8.   Navigation    

 

 

                  " Wer auf 1 Segelboot is und keine Ahnung han wo er hinwill,
                   findet jeden Wind kacke. "

                                                                                                 (aus: Rolfgang vong Goethe, I bims der Faust!)             

 


                            1.    Elektronische Navigation
                                    1.1     GPS und elektronische Seekarte
                                    1.2     Radar
                                    1.3     AIS
                                    1.4     Englische Begriffe, Abkürzungen

                             2.    Terrestrische Navigation
                                    2.1     Grundwissen, Grundausstattung
                                    2.2     Betonnung, Leuchtfeuer
                                    2.3     Kompass, Kurs
                                    2.4     Peilungen
                                    2.5     Relingslog
                                    2.6     Großkreisnavigation
                                    2.7     Feuer in der Kimm

                            3.    Gezeiten-Navigation                    
                                    3.1    Entstehung der Gezeiten, Begriffe
                                    3.2    Landeszeit, Weltzeit     
                                    3.3    Tidenberechnung              
                                    3.4    Wann auslaufen?  Berechnung des einsetzenden Ebbstroms
                                    3.5    Zwölferregel - Reicht die Wassertiefe?
                               
                          
                                
                                                                                                                            

1.     Elektronische Navigation

 
1.1    GPS und elektronische Seekarte
Als die ersten GPS-Geräte auf den Markt kamen, bedeutete das eine Revolution in der Positionsbestimmung.
Sie lieferten nur die reinen Positionsdaten nach Länge und Breite.
Heute sind Seekarten-Plotter Standard: das Schiff wird in der elektronischen Seekarte durch ein Schiffs-Symbol dargestellt,
auf der richtigen Position versteht sich.
Multifunktionsgeräte und Bus-Technik sind inzwischen dominierend. (2018)

Grundlegendes
    s. auch: I Theorie / 16. Navigationsgeräte

Bezugsquelle für Karten-Chips
    Ich empfehle HanseNautic, Hamburg        www.HanseNautic.de
    Der Katalog dieser Firma ist informativ und umfassend.
    Er gliedert sich (2019) in:  
        Seekarten und Hafenführer  -  Seehandbücher, Fachbücher und Lehrmaterial  -  Elektronische Navigation  -  Sicherheitsausrüstung
    
Praxis
Mit dem Plotter allein zu navigieren, halte ich für unseriös.
Nichts ist so anfällig wie die Elektrik.
Was ist, wenn der Plotter ausfällt?

Bei der Routenplanung fahre ich zweispurig:
    1)    Zuerst lege ich die Route in der Seekarte fest und bestimme Wegpunkte.
    2)    Dann übertrage ich die Route in den Kartenplotter.
Manchmal ergeben sich dadurch auch Korrekturen für die Seekarten-Kurse.

Sicherheit
Wenn der Plotter ausfällt, kann ich auf die Seekarte zurückgreifen.
Das setzt voraus, dass in der Seekarte mitgeplottet wird:
    Auf Langtörn wenigstens am Ende einer Wache den Standort mit Zeit in die Karte eintragen.

Auch Plotter können irren!
Die elektronische Seekarte mit dem Schiffs-Symbol ist anscheinend fehlerfrei.
Aber es kann auch hier Fehler geben.
    -    Militärische Einflussnahme
               z. B. während des 1. Irak-Krieges 1990 (Quelle: Clark Stede).
               Selbst erlebt: an der Südküste von Sardinien an der Grenze zum dortigen Sperrgebiet.
    -    Die elektronische Seekarte baut auf der Papierseekarte auf,
         genauer: auf den Messungen, die zu dieser Karte geführt haben.
               Was wenn diese Vermessungen ungenau waren?
               Dann stimmt zwar die GPS-Position, nicht aber die wirkliche Position.
               In Europa zugegebenermaßen kaum vorstellbar. Wohl aber in weniger befahrenen Gegenden.

Als Navigator sollte man kritisch bleiben und zweifeln. Selbst an scheinbar Unbezweifelbarem.
Wer navigiert, muss überprüfen ob die Wirklichkeit mit der Theorie (dem Plotter, und dem eigenen Glauben) übereinstimmt.
     Grundsätzlich halte ich es für sinnvoll in irgendeiner Form zwei GPS-verarbeitende Geräte an Bord zu haben,
     falls eines ausfällt.

Hand-GPS /Smartphone
Auch mit einem Hand-GPS (aus dem Wander-Zubehör) kann man seine Position feststellen,
mittlerweile auch mit dem Smartphone.

Bei einem Gewitter kann es aber passieren, dass die gesamte Elektronik, auch der Hand-GPS oder das Smartphone, ausfällt.
Man muss das jeweilige Gerät deshalb vorbeugend in einer Metallkassette (Faradayscher Käfig) aufbewahren.
Zur Not tut es auch die Backröhre des Herdes.
Nach meinen Erfahrungen fährt man so in ein Unwetter, wie man den Hafen verlässt.
Wenn man also das Smartphone grundsätzlich in einer Metallkassette aufbewahrt, ist alles o. k.
Der zusätzliche Wander-GPS in einer Metallkassette scheint mir die sicherere Alternative, weil man an nichts denken muss.

Auswirkung elektronischer Navigationsgeräte auf die Raumorientierung
Der zitierte Bericht (Titel) beschäftigt sich mit den Folgen, wenn ausschließlich mit dem Seekartenplotter gearbeitet wird.
Professorin G. Müllerplath:
Es „konnte gezeigt werden, dass der Verzicht auf die (große, übersichtliche und unveränderliche) Papierkarte
und auf die aktive Kursplanung/Kopplung mit einem deutlichen Verlust des räumlichen Überblickswissens einhergeht,
mit einem Verlust der Fähigkeit, Wahrnehmungen unterwegs in solches umzusetzen 
… und mit einem reduzierten Situationsbewusstsein.“   
                                                                                                                        (aus: Nautische Nachrichten, 02/2018)
                                                                           - - - - -

1.2     Radar
Ältere Radargeräte brauchen ziemlich viel Strom.
Deshalb wird man es auf Segelyachten im Prinzip nur betreiben, wenn der Motor mitläuft.
Das ist bei den Radargeräten der jüngeren Generation nicht mehr der Fall.
Radar liefert einen beträchtlichen Zugewinn an Sicherheit bei unsichtigem Wetter, vorausgesetzt, es ist eingeschaltet.

Radar ist gefährlich!
            Vgl. Kohfahl, "Medizin auf See"
-    Die Radar-Wellen können Gewebe zerstören.
          Man darf sich deshalb nicht im Strahlenbündel eines Radargerätes aufhalten: Gehirn-Schäden!
-    Das Gerät kann krebserzeugende Strahlung emittieren.
          Herr Körner, Konstrukteur bei Van-de-Stadt-Design, würde deshalb ein Radargerät nur auf der Saling montieren,
          nicht auf einem Mast am Heck.
-    Dasselbe gilt für aktive Radarreflektoren (Aktiv-Antennen).

Heutige Radar-Geräte (2019) arbeiten mit deutlich geringerer Energie. Dennoch würde ich diese Sicherheitsempfehlungen einhalten.



Begriffe

BRG        Bearing                            Peilung
GAIN                                                Eingangsverstärkung
                                                             zu hoch: zu viele Echos
                                                             zu niedrig: Ausblenden schwacher Echos    
TUNE
     Tuning                             Frequenzabstimmung;  bei neueren Geräten automatisch

EBL         Electronic Beacon Line       Peillineal
VRM       Variable Range Marker       Abstandsring
STC         Sensitivity Time Control     Seegangs-Enttrübung; regelt Verstärkung im Nahbereich
FTC         Fast Time Constant           Regen-Enttrübung


Einschaltreihenfolge  bei meinem Gerät
1)    Alle Drehregler auf Minimum:
         -    Gain                                 Verstärkung
         -    Tuning                              Abstimmung
         -    Brilliance                           Helligkeit
         -    FTC – Rain Clutter              Regen-Enttrübung
         -    STC – Sea Clutter               Seegangs-Enttrübung, Nachecho-Dämpfung im Nahbereich
2)    Power On                               Netzschalter Ein
         -    Vorwärmzeit                      3 min !
         -    Standby - Modus                Betriebsbereit
3)    Sender einschalten                   CTX – On
4)    Brilliance aufdrehen                 bis "Sweep" (Objekte ?) erkennbar
5)    Gain aufdrehen                         bis "Schnee" auf dem Bildschirm erscheint; dann etwas zurück
6)    Tuning regeln                           bis das Bild die meisten Details zeigt
bei Bedarf:
7)    STC                                         Seegangs-Enttrübung im Nahbereich
8)    FTC                                         Regen-Enttrübung


Plotten
Durch zeichnerische Mittel den Kurs eines möglichen Kollisionsgegners ermitteln.

1)   Dazu benötigt man „Plotterblätter“ („Radar Plotting Sheets“) aus Folie oder Papier
    -    Man legt sie über den Bildschirm und hält die Echo-Anzeige des Gegners fest (Position und Uhrzeit).
    -    Dies  wiederholt man nach einiger Zeit.
    -    Dann legt man eine Gerade durch die beiden Echos.
    -    Läuft die Gerade durch das Zentrum (eigenes Schiff), besteht Kollisionsgefahr.
    Plotterblätter kann man auch selbst herstellen.

2)   Einfacher, wenn auch nicht so exakt, ist, das Markierungskreuz des Radarschirmes
    -    Das Kreuz auf das Echo des möglichen Kollisionsgegners setzen. Beobachten. Wandert das Echo aus?
    -    Wenn sich das Echo in Richtung eigenes Schiff (Mittelpunkt) bewegt, besteht Kollisionsgefahr.

Einschaltpflicht
    … besteht bei schlechter Sicht.

