problem: Geld, Gelderwerb.
Man muss schon weit segeln, um kostenlos liegen zu können.
Arbeiten in fremden Ländern darf man in der Regel nur mit Arbeitserlaubnis.
Gleichzeitig ist manüberall Konkurrent zur ansässigen Bevölkerung. Fast alle Länder schützen die eigenen Arbeiter per Gesetz vor Konkurrenz.
Bleibt Schwarzarbeit. Heimlich, unter Angst, entdeckt zu werden.
Der Zwang,  Geld zu erwerben oder zu "besorgen", ist groß.
Nirgends muss man mehr auf seine Sachen aufpassen als in Häfen mit Langzeit-Yachties.
Aufgrund der Armut können "Aussteiger" sich Ausgaben nicht leisten, die für Daheimgebliebene selbstverständlich sind.
Ich habe (relativ junge) Yachties kennengelernt mit Zahnlücken; Zahnersatz war unerschwinglich.
Was passiert, wenn man ernsthaft erkrankt?

Vermisst man als Yachtie nicht Dinge, die Normalbürger - weil selbstverständlich - gar nicht mehr schätzen:
Radfahren? Zeitung? Vereinsleben? Anteil haben am örtlichen Geschehen, am kirchlichen Leben? Freunde? Filmbesuch? Konzerte? Buchhandlung?
Das Leben auf einer Yacht bedeutet Reduktion: räumlich, finanziell, sozial, kulturell.
Allzuleicht wird der Alkohol zum Tröster.

Wer dennoch alle Zelte hinter sich abbricht, sollte sich als Minimum einen Weg zurück offenhalten.
        

Meine Wahl
… ist die anspruchsvolle (Einzel-)Reise von überschaubarer Dauer.
Mit der Möglichkeit abzubrechen, wenn notwendig.
Aber das kann ich erst, seit ich im Ruhestand bin.
Wenn man eine Existenz aufbaut, eine Familie gründet, berufstätig ist, hat man für lange Törns keine Zeit.
Am Wochenende zum Schiff, im Urlaub einen kürzeren Törn … so etwas dagegen geht allemal.
Ei oder Omelette? Man kann nicht beides haben.
 
Was auch immer Sie wählen:

      Mast- und Schotbruch, viel Glück     ...  und allzeit eine Handbreit Wasser unter dem Kiel!


                                                                                                                                             Okt. 2016