Kollisionsverhütung
    -     Die Art des Fahrzeugs ist mit Radar allein nicht erkennbar;
                deshalb müssen alle Objekte (Fahrzeuge) als höherranging behandelt werden.
    -     Kursänderungen (im Nahbereich) grundsätzlich nur nach Steuerbord!
    -     Fahrt so weit als möglich reduzieren.    
    -      Moderne Geräte zeigen an, ob sich ein Schiff nähert (rot) oder entfernt (grün).
               Das ist ein deutlicher Zugewinn.

Instandhaltung:
1 x im Jahr überprüfen:
    -     Verbindungen, Schrauben der Antennen-Einheit; fester Sitz? Korrosion?    
    -     Sauberkeit der Antenne: Salz?
    -     Säubern mit feuchtem Tuch oder Alkohol, keine kommerziellen Cleaner verwenden.
    -     LCD-Display: Staub-Schmiere mit Mikrofasertuch (Brillenputztuch; zur Not auch mit feuchtem Küchen-Papier);
               keine Lösungsmittel (Verdünner, Aceton, Benzin)
 
                                                                            - - - - -


1.3     AIS
Mit AIS habe ich noch keine Erfahrung, da ich erst seit diesem Winter (2018/19) damit ausgerüstet bin.
Im Vorfeld hat sich gezeigt, dass die Einstellung des Warn-Signals bei einem Kollisionskurs deutlich auf eine relativ kurze Distanz
begrenzt werden muss. Sonst gibt es ständig Alarm und nervt.
Nachtrag:
Einstellung auf kurze Distanz war bei meinem Gerät nicht möglich.
Die Folge: Ich schaltete das AIS im Küstenbereich ab.
Das kann nicht Sinn der Sache sein.
                                                                                     - - - - -


1.4     Englische Begriffe und Abkürzungen
Die elektronische Navigation wird von Geräten mit englischer Menü-Führung dominiert.
Deshalb ist es nötig, die wichtigsten englischen Begriffe und Abkürzungen zu beherrschen.

BRG         bearing                             Peilung
COG         course over ground            Kurs über Grund
DIST        distance                            Entfernung zum Wegepunkt, Peilobjekt
EBL          electronic beacon line         Peillineal
ETA          estimated time of arrival     voraussichtliche Ankunftszeit
HDG         heading                            anliegender Kurs
LAT          latitude                             Breite
LONG       longitude                          Länge
MC           magnetic course                missweisender Kurs
RNG         range                               Entfernung
SOG         speed over ground             Geschwindigkeit über Grund
TC            true course                       rechtweisender (wahrer) Kurs       
TRK          track                                Fahrt über Grund
TTG          time to go                        verbleibende Zeit   
VAR          variation                          Missweisung
VRM         variable range marker        Abstandsring
VMG         velocity made good           Zielgeschwindigkeit
WPT         waypoint                          Wegpunkt
course made good                           Kurs über Grund
distance made good                        Strecke über Grund
velocity made good                         Zielgeschwindigkeit

                                                                          - - - - -

 
 
2.     Terrestrische Navigation
 
                   2.1     Grundwissen, Grundausstattung
                    2.2     Betonnung, Leuchtfeuer
                    2.3     Kompass, Kurs
                    2.4     Peilungen
                    2.5     Relingslog
                    2.6     Großkreisnavigation
                    2.7     Feuer in der Kimm
 

Die terrestrische Navigation ist im Zeichen von GPS und Kartenplotter zu einer Art Notfall-Navigation verkommen.
Das mag man bedauern.
Wahr ist aber auch, dass GPS und Kartenplotter einen unwahrscheinlichen Zuwachs an Sicherheit gebracht haben.
Trotzdem sollte jeder Skipper mit den Grundtechniken der terrestrischen Navigation vertraut sein.
Für den Notfall eben!

 

2.1    Grundwissen, Grundausstattung

-     Grundwissen                     
Punkte auf der Erde werden durch Breite und Länge definiert.
Breitengrade sind Parallelen zum Äquator, Längengrade (Meridiane) sind Halbkreise von Pol zu Pol.
 
Skizze aus Wikipedia:

                 
                                   1 Breitenkreis      2 Meridian
 
 
Es gibt 180 Breitengrade
            Äquator = 0 o, dann 90o nach N, 90o nach S 
und 360 Längengrade.
            Die Längengrade werden von Greenwich (= 0 o) nach W und nach E gezählt (nach W:  +180 o , nach E:  - 180o ).

Der Äquator ist 40.000 km lang,
    1o (Grad) (40.000 : 360)              =  111.111 km (auf dem Äquator)
         (Minute) (111.111 km : 6o)  =     1.852 m.
        1´ heißt Seemeile (sm; Engl: Nautical Mile, NM)
 
                                           1 sm   =    1.852 m  bzw.  1 , 852 km.   
    
Die Geschwindigkeit von Seemeilen pro Stunde heißt Knoten (kn)
                                     1 sm/h  =    1 kn    (oder: 1.852 m/h)
            
In die andere Richtung gedacht:
                                              1´      =       1 sm    
                                             1o      =     60 sm                         
 
Die Strecke von Pol zu Pol entspricht der Äquatorstrecke (wenn man die Abflachung außer Acht lässt).
   
Wie man auf der Skizze von Wikipedia sieht, werden die Abstände der Längengrade zu den Polen hin immer kürzer,
während die Abstände der Breitengrade sich nicht verkürzen sondern gleich lang bleiben.
     Der Abstand der Breitengrade 0 o (Äquator) zu 10 o N  ist genauso lang wie der Abstaned von 80 o N zu 90 o N,
     Der Abstand von 0 o (Meridian von Greenwich) zu 10 o W am Äquator ist ein anderer wie der Abstand der gleichen Längengrade am N-Pol.
         In den Polen fallen die Längengrade in einem Punkt zusammen; der Abstand dort also: 0
 
Auf der Seekarte werden die Breitengrade an den senkrechten Kartenseiten angegeben.
Nur dort darf man deshalb Entfernungen ablesen.
Auch aus einem anderen Grund, der Merkatorprojektion (nächster Punkt).
 
                                                                                    - - - - -

 
Die Erde ist eine Kugel. Wie kann man eine Kugel auf eine Ebene projizieren?
Wie kann man einen Kugelausschnitt auf einer Papierseite (Seekarte) darstellen?

 

Merkatorprojektion
Merkator hatte die geniale Idee, die Kugel zu einem Zylinder „aufzubiegen“. Dadurch werden die Kreislinien auf der Kugel zu Geraden.
Die zu den Polen zusammenlaufenden Meridiane werden zu parallelen Geraden; es entsteht ein rechtwinkliges Gitternetz.
Wikipedia:

                  

                     Zylinderprojektion, normale Lage (Zylinderachse = Erdachse)
 
 
   Klassische Mercator-Projektion in normaler Lage
 
Claviez ("Seemännisches Wörterbuch"):    
"Als Nachteil ist mit dieser Projektionsart eine breitenabhängige Größenverzerrung verbunden, die sich um so stärker auswirkt,
je kleiner der Kartenmaßstab ist."

Wenn man auf einer Seekarte Distanzen abmisst,
     muss man deshalb immer mit den Breitengraden arbeiten (rechter oder linker Seitenrand).
 

                                                                            - - - - -


Für Interessierte etwas Sprachgeschichte:
                                                   
    Nord     
        Die Haupthimmelsrichtung Nord leitet sich von der idg. Silbe –ner ab, die für links steht,
        also "links von der aufgehenden Sonne".
    Ost
        von griech. Eos und dem lat. Aurora "Morgenröte". Die Länder im Osten wurden zum Orient.
    West                  
        von ahd. westan, dieses von idg. hwes "sein, weilen, leben, ruhen".
        Die Sonne geht hier am Abend zur Ruhe.
    Süd   
        Die sprachlich engste Verbindung zur Sonne:  ahd. sudan, sund "Süden".
        In Sund steckt das engl. sun "Sonne".
                                                                                                   (aus: Pegnitz-Zeitung, Jan. 2008) 
    Orient
        von lat. sol oriens, "aufgehende Sonne", später auch Morgenland genannt …
    Okzident   
        von lat. sol occidens, "untergehende Sonne", Abendland.   
                                                                                                                          (nach Wikipedia)
                                                                            - - - - -

 

 -     Grundausstattung    für die Arbeit am Kartentisch           -    Kursdreieck und Anlegedreieck
       -    weiche Bleistifte, weicher Radiergummi, Spitzer
       -    rotes Licht am Nav.tisch
       -    Stoppuhr
       -    Taschenlampe
       -    Fernglas
            Empfohlen wird allenthalben 8 fache Vergrößerung; ein integrierter Peilkompass ist von Vorteil oder ...
       -    Handpeilkompass
       -    Seekarten:
            Wenn der Rand am Nav.platz nicht erhaben ist, muss man die Seekarte bei Seegang festkleben: Klebeband.
            Sie sollten nicht ins Cockpit mitgenommen werden. Gefahr des Verlustes durch Windstoß!

 
-     Seekarte
Auch im Zeitalter der elektronischen Navigationsmittel unverzichtbar. Denn was ist, wenn Elektrik oder Elektronik ausfallen?
Es gibt noch andere Tücken:
    "Am 29. November 2014 läuft die „Team Vestas Wind“ während der zweiten Etappe des Volvo Ocean Race
    auf ein Riff nordöstlich von Mauritius."                                                               (Yacht 12/2015)
Im Interview äußert sich der Navigator Wouter Verbraak:
    "Es stehen ja stets eine Fülle von Daten zur Verfügung. Doch wie werden die angezeigt?
    Beispiel das Riff: Die Info darüber war da, das Riff bekannt.
    Aber die zugehörige Info war in der gewählten Zoomstufe ... nicht sichtbar."

Jede Vorbereitung sollte zweigleisig erfolgen:
    -    in der Papier-Seekarte
    -    und in der elektronischen Seekarte.
In der (Papier-)Seekarte sollte immer mitgeplottet werden,
     -   zur Kontrolle
     -   und dass im Notfall ein nahtloser Übergang möglich ist.

                                                                            - - - - -

 

2.2     Betonnung, Leuchtfeuer

-   Betonnung

In einen Hafen einlaufend sind die Tonnen
    -     an Steuerbord:     grün   (oder schwarz )     Form:     spitz
    -     an Backbord:        rot                                  Form:     stumpf
    Das gilt in Europa und Asien (Zone A); in Amerika (Zone B) sind die Farben spiegelverkehrt.

Die Farben Grün und Rot der Bojen entsprechen damit den Molenfeuern,
und gleichzeitig korrespondieren sie mit den Seitenlaternen des Schiffes:             
                                    Stb  =  Grün,      Bb  =  Rot.
 
Beim Einlaufen also: Grüne Tonnen an "grüner Seite"  halten und rote Tonnen an "roter Seite".
 
Der Merksatz lautet:
                                       Grün zu Grün   und   Rot zu Rot 
 
          Dieser Satz gilt auch, wenn sich Schiffe nachts begegnen und ausweichen.


Mündungen von Flüssen werden betonnungsmäßig wie Häfen betrachtet. Flussaufwärts wird die Farbgebung beibehalten.

Dort wo dieser Grundgedanke nicht anwendbar ist, z. B. bei Kanälen, muss die Farbmarkierung festgelegt werden.
Die Markierung kann dann auch wechseln, z. B. sind die Bojen eine Strecke lang an Stb Grün
und wechseln dann ab einer bestimmten Stelle zu Stb Rot.
Das ist deshalb wichtig, weil z. B. bei Engstellen Schiffe an der Stb-Seite des Fahrwassers Vorfahrt haben.

Ein Tipp zur Praxis:
Wenigstens in unübersichtlichen Gebieten sollte man die Tonnen, wenn sie querab sind, in der Seekarte "abstreichen".
Das gilt besonders für die schwedischen Schären.
Die Tonnen sind allerdings auch nummeriert, so dass man anhand der Tonnenbeschriftung herausbringen kann, wo man sich befindet.

 
-   Leuchtfeuer   (Leuchttürme)
Leuchttürme müssen nachts eindeutig identifizierbar sein.
Sie unterscheiden sich
     -   in der Anzahl der Blitze, die hintereinander ausgesandt werden,
     -   und nach welcher Zeit sich die Blitze wiederholen (= Wiederkehr; Stoppuhr!).
Wichtig für den Seemann ist ferner, wo sich der identifizierte Leuchtturm in der Seekarte befindet.
Um abschätzen zu können, wie weit man noch davon entfernt ist, muss man wissen, wie hoch sich der Ort der Blitzentstehung
(die Linse des Leuchtfeuers = Feuerhöhe ) über dem Meeresspiegel befindet.

Beispiele:
In der Seekarte ist beim Leuchtturm Helgoland angegeben: Fl 5s 82m 28M
"Übersetzt" bedeutet dies:
    Es handelt sich um einen
    -    einzelnen Blitz (= flash; die Bezeichnungen sind international in Engl.),
             der rundum sichtbar ist (gelber Kreis in der Seekarte um die Position des LT),
    -    der alle 5 Sek. erneut gesendet wird (Wiederkehr),
    -    die Feuerhöhe beträgt 82 m (der Leuchtturm steht im Oberland von Helgoland),
    -    seine Tragweite ist 28 Seemeilen.
            Tragweite wird definiert als Entfernung, in der man das "Feuer bei 5 m Augenhöhe noch einwandfrei ausmachen kann".                                                                                                                                                                            (aus: Seemannschaft, 1985)
    
Wichtig: der Unterschied von
                       m  für Meter   und    M  für Seemeilen.    
    
Auch der Leuchtturm von Neuwerk mit dem Eintrag LFl (3) WRG 20s 38 m 16 - 11M
    ist über 360 Grad sichtbar, allerdings ist sein Feuer in Farbsektoren eingeteilt:
    -    WRG           Weiß, Rot, Grün (eigentlich engl.: white, red, green).
    -    LFl              „long flashing“ (Blinkfeuer im Gegensatz zum Blitz)
    -    LFl (3)         es handelt sich um 3 "Langblitze" in unmittelbarer Folge,
    -    16 - 11M      der weiße Sektor trägt 16 Seemeilen, die Sektoren Rot und Grün 11 sm.    

Leuchttürme ermöglichen nachts eine sehr genaue Ortsbestimmung. Und zwar schon weit außen auf See.
Man kann sich heute nicht mehr vorstellen, wie wichtig Leuchtfeuer vor der Zeit von GPS und Kartenplotter waren.
    
-   Richtfeuer  
     ... bestehen aus Ober- und Unterfeuer.
Wenn man sie in Deckung bringt (wenn sie genau übereinander stehen), kennzeichnen sie einen sicheren Kurs.
     "Um die Zusammengehörigkeit der Lichter von Ober- und Unterfeuer zu zeigen,
      werden diese ständig gleichzeitig ein- und ausgeschaltet (synchronisierte Taktung)."                                        (https://www.wsv.de)
Richtfeuer ermöglichen ein sehr exaktes Einlaufen (und Auslaufen).
Jede Abweichung vom Ideal-Kurs wird sofort erkennbar, weil eines der beiden Feuer auswandert.
Schwieriger wird es, wenn die Richtfeuer einen Richtungswechsel verlangen.
Man muss dann auf das neue Richtfeuerpaar einschwenken, wenn Ober- und Unterfeuer des neuen Richtfeuers ebenfalls "in Deckung" sind.

                                                                            - - - - -

 

2.3     Kompass, Kurs
            -     Begriffe, Abkürzungen
            -     Einflüsse auf Kompass und Kurs
            -     Kursberechnung
            -     Deviationstabelle    
            -     Tipps aus der Praxis
            -     Englische Begriffe und Abkürzungen
        
Eine anschauliche Einführung in die grundsätzlichen Begriffe:     http://www.wassersportakademie.org

-   Begriffe / Abkürzungen
Die Benennungen haben sich im Laufe der Zeit verändert. Daher gibt es Doppelbezeichnungen.

N                    Nord, Nordpol, Nordrichtung
E                     East für Ost, auch in dt. Seekarten; Grund ist die Verwechslungsgefahr mit 0 (Null)
rwN                 rechtweisend Nord;  Richtung (in der Seekarte) zum geogr. Nordpol
Mw / Dec       Missweisung / Deklination; Einfluss des Erdmagnetismus. Winkel, um den die Kompassnadel
                            zum geograph. Nordpol abweicht. Die Abweichung ist örtlich unterschiedlich.
mwN              missweisend Nord;  Richtung zum magnetischen Nordpol
Abl / Dev       Ablenkung / Deviation; Kompass-Ablenkung durch Schiffsmagnetismus infolge magnetischer Felder an Bord
                            Bei größeren Fehlern sollte der Kompass "kompensiert" werden durch Anbringung ausgleichender Magnete.
                            Kleinere Fehler werden in einer Tabelle (Deviationstabelle) erfasst und rechnerisch berücksichtigt.
                                Für Mw und Dev:   östl. Wert   " + " ,     westl. Werte " - "    
Fw                  Fehlweisung; Summe aus Missweisung  und Ablenkung
KpN                Kompass-Nord; Richtung, in die der Nordstrich des Kompasses zeigt.
                           Das ist die Richtung, von der "der Kompass glaubt, dass dort der Nordpol ist."
                                                                                                                    (www.wassersport-akademie.org)  
                   Kurs
KaK                Kartenkurs: in der Karte eingetragene Verbindung zwischen Schiffsposition und Ziel;         
                            Sollkurs, angestrebter Kurs über Grund (KüG)
KpK / MgK   Kompasskurs / Magnetkompasskurs; behaftet mit den Fehlern Mw und Dev.
                            Diesen Kurs fährt man, wenn man einfach „nach Kompass“ fährt, ohne auf Mw und Dev zu achten.
                   rechtweisend  
                           Wikipedia:
                           "Als rechtweisend werden Richtungen und Richtungsmessungen bezeichnet, die sich auf geografisch Nord beziehen,
                           d. h. auf die Richtung des örtlichen Meridians.
                           Der Begriff versteht sich als Pendant zu missweisend, der magnetisch Nord als Bezug hat,
                           also die gemessene Richtung nach den Feldlinien des Erdmagnetfeldes orientiert."
rwK                rechtweisender Kurs: um Mw und Dev. korrigierter Kurs
                           Wikipedia:  "der auf geografisch Nord bezogene Kurs eines Schiffes …"
                           Das Schiff fährt diesen Kurs, wenn Missweisung und Deviation berücksichtigt wurden
                           und es weder Windabdrift noch Stromversetzung gibt.    
mwK               missweisender Kurs: Kurs des Schiffes berichtigt mit Mw, aber ohne Deviation                
rv                    recht voraus; voraus in der Längsachse des Schiffes
B                     Beschickung (Korrekturwert)
BWind / BW     Beschickung für Wind;  Einfluss des Windes (Korrekturwert)
                            Wind von Bb:  der Abdriftwinkel wird größer, also  „ + “   /  Wind von Stb:   „ - “
KdW                Kurs durchs Wasser (nach Berichtigung um den Windversatz)
BStrom / BS     Beschickung für Strom; Einfluss der Strömungen
                            Strom von Bb: „ + “  / Strom von Stb: „ - “
BWS                Beschickung (Korrekturwert) für Windabdrift und Stromversetzung    
KüG                 Kurs über Grund  (nach Berücksichtigung von Wind (Windabdrift) und Strom (Strömungsversetzung)

 
 
-     Einflüsse auf Kompass und Kurs  
     
Die Skizze zeigt die Einflüsse
     -   auf den 360o - Kompass  (nämlich Missweisung, Ablenkung)
     -   und auf das fahrende Schiff  (Wind, Strom)
... unter der Annahme,
     -   dass alle Kräfte nach Steuerbord setzen (auch Missweisung und Deviation)
     -   und dadurch den Kurs (-Winkel) des Schiffes vergrößern.
Am Schluss der Rechnung steht der Kurs über Grund (KüG).

Wenn N gleich Null ist und die Winkelangaben nach rechts positiv, also Plus-Werte sind, ergibt sich zwangsläufig,
dass die Werte links von der Null negativ, also Minus-Werte sind.
Winkelvergrößernde (= Kurs-Gradzahl vergrößernde), nach Stb setzende Kräfte werden mit "plus" angesetzt,
Kräfte, die nach Backbord setzen und die Kurs-Gradzahl (Kurswinkel) verkleinern mit "minus".
    
     In einigen Skizzen, die ich kenne, steht anstelle von Abdrift "Beschickung".
     Beschickung ist aber der Korrekturwert, der die Abdrift Wind und die Versetzung Strom ausgleicht,
     um ein angepeiltes Ziel zu erreichen.

Die obige Skizze ist Grundlage für alle Kursberechnungen.
Man sollte sie verstanden haben und aus dem Gedächtnis zeichnen können.


-     Kursberechnung
Der Schiffskompass unterliegt den Einflüssen Missweisung (Mw; Deklination, Dek) und Ablenkung (Abl; Deviation, Dev).
Das Schiff wird zusätzlich durch den Wind abgetrieben und durch Strömung versetzt.
Deshalb müssen Kurse korrigiert ("beschickt") werden.

1)  Vom Kompass zur Karte
Diese Rechnung geht davon aus, dass der Steuermann einen bestimmten Kurs fährt.
Berechnet soll werden, wohin das Schiff tatsächlich fährt. (Kurs über Grund = KüG )
Dieser Wert kann dann in die Karte eingezeichnet werden (KüG = Kartenkurs, KaK).

Rechenschema
Wie aus der Skizze ersichtlich, besteht das Rechenschema aus einer Addition.
Bei einer Addition kann man die Reihenfolge ändern.
Uns interessieren die Kurse, deshalb beginnen wir mit dem Kompasskurs (Magnetkompasskurs):

        Kompasskurs                                KpK /MgK      (abgekürzt)
        +    Missweisung                                 Mw
        +    Ablenkung                              +    Abl     
    =  rechtweisender Kurs                  =    rwK         

Wenn die Korrekturwerte (Beschickung) für Windabdrift und Stromversetzung dazukommen,
müssen diese Werte zusätzlich addiert werden, um den KüG zu errechnen.

   Beispiel:   Kp 30o,  MW 3o E,  Dev 1o W,  Wind von Stb 5 o,  Strom von Bb 10 o

        Kompasskurs                              KpK /MgK                         30   (Grad)
        +    Missweisung                         +    Mw                      +     3    
        +    Ablenkung                             +    Dev                      + (-)1   (westl. Dev)
 Summe = rechtweisender Kurs        Summe =  rwK                  rwK 32

       +   Beschickung für Wind           +  BWind                    +  (-)5    (Wind von Stb = Abdrift nach Bb: "-")
       +   Beschickung für Strom         +  BStrom                    +   10    (Strom setzt nach Stb)
       =   Kurs über Grund                =   KüG  (KaK)                    37 Grad

Beachte:
    Mw oder Dev nach E und Versetzung nach Stb (Wind und Strom kommen von Bb) werden mit  „ + “  eingesetzt.
    Mw oder Dev. nach W und Vesetzung nach Bb werden mit  „ - “  eingesetzt,
             
    Rechenregel:
    Wenn ein Minuswert in eine Addition eingesetzt wird, gilt Minus.
        +  (- Wert)  =  " - "       Beispiel  5 + (-3) = 5 - 3 = 2


In der Praxis ist die Situation aber meist umgekehrt:
Der Navigator zieht eine Kurslinie in die Karte und muss ausrechnen, welcher Kurs am Ruder zu steuern ist:
 
2)  Von der Karte (Kak) zum  Kompass   (zum Kurs, der zu steuern ist: Kpk / MgK).             
-    Allgemein wird vorgeschlagen, das obige Rechenschema aufzuschreiben und dann von unten nach oben durchzugehen.

Die Plus-Werte werden dann zu Minus-Werten, die Minus-Werte (im Beispiel die westl. Deviation und die Abdrift nach Bb) zu Plus-Werten.
Im Prinzip ist es dennoch eine (getarnte) Subtraktion. Warum also nicht gleich substrahieren?

-    Subtraktion
Gesucht ist der Kompasskurs. Deshalb beginnt man mit dem Kartenkurs und zieht alle Berichtigungen ab.

(Es ist das Rechenschema von unten nach oben.)

        Kompasskurs  =   Kartenkurs  minus Berichtigungen

        KpK (MgK)      =    KaK (KüG)      -    Berichtigungen

    Rechenregel:
    Wenn man Minuswerte abzieht, entstehen Plus-Werte ("Minus" und "Minus" gibt "Plus"):
        Beispiel:   5 -  (- 3)  =  5  +  3  =   8
                            
3)   Berechnung mit Hilfe von zwei Merkregeln
        Sie ersetzen das fehlerbehaftete Denken.  

     -     Merkregel 1:      Vom Kompass zur Karte

         Vom „falschen“ Kurs (der Kompasskurs ist noch unberichtigt, er ist „falsch“)
            ... zum  “richtigen”  Kurs   (= rechtweisender Kurs, berichtigter Kurs) …  
            ... mit  "richtigem"  Vorzeichen!      (Plus bleibt Plus, Minus bleibt Minus)

          MgK (Kpk)   + Dev + Mw + BWind  + BStrom         =    KüG   (KaK)
                    Versetzung nach Stb: "+",   nach Bb " – "   


     -     Merkregel 2:     Von der Karte zum Kompass

        Vom richtigen Kurs  (Kurs in der Karte) …
            … zum "falschen"  Kurs (Kompasskurs unberichtigt) …
            … mit "falschem"  Vorzeichen!    (= entgegengesetztes Vorzeichen)
                      Pluswerte werden "minus", Minuswerte werden "plus".     

    
Praxis auf dem Schiff:
Ich habe mir diese beiden Merksätze sichtbar an das Bord des Navi-Tisches geklebt und arbeite immer damit.


-     Deviationstabelle (Ablenkungstabelle)
Auf GFK-Schiffen ist die Ablenkung in der Regel unbedeutend. Das sieht auf Metallschiffen ganz anders aus.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, eine entsprechende Tabelle zu erstellen.
-    Die Ablenkung kann mit Hilfe eines Peilkompasses erfasst werden, mit dem am Liegeplatz von Land aus
      über Achter- und Vorstag gepeilt wird.
      Der Unterschied zum Kpk ergibt die Dev.
      Allerdings sind viele Peilungen an vielen Liegeplätzen nötig. Das macht es unpraktikabel.
-    Man fährt mit dem Schiff langsam (!) einen großen (!) Kreis.
      Dabei notiert man den Kompasskurs (alle 10 Grad) und den Peilkompasskurs.
      Der Peilkompass muss außerhalb einer möglichen Ablenkung durch den Schiffssmagnetismus gehalten werden.
      Bei GFK- und Holzschiffen: Achterdeck.
-    Mit Fluxgate-Kompass: Wie oben, aber die Werte des Fluxgatekompasses mit (eingerechneter) Mw verwenden.
      Das macht die moderne Elektronik möglich.
      Man kann einstellen, ob die Werte am Fluxgatekompass mit Mw oder ohne Mw angezeigt werden.
      Allerdings: Wer einen Fluxgate-Kompass an Bord hat, braucht eigentlich keine Deviationstabelle.

Wenn das Schiff längere Zeit in gleicher Richtung zum Erdmagnetismus liegt, z. B. während des Winterlagers,
verändert sich der Schiffsmagnetismus und damit ändern sich die Deviationswerte.
Man muss also jedes Jahr neu überprüfen.


-     Tipps aus der Praxis
    
Stromversetzung bei langer Strecke:    
    -   Auf Millimeterpapier Richtung und Stärke für jede Stunde aneinanderreihend auftragen.
    Wo sich der Schlusspfeil befindet, dahin muss man steuern.
    -   In der Regel ist aber der Kartenkurs auf längeren Strecken allein ausreichend, trotz der Stromversetzung.
    Denn die Werte von Ebbe und Flut heben sich in etwa auf.

Mw-Werte unter 2 Grad  und die Ablenkung (Dev) auf einem GFK-Schiff
    ... sind eigentlich zu vernachlässigen. 
        Auf unserem Törn nach Island allerdings betrug die Mw dort über 12 Grad!
    Zu Beginn eines Törns in der Seekarte nachschauen; dort wird die Mw für das Kartengebiet angegeben.

Mw- und Abl- Rechnung sind nicht nötig, wenn man an Bord einen (kompensierten) Fluxgatekompass hat.
Berichtigen (jährliche Veränderung) mit den angegebenen Werten.

Mit GPS lässt sich sehr einfach und genau navigieren:
-    Navigationsgerät mit "Straße":
      Man gibt in der Vorbereitung den Kurs in das GPS-Gerät ein. Dann ruft man das Menue "Straße" auf.
      Wenn sich das Schiff (symbolisiert durch einen Strich) aus der Straßenmitte bewegt, muss man gegensteuern.
-    Am Plotter ist es noch einfacher. In der Vorbereitung gibt man das Ziel oder Zwischenziele ein.
      Schffssymbol und Kurslinie erscheinen. Wenn das Schiff vom Kurs abweicht, gegensteuern.
-    Die gesamte Beschickungs-Rechnung wird dadurch unnötig.

Ansteuerung
Wenn man keinen Plotter zur Verfügung hat, sollte man bei schlechter Sicht einen Hafen nicht direkt ansteuern.
Wenn der Hafen nämlich voraus nicht auftaucht, weiß man nicht, in welcher Richtung man suchen soll.
Besser ist, deutlich nach Luv anzuhalten. Den Hafen findet man dann leewärts.
Das ist leichter, als wenn man nach Luv aufkreuzen müsste.


-     Engl. Begriffe und Abkürzungen
 
Deutsch      Englisch
Abk. D       Abk. E       Bedeutung                                    Englisch
a                a              Bezugs-, Rechen-, angenommen     assumed
Abl/Dev      DEV          Ablenkung, Deviation                     Deviation
BWS            -              Beschickung für Wind und Strom    
E                E              Ost                                              East
Fi               LAT          geographische Breite                     Latitude
KaK            TC            Kartenkurs                                   True Course
                 DTK                                                             Desired Track
                 DCOG                                                          Desired Course Over Ground
KüG           COG          Kurs über Grund, Ist-Kurs              Course over Ground
K               TRK          Kurs                                            Track (nicht einheitlich, s. oben)
lambda       Lo / LONG     geographische Länge               Longitude
MgK           CC            Magnetkompasskurs                      Compass Course
Mw            VAR          Missweisung                                 Variation, Magnetic Declination
mwK          MC            missweisender Kurs                       Magnetic Course
Og             EP             gegisster Ort                                Estimated Position
Ok             DR            Koppelort                                     Dead Reckoning Position
Or             AP             Rechenort                                    Assumed Position
rwK           TC             rechtweisender Kurs                      True Course
rwP           TB             rechtweisende Peilung                   True  Bearing

                                                                            - - - - -

 


2.4     Peilungen

           -   Seitenpeilung
           -   Versegelungspeilung

Es ist noch nicht lange her, da waren Peilungen das tägliche Brot, um die Schiffsposition zu ermitteln bzw. sie laufend zu verfolgen.
Dazu musste ständig ein Mann eingeteilt sein, der "die Navigation machte".
Ein positiver Nebeneffekt: Diese Arbeit hat zu einer sehr intensiven Auseinandersetzung mit der Küste geführt.
Seit dem Siegeszug von GPS und Kartenplotter sind Peilungen nicht mehr nötig… es sei denn, man bekommt unterwegs Probleme
mit Elektrik oder Elektronik.
Aus Sicherheitsgründen sollte deshalb immer in der Seekarte mitgeplottet werden, und es sollte ein Handpeilkompass an Bord sein.

Korrekturen des Peilkompasses
Der  Peilkompass  ist wie der Steuerkompass ein Magnetkompass, unterliegt ebenso dem Erdmagnetismus
und muss deshalb mindestens mit der Missweisung beschickt werden.
Die Ablenkung (Deviation) fällt auf GFK-Schiffen relativ gering aus, deshalb wird sie in der Praxis vernachlässigt.
Das sieht bei Stahlyachten anders aus. Hier haben sich Peilungen mittels Peilscheibe bewährt.


Begriffe und Abkürzungen
KpP            Kompass-Peilung  (auch MgP = Magnet-Kompass-Peilung)
                        Sie muss mit der Mw beschickt werden.
rwP            rechtweisende Peilung
                       = die korrigierte (beschickte) Peilung. Sie kann in die Seekarte eingetragen werden.
Pfeil           Symbol für Peilung
 
 
-     Seitenpeilung (mit Peilkompass)

   

    Die Ablenkung (Dev) wurde vernachlässigt und deshalb nicht in die Skizze aufgenommen.

    KpP         Kompasspeilung (Peilungswert mit Handpeilkompass = missweisende Peilung, mwP)
    rwP         rechtweisende Peilung  (kann in die Seekarte eingetragen werden)

Die berichtigte (rechtweisende) Peilung ergibt sich aus der Addition der Winkel:
             Mw
       (+   Abl)  (falls notwendig)
        +   KpK (Kompass-Peilung)
              rwP     (rechtweisende Peilung; Wert für die Seekarte)

Merkregel      (s. oben)
    Von der "falschen" Peilung ...
                 zur      "richtigen"  Peilung     
                 mit     "richtigem"  Vorzeichen.
 

Handhabung des Peilkompasses
Es ist unmöglich, auf einer Yacht bei Seegang den Peilstrich dauerhaft exakt auf das Objekt zu halten. Er wird schwanken.
Diese Schwankungsbreite muss man erkennen und den Mittelwert als Peilwert nehmen.
Auf einem Zettel notieren. Dazu Uhrzeit und Logstand zum Zeitpunkt des Peilens.
Geeignete Objekte (sie finden sich nicht nur zur Seite sondern auch voraus und nach achtern) müssen sich in der Seekarte
eindeutig bestimmen lassen: Leuchttürme, Landzungen, spitze Berge, hohe Schlote, Kirchtürme ...
Peilkompasse müssen auch nachts abgelesen werden können.
Wenn die Batterie ausgefallen ist, kann man sich mit einer Taschenlampe behelfen, deren Strahl man von oben auf den Peilkompass richtet.
Gute Peilobjekte nachts sind Leuchtfeuer.

Eintrag in die Seekarte
Zuerst muss der Peilwert (KpP) wenigstens mit der Missweisung berichtigt werden.
Dann sucht man das gepeilte Objekt in der Seekarte und trägt vom Objekt ausgehend den um 180 o gedrehten Peilwinkel an.
Irgendwo auf dieser Linie befindet sich das eigene Schiff (= der eigene Standort zur Zeit der Messung).
Beispiel:
     Von einem Objekt genau im W (rwP 270o) zieht man 180 ab (270 - 180 = 90o )
     und zieht den Strich vom Objekt ausgehend in der Seekarte; in diesem Fall genau nach E.
     Bei einer Peilung mit z. B. 60o lässt sich 90 schlecht abziehen. Man addiert alternativ die 180.
          Wenn man sich eine Kompassscheibe in Draufsicht vorstellt: Es ist gleichgültig, ob man die 180o - Bewegung nach rechts (= Addition)
          oder nach links (= Subtraktion) vollzieht.

Kreuzpeilung
Wenn möglich sollte man flott nacheinander 2 Peilungen zu verschiedenen Objekten nehmen, die nach Möglichkeit ~ 90 o auseinanderliegen.
Noch besser sind 3 Peilungen.
    Beispiel: 1. Peilung, Kirchturm;   2. Peilung: Huk einer Insel;   3. Peilung: Bergspitze
 
Arbeit in der Seekarte
Man sucht in der Seekarte das Peilobjekt, z. B. den o. g. Kirchturm und zeichnet den Peilstrahl vom Objekt ausgehend ein (s. oben).
Eintrag der zweiten Peilung. Der Schnittpunkt beider Peilstrahlen ergibt den (vermutlichen) Schiffsort.

Theoretisch müssten sich drei Peilungen in einem einzigen Punkt schneiden.
Sie tun es in aller Regel nicht, weil man eben Fehler macht.
Beim Zeichnen in die Karte ergibt sich ein kleines Dreieck anstelle eines einzigen Schnittpunktes, das Fehlerdreieck.
Der Mittelpunkt dieses Fehlerdreiecks ist der (wahrscheinlichste) Schiffsort.

Stahlschiff - Peilscheibe
Mit einer Peilscheibe kann man eine Peilung in Bezug auf den Schiffskurs erstellen.   
     Dabei entspricht Kurs voraus dem Peilwinkel 0 o.
     Kurs plus Schiffs-Seiten-Peilung ergibt die Peilrichtung zum Objekt.
Weil man bei der Peilscheibe über Kimme und Korn peilt, sind für die Peilscheibe Berichtigungen nicht notwendig.
Allerdings muss der Kurs beschickt werden, mit der Deviation (Ablenkung) des Steuerkompasses und der Missweisung.
Die Deviation kennt man, wenn eine ordnungsgemäß erstellte Deviationstabelle vorhanden ist.

Bei Verwendung eines Magnet-Peilkompasses auf einem Stahlschiff ist die Ablenkung dagegen nicht genau bekannt,
denn man peilt ja nicht an gleicher Stelle, an welcher der Steuerkompass eingebaut ist.
Notlösung:
Stellt man sich dennoch beim Peilen möglichst nahe an den Steuerkompass, wird man trotzdem die Deviationstabelle (für den Steuerkompass)
verwenden können.
Denn hier ist vermutlich das einwirkende Magnetfeld auf den Peilkompass ähnlich wie auf den Steuerkompass.

 

 
-     Versegelungspeilung (Doppelpeilung)

Dabei peilt man das gleiche Objekt, z. B. einen Kirchturm zweimal ("doppelt").
Der Rudergänger muss möglichst genau Kurs halten. Kurs notieren!
Bei der 1. Peilung notiert man den Logstand plus die Zeit, ebenso bei der 2. Peilung.
Aufgrund der beiden Logstände weiß man die zurückgelegte, "versegelte" Strecke.
Damit die Kartenarbeit einfacher wird, nimmt man in der Praxis die 2. Peilung dann, wenn die versegelte Distanz eine runde Zahl ergibt,
z. B. genau nach 3 sm.
Aus dem Kurs, den beiden Peilungen und der zurückgelegten Distanz kann man den wahren Schiffsort ermitteln.

Kartenarbeit:
-   Vom anliegenden Kurs aus trägt man die 1. Peilung (natürlich berichtigt) zum Peilobjekt an bzw. ausgehend vom Peilobjekt (s. oben).
Dort wo sie den Kurs schneidet, ist der angenommene Ort (Oa).
-     Dann wird die zweite Peilung in der Karte gezeichnet
 
-    Nun trägt man die zwischen der 1. und 2. Peilung versegelte Strecke auf der angenommenen Kurslinie ab.
Richtig sind:
     -   die beiden Peilungen,
     -   die versegelte Distanz
     -   und die Kursrichtung.
Nun muss man die versegelte Strecke so hinbekommen, dass sie in gleicher Kursrichtung genau zwischen die beiden Peilstriche passt.   
Das gelingt durch zwei Parallelverschiebungen:
    1. Parallelverschiebung: Verschoben wird der erste Peilstrich, durch den Endpunkt der 3sm - Strecke
    2. Parallelverschiebung: die Kurslinie, durch den Kreuzungspunkt
-     Der Standort (zur Zeit der 2. Messung) liegt dort, wo sich die Parallelen schneiden
(und nun der Endpunkt der versegelten Strecke die 2. Peilung berührt).

In der Praxis war die Versegelungspeilung (neben der normalen Peilung mit 2 oder 3 Objekten) die am häufigsten
verwendete Peilungsart.

 
Weitere Peilungsarten
Es gibt eine Reihe weiterer Peilungs-Spezialitäten.
Sie beruhen auf der Geometrie von speziellen Dreiecken und auf der Versegelung von Distanzen.
Bei Interesse wird man sie auf anderen Internetseiten finden.
 
                                                                            - - - - -


2.5     Relingslog

"Relingslog" bezeichnet eine Methode, wie man die Fahrt (Geschwindigkeit) eines Schiffes
durch "Loggen" (Geschwindigkeitsmessung) "an der Reling" feststellen kann.
Im  Zeichen von Log und GPS  ist dieses Verfahren aus der Mode gekommen.
Was aber wenn die Stromversorgung zusammenbricht?
Jeder Skipper sollte dieses einfache Messverfahren parat haben, um abzuschätzen,
wie viele Seemeilen die Yacht vom letzten halbwegs sicheren Standort aus zurückgelegt hat.

Verfahren
1.  Man braucht eine Stoppuhr oder wenigstens eine Uhr mit Sekundenzeiger.
2.  Am Schiff markiert man eine möglichst lange Strecke, z. B. 10 m, an der Seereling mit weißem Tape.
3.  Dann wirft man einen Gegenstand am Bug schräg voraus über Bord, etwa ein zusammengeknülltes Papier.
      Wenn das Papier die erste Markierung passiert, beginnt man die Zeit zu stoppen,
      bei Passieren der zweiten Markierung: Stoppuhr halt!
4.  Rechnen
             Geschwindigkeit  =  Strecke  durch Zeit, z. B. Meter / Sekunden
                         v            =       l  / t  (m/sec)
    Angenommen, man hat 5 sec. gestoppt, ergibt sich für eine Strecke von 10 m
                         v            =  10 m : 5 s  =  2 m/s    
Meter pro Sekunde sind aber keine Knoten.

-     Es gibt Tabellen, in denen man nachschauen kann, Windgeschwindigkeits-Tabellen zum Beispiel.
                         1 m / sec  =  2 kn
      Danach muss man das obige Ergebnis mit 2 multiplizieren, um Knoten zu erhalten: 4 kn. 
              

-     Man kann aber auch umrechnen anstatt nachzuschlagen:

      Umrechnen m/sec in kn
               1 kn = 1 sm / 1 h = 1852 m : 3600 s (1 h in sec umgerechnet) =   0.514 m / s   (= ~ 0.5 m / s) 
                (Dieser Wert heißt Meridiantertie.
                Es ist die Strecke, die ein Schiff mit 1 kn Fahrt in einer 1 sec zurücklegt.)                     
    
    In der Ausgangsformel (v = l / t) sind aber ganze Meter verlangt.  
               0.5 m/sec = 1 kn  Dann sind 1 m/sec das Doppelte. (* 2)
       
-     Die Formel für das Relingslog lautet demnach:       
                v (kn) =  l  (m) / t (s)  * 2   
        
    In Worten:     
        Fahrt  in Knoten  =  (Mess-Strecke in Metern  geteilt durch Zeit in Sekunden)    mal  2
    
Zurück zur Praxis
Die Messstrecke sollte aus Gründen der Messgenauigkeit möglichst lang gewählt werden.
Wir haben seinerzeit die gesamte Länge des Schiffes als Messstrecke genommen.
Das Papierknäuel wurde am Bug etwas voraus ins Wasser geworfen. Wenn es sich auf Höhe des Buges befand, rief der Werfer: "Jetzt!";
der Partner mit der Stoppuhr am Heck hat in diesem Moment eingestoppt.
Wenn das Knäuel querab am Heck vorbeitrieb: Uhr halt!
Formel: Länge des Schiffes (m) geteilt durch Zeit (sec)  mal 2

Zu beachten ist, dass nur die Fahrt durchs Wasser gemessen wird.
Andere Einflüsse, z. B. durch Ebb- oder Flutstrom, bleiben unberücksichtigt.
Weil sich die Bedingungen doch häufig ändern, sollte wenigsten alle 2 h neu gemessen werden,

Man kann sich auch eine Tabelle anfertigen

Messstrecke =  10 m                            Messstrecke =  11.50  m   (Rumpflänge Summertime)    
Hier entsprechen …                                           Bei 11.50 m entsprechen …           
20  sec    entsprechen         1 kn                                  23 sec         1       kn            
15                                     1,33                                  20              1.15                
10                                     2                                       15              1.53        
 8                                      2,5                                    10              2.3                
 7                                      2.85                                    8              2.87                
 6                                      3.33                                    6              3.83    
 5                                      4                                         5              4.6    
 4                                      5                                         4              5.75    


Berechnung der Fahrt mit Meridiantertien
   1 Meridiantertie ist jene Strecke, die ein Schiff bei 1 kn Fahrt in 1 sec zurücklegt.
    Wenn man umrechnet, ergibt sich:    1 Meridiantertie  =  ~ 0,5 m (s. oben)

Mein Freund Helmut W., Mathematiklehrer,  schreibt dazu:
     "Es geht um die Umrechnung von der Maßeinheit  m/s in kn.
      Der Umweg über eine weitere Längeneinheit, nämlich die Meridiantertie, ist überflüssig."
Aus diesem Gedanken leitete er den oben aufgeführten Rechengang ab.

Dennoch sei hier die Formel für die Berechnung der Fahrt eines Schiffes mit Hilfe von Meridiantertien angeführt:
        Fahrt in kn  =   Anzahl der Meridiantertien durch Zeit in Sek.
        Messstrecke in Meridiantertien!    10 m Messstrecke sind 20 Meridiantertien
 
                                                                            - - - - -



2.6     Großkreis-Navigation

Begriffe
       Erläuterungen (Zitate) nach Wikipedia   
 
Mercatorkarte, Mercatorprojektion:    
Über die Erdkugel wird ein (gedanklicher) Zylinder gestülpt, der die Erde am Äquator berührt.
Auf diesen Zylinder soll die Erdoberfläche projiziert werden. (s. oben "Terrestrische Navigation / 1. Grundwissen)
Es entsteht ein rechtwinkliges Gradnetz: die zu den Polen zusammenlaufenden Meridiane werden sozusagen aufgebogen und gerade gerichtet.
Dadurch wird aber die Wirklichkeit verzerrt, je weiter polwärts umso mehr.

Längenminuten entsprechen nur am Äquator Seemeilen. In höheren Breiten sind sie kleiner:
     Auf 50o Breite bedeutet das, dass der Abstand von 1 Längenminute (= 1 sm) nicht 1 sm sondern cos 50 ist, also 0,642 sm.
 
Breitenminuten dagegen bleiben gleich.
 
Großkeis
Ein Großkreis ist ein größtmöglicher Kreis auf einer Kugeloberfläche.
Sein Mittelpunkt fällt immer mit dem Mittelpunkt der Kugel zusammen ...
Ein Schnitt auf dem Großkreis teilt die Kugel in jedem Fall in zwei ("gleich große") Hälften. …
Ein Sonderfall von Großkreisen stellen Meridiane dar, welche halbe Großkreise sind, die sich vom Nord- zum Südpol erstrecken.
 
Meridian       Halber Großkreis vom Nord- zum Süd-Pol der Erde.
 
Orthodrome
Großkreisdistanz zwischen zwei Orten; kürzeste Entfernung auf einer Kugel.
Die Orthodrome … ist immer ein Teilstück eines Großkreises.
In der Luftfahrt fliegt man meist entlang dieser Orthodrome, um die geringste Flugstrecke zurücklegen zu müssen,
daher auch die umgangssprachlich häufiger gebrauchte synonyme Bezeichnung Luftlinie. …
 
 
Der kürzeste Weg auf der Kugeloberfläche zwischen Punkt A und B ist die Orthodrome.
In der (gerade gebogenen) Mercatorkarte erscheinen Orthodrome gekrümmt.
 
Loxodrome
Die Loxodrome …  ist eine Kurve auf einer Kugeloberfläche, die immer unter dem gleichen Winkel die Meridiane
im geographischen Koordinatensystem schneidet  …
 
Die Loxodrome von A nach B schneidet alle Meridiane im konstanten Winkel 
In der Mercatorkarte erscheinen Loxodrome als Gerade.
Sie sind aber nicht die kürzeste Verbindung auf der kugelförmigen Erde. (Das ist die Orthodrome.)

     Der Unterschied zwischen beiden lässt sich mit Hilfe eines Luftballons verdeutlichen:
     Man malt auf einen aufgeblasenen Luftballon zwei Meridiane (von Nord- zu Südpol). Es sind "Orthodrome".
     Nun zieht man an einer Stelle die ab der Mitte des Luftballons (Äquator) zusammenlaufenden  Meridiane soweit auseinander,
     dass der Abstand mit dem "Äquator-Abstand" übereinstimmt.
     Aus den gekrümmten Linien (Orthodrome) werden Gerade (Loxodome).

Großkreissegeln
Wer den kürzesten Weg zwischen zwei Punkten segeln will, darf nicht die Gerade auf der Seekarte zwischen zwei Punkten
(die Loxodrome) wählen, sondern muss (auf der Karte) scheinbar eine Kurve segeln, die Orthodrome.
In der Praxis wurden früher einige Punkte ausgewählt, der Korrekturwert (Loxodrombeschickung) ausgerechnet
und der Kurs zu diesen Punkten (als Loxodrome) abgesteckt.
Gute Rechner haben auch die Großkreis-Navigation im Programm.
Man gibt die Koordinaten des Ablaufpunktes und die Zielkoordinaten ein und erhält Großkreisdistanz und Kurs.
Ich würde in unseren Breiten ab etwa 300 sm auf dem Großkreis segeln,
z. B. auf der Strecke von Deutschland nach Schottland über die Nordsee.

                                                                            - - - - -


2.7     Feuer in der Kimm

Formel
         Abst.   =    2,1 * (Wurzel H + Wurzel Ah)          

              Abst.    =   Abstand in sm
              H         =   Höhe des Leuchtfeuers (m); Angabe aus der Seekarte
              Ah       =   Augeshöhe (m) über dem Wasserspiegel    
    
    Als Standlinie ergibt sich ein Kreis um das jeweilige Objekt

Ich habe ein einziges Mal nach dieser Formel einen Abstand zu einem Leuchtfeuer berechnet, nach einer Sturmfahrt von Mallorca
nach Südfrankreich (Pocquerolles).
Heute wäre es ein interessantes Spiel, damals war es eine für uns wichtige Positionsbestimmung.

 
2.8  Die Abstandsberechnungen mit Sextant (Höhenwinkel) sind noch weniger wichtig.
       Bei Interesse: andere Internetseiten aufsuchen.

                                                                            - - - - -
 

 

3.   Gezeiten-Navigation

                               3.1    Entstehung der Gezeiten, Begriffe
                               3.2    Landeszeit, Weltzeit     
                               3.3    Tidenberechnung              
                               3.4    Wann auslaufen?
                               3.5    Zwölferregel - Reicht die Wassertiefe?


3.1   Entstehung von Ebbe und Flut
Ursächlich sind die Anziehungskräfte von Mond und Sonne und die auf der Erdoberfläche auftretenden Fliehkräfte.

Aufgrund der Gravitationskraft des Mondes und der Zentrifugalkraft der sich drehenden Erde
bilden sich zwei Wasserberge, also zwei Tiden, innerhalb eines (Mond-)Tages.
Eine anschauliche Erklärung gibt:
     https://www.spektrum.de/video/wie-entstehen-die-gezeiten/1467109

Die Bewegung des Mondes erfolgt scheinbar mit dem Sternenhimmel.
In Wirklichkeit bewegt er sich in die entgegengesetzte Richtung.
Das lässt sich z. B. aus der zeitlichen Verlagerung der Hochwasser (HW) von W nach E schließen.

Wikipedia:
Für den … auf der Oberfläche der rotierenden Erde befindlichen Beobachter unterliegt der Mond wie auch alle anderen Himmelskörper
der täglichen Bewegung.
Diese scheinbare Bewegung wird durch die Rotation der Erde verursacht
und lässt Himmelskörper über dem östlichen Horizont aufgehen und hinter dem westlichen untergehen.
Die tatsächliche Bewegung des Mondes auf seiner Bahn um die Erde erfolgt jedoch in entgegengesetzter Richtung
und ist für den aufmerksamen Beobachter leicht festzustellen:
steht der Mond beispielsweise zu einem gegebenen Zeitpunkt in der Nähe eines Sterns,
so hat er sich eine Stunde später bezüglich des Sterns etwa um einen Monddurchmesser in östlicher Richtung bewegt,
während Mond und Stern im Zuge der täglichen Bewegung gemeinsam um 15° … nach Westen gewandert sind.

s. auch
     http://www.br-online.de/wissen-bildung/spacenight/sterngucker/mond/wanderung.html

Begriffe

Tide    (= Gezeit, T)
Sie umfasst Steigen und Fallen
      -   von Niedrigwasser bis Niedrigwasser (NW) oder
      -   von Hochwasser bis Hochwasser (HW)        

Dauer der Tide
Der Mondtag dauert ~ 24 h 50 min, also 50 min länger als der Sonnentag.
Das bedeutet eine Verschiebung der Gezeiten pro Tag um + 50 min.
Weil es pro Mond-Tag zweimal HW gibt, dauert es
    von HW zu HW  (oder von NW zu NW):   12 h 25 min
    von NW bis HW (oder von HW zu NW):     6 h 12 min 30 sec.

Flut:           Gezeit von NW bis HW
Ebbe:         Gezeit von HW bis NW    

Tidenhub    
Das Mittel aus jeweiligem Hochwasser und Niedrigwasser.
Tidenhübe können sehr unterschiedlich ausfallen. Das liegt an der Stellung von Sonne und Mond (Springtide, Nipptide),
aber auch an der geographischen Lage.
Brest hat zur Springzeit bis zu 6.40 m Tidenhub, Helgoland 2,8 m.

Springzeit    
Durch Voll- oder Neumond bedingte Zeit mit hohem Hoch- und niedrigem Niedrigwasserständen, also mit großen Tidenhüben.
Wikipedia:
Verursacht wird die Springtide durch besonders starke Gezeitenkräfte, die durch Anziehungskräfte als auch
durch Fliehkräfte bei der Drehung um den gemeinsamen Schwerpunkt entstehen.
Etwa 2/3 der Kräfte werden durch den Mond und 1/3 durch die Sonne verursacht.
Befinden sich Sonne, Mond und Erde auf einer Geraden, so addieren sich diese Kräfte
und erzeugen auf der Erde stärkere Flutberge in Richtung Mond aber auch auf der Rückseite.
Gleichzeitig bildet sich ein verstärktes Niedrigwasser in übrigen Bereichen der Erde.
Eine Springtide entsteht also sowohl bei Vollmond, wenn die Erde zwischen Sonne und Mond (Opposition) steht,
als auch bei Neumond, wo der Mond zwischen Sonne und Erde (Konjunktion) steht.

Nippzeit    
Nach dem ersten und letzten Mondviertel eintretende Zeit mit geringen Tidenhüben, mit niedrigem Hoch- und hohem Niedrigwasser.
Wikipedia
Bei Halbmond wirken die Kräfte von Sonne und Mond hingegen in unterschiedliche Richtungen
und die Tide fällt deutlich geringer aus (Nipptide). 

Bezugsort    
     Jene Orte, für die genaue Hoch- und Niedrigwasserzeiten angegeben sind. (Def. nach Claviez)

Anschlussort    
     Orte … für welche die Uhrzeitangaben (der Bezugsorte) um konstante Zeitdifferenzen zu berichtigen sind.

Kartennull / Seekartennull  (engl. Chart Datum )
    Für die Nordsee: LAT (Lowest Astronomical Tide)
    Für die Ostsee: Mittlerer Wasserstand
    s. weiter unten
Wikipedia
Das Seekartennull (Abk. SKN; engl. Chart Datum) oder kurz Kartennull ist eine Bezugsfläche für Wassertiefen in der Seefahrt.
Angaben zu Wassertiefen in Seekarten und Gezeitentafeln beziehen sich darauf.  …
Bei Gezeitengewässern wird angestrebt, das tiefste vorkommende Niedrigwasser – das extreme Springniedrigwasser – als Seekartennull festzulegen.
Dadurch werden bei den Tiefenangaben auch in Gezeiten-Revieren immer Mindestwassertiefen angezeigt. …
… Seit 2005 werden in allen Nordsee-Anrainerstaaten die Seekarten auf ein einheitlich definiertes Seekartennull, das LAT, umgestellt,
das als örtlich astronomisch niedrigst möglicher Gezeitenwasserstand berechnet wird.
LAT liegt in Deutschland abhängig vom Ort 0,3 bis 0,6 m unter dem bisherigen SKN (MSpNW).
MSpNW: Mittleres Springniedrigwasser war bis 2005 die Bezugsebene in den Seekarten für die Nordsee.
 
Lowest Astronomical Tide  (LAT)
In Deutschland und den Nordsee-Staaten ist das Seekartennull seit 2005 als örtlich "niedrigst möglicher Gezeitenwasserstand"
bzw. "Lowest Astronomical Tide (LAT)" definiert.
LAT liegt noch etwas tiefer als MSpNW und wird auch von extremen Springtiden kaum noch unterschritten …
Für Gewässer mit einem Tidenhub kleiner als 30 cm gilt der Mittlere Wasserstand als SKN.
 
Mittlerer Wasserstand
Wikipedia
           Für Küstengewässer ohne Tideneinfluss (Tidenhub geringer als 30 cm) gilt der Mittlere Wasserstand (MW) als Seekartennull.
Darunter versteht man das arithmetische Mittel aller Wasserstände über einen gemittelten Zeitraum (in Deutschland 19 Jahre).
Auch für Seekarten der Ostsee, als eines nahezu gezeitenfreien Gewässers, wird in der Regel der mittlere Wasserstand
als Seekartennull gewählt.

Eine Umstellung auf LAT ist nicht vorgesehen.

Weitere Begriffe  z. B. bei
     https://www.palstek.de/system/articles/pdfs/000/006/095/original/Kleines_Gezeitenlexikon.pdf?1387035874

                                                                            - - - - -
 
 
 
3.2   Landeszeit, Weltzeit
 
Die Zeit wird vom Stand der Sonne abgeleitet.
Im Prinzip wäre jeweils immer dort Mittag 12.00 h, wo die Sonne gerade kulminiert,
d. h. den höchsten Punkt ihres Tagbogens an diesem Ort erreicht.
Gleichzeitig steht die Sonne dann – im Sommer auf der Nordhalbkugel – an diesem Ort genau im Süden.

Für einen Staat ist es sinnvoll, sich auf einen Bezugsmeridian zu einigen und "die Uhren" danach zu stellen.
In diesem Fall spricht man von "Landeszeit" (Local Standard Time, LST)

Weltzeit
Um weltweit agieren zu können, benötigt man eine
     "Weltzeit" 
          früher Greenwich Mean Time, GMT,
          dann Universal Time, UT;

          inzwschen verbessert, "koordiniert": Universal Time Coordinated, UTC.
Das ist sozusagen die gemeinsame Uhr, die auf der ganzen Welt gilt.

Berechnungsgrundlade hierfür ist der Null-Meridian, der durch Greenwich verläuft.

Gedanken-Experiment:
     Wir postieren eine Uhr auf diesen Null-Meridian.
     Die Sonne kulminiert gerade, also stellen wir die Uhr auf 12.00 (UTC); in Greenwich (und allen Orten,
     die auf dem Greenwich-Meridian liegen) ist es also 12.00 (UTC).
     Auch wenn der Zeiger weiterläuft (auf 13.00, 14.00 etc.), er bleibt auf Greenwich bezogen.
     Die auf Greenwich bezogene Zeit heißt "Weltzeit" (= Universal Time, UT bzw. UTC).

Zeitzonen
Die Sonne braucht bei ihrem Rundlauf um die Erde 24 h. Pro Stunde legt sie (360 o  : 24 =)  15 o von E nach W zurück.
Dieser 15-Grad-Einteilung folgt die Einteilung der Zeitzonen der Erde. (s. Zonenzeit, bei Wikipedia.).

Wir kehren zu unserem Gedanken-Modell zurück und fügen eine zweite Uhr hinzu.
     Sie soll auf 15o W postiert werden.
     Wenn hier die Sonne kulminiert ist es nun hier 12.00 Uhr. (Landeszeit, Local Standard Time, LST)
     Die erste Uhr auf dem Greenwicher Null-Meridian (UTC) ist aber bereits um eine Stunde weitergelaufen;
     auf dieser Uhr ist es bereits 13.00 (UTC).
 
12.00 Uhr Zonenzeit auf 15o W bedeutet in UTC:   12.00 + 1 =    13.00 h
Deshalb wird diese Zeitzone auch "UTC + 1" genannt.
    Nach W folgen die Zeitzonen   "UTC + 2",     "UTC + 3"    usw.

Wenden wir uns der Zone 15  E zu.
Es ist "unsere Zone", die Mitteleuropäische Zeit (MEZ).
     Wenn es hier 12.00 Uhr ist, steht der Zeiger der Weltuhr erst auf 11.00.
Rechnerisch:
           MEZ = UTC – 1
Diese Zone wird deshalb auch "UTC – 1" genannt.
    Es folgen nach E               "UTC – 2“,      "UTC – 3“ usw.
 
Zeitzone 0
Bleibt nachzutragen, dass die Zone, in der weder etwas addiert noch subtrahiert zu werden braucht, "Zone 0" genannt wird.
Theoretisch verläuft die "Zeitzone 0"   von  7,5 Grad E bis 7,5 Grad W, vom Nullmeridian aus gerechnet.
Es gibt verschiedene
     Benennungen für die "Zeitzone 0“  (UTC + 0):
        -     WEZ, Westeuropäische Zeit
        -     GMT, Greenwich Mean Time (Mittlere Greenwich-Zeit, MGZ)
                   Wikipedia:
                   Der Ausdruck Greenwich Mean Time (GMT) wird heute nur noch in Großbritannien und Westafrika
                   offiziell für die Zeitzone Westeuropäische Zeit (WEZ/WET, UTC±0) verwendet.

Weltzeit, Universal Time
Sie wird vor allem für astronomische Berechnungen benötigt.
Benennungen:
     -     GMT (Wikipedia: Die heutige Weltzeit hieß von 1884 bis 1928 die Greenwich Mean Time.)
     -     MGZ, Mittlere Greenwich-Zeit
     -     UT, Weltzeit (Universal Time), UT0, UT1, UT2
     -     UTC, Koordinierte Weltzeit (Universal Time Coordinated)
Diese Begriffe sind mehr oder weniger bedeutungsgleich.
        Ich werde die Abkürzung "UTC" benützen, bitte aber um Verständnis, wenn sich auch andere Abk. finden.
        Das gilt besonders für Zitate.           
 
Wikipedia "Universal Time"
Die heutige Weltzeit hieß von 1884 bis 1928 die Greenwich Mean Time (GMT).
Da die Astronomen die GMT ab Mittag zählten, während sie im bürgerlichen Leben von Mitternacht an gerechnet wurde,
waren Verwirrungen entstanden, sodass man 1928 eine neue Weltzeit vereinbarte und sie Universal Time (UT) nannte.
1968 wurde die Universal Time in mehrere Zeitsysteme gesplittet (UT0, UT1 und UT2), um kleinen Unregelmäßigkeiten
der Erdrotation Rechnung zu tragen.
Die Variante UT1 ist direkt der Phasenwinkel der Erdrotation und dient als Referenzzeit für die 1972 eingeführte
Diese als Atomzeit von der Erdrotation unabhängige und völlig gleichmäßige Zeitskala wird je nach Bedarf
durch vereinzelte Schaltsekunden an die UT1 angepasst und bildet so den Beitrag der Astronomischen Chronologie
zur präzisen Bestimmung der Zeit.

Landeszeit  (Gesetzliche Zeit, Standard Time)
Man  kann man aber schlecht alle 15 Grad - unabhängig von Landesgrenzen - eine neue Zeitzone festlegen.
Länder schließen sich insgesamt einer Zeitzone an.
Zum Beispiel der Mitteleuropäische Zeit  (MEZ) ganz Deutschland, ganz Frankreich, ganz Spanien …
     Kap Finisterre mit ~ 9o 17´ W liegt deutlich weiter westlich als Greenwich,
     dennoch gilt auch hier die Mitteleuropäische Zeit (MEZ),
     weil sich Spanien der MEZ angeschlossen hat.

Sommerzeit   (SZ; auf Englisch: Daylight Saving Time = DST)
     Gedankenexperiment:
     Wir verwenden eine weitere Uhr, postieren sie auf den Greenwich-Meridian und stellen sie eine Stunde "vor", also auf 11.00 Uhr.  
     Diese Uhr heißt
     Britische Sommerzeit (British Summer Time,  BST).
     Wenn es in Britischer Sommerzeit 12.00 wird (also 1 h später) ist es auf der Weltuhr (UTC) bereits 13.00 Uhr geworden.
     Man kann die beiden Uhren vergleichen. Je nachdem auf welche Uhr man zuerst schaut, ergibt sich folgender Zusammenhang:
          -    BST  =  UTC – 1
               oder
          -    UTC  =  BST + 1
    
     Eine weitere Uhr soll die Mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) anzeigen.
     Wenn es auf der MEZ-Uhr 12.00 ist, hat die MESZ-Uhr erst 11.00
                                  MESZ  =  MEZ - 1

Was aber wenn man von UTC  in  MESZ umrechnen muss?
     Wir schauen auf unsere Uhren:
     Wenn es auf der UTC-Uhr 12.00 ist, ist es auf der MEZ-Uhr 11.00
     Auf der MESZ-Uhr ist es noch eine Stunde weniger: 10.00 Uhr
                          MESZ  =  UTC – 2
 
Wer den Zusammenhang verstanden hat, braucht keine Formeln.
 
Reeds:
Countries which common time is UTC:
     Great Britain, The Channel Islands, Northern Ireland, The Irish Republic, Iceland, Faeroes, Portugal, Morocco.
Countries whose Standard time is 1 hour ahead:
     Denmark, Germany, Netherlands, Belgium, France, Spain, Gibraltar, Italien ..."
 
    Länder                       Winter               Sommer                       
    Deutschland               UT + 1               UT  + 2
    Frankreich                       + 1                     + 2
    Italien                             + 1                     + 2
    Malta                              + 1                     + 2
    ehem. Yugoslawien          + 1                     + 2

    Algerien                          ---                      + 1
    Azoren                            - 1                      ---
    Griechenland                  + 2                     + 3
    Türkei                            + 2                     + 3
    Tunesien                        + 1                     + 1            

                                                                            - - - - - 
 
 
       Umrechnungen
        1)  12.30 in Dover (Britische Zeit) bedeutet …  welche Uhrzeit in Helgoland (MEZ)?
              -   Dover ist UTC.
              -   In Helgoland (MEZ) zeigt die (MEZ-) Uhr eine Stunde …  früher oder später?
            12.30 war es in Helgoland vor (!) einer Stunde. Die Uhr ist weitergelaufen; es ist hier bereits 13.30 MEZ.
                Oder nach den obigen Formeln:
                    UTC    =    MEZ  - 1
                    MEZ    =    UTC + 1
                              =  12.30 +1    =  13.30 MEZ
                Und wenn wir Sommer haben?
                    Noch einmal eine Stunde Zeitunterschied: 14.30.
                    UTC     =  MESZ  – 2
                    MESZ  =   UTC    + 2

        2)  Umgekehrter Fall:  17.00 in Ostende (MEZ) ist in UTC ?
                  Die Uhren in London (UTC, WEZ) sind noch nicht so weit wie in Belgien (MEZ).
                  Der Zeitunterschied beträgt 1 Stunde.
                  Also ist es in London 1 h weniger: 16.00  UTC.
                  Oder nach der Zeitzonen-Formel:
                     MEZ   =  UTC  + 1
                     UTC   =  MEZ  – 1
                              =  17.00 – 1    =  16.00 UTC

                                                                            - - - - -  
 
 
Russland erwägt, seine Zeitzonen zu vereinheitlichen. Weil es aktuell neun Stunden Differenz
zwischen den Landesteilen gibt.
Ein Minister habe Putin geklagt:
     "Meine Familie ist im Urlaub, ich habe sie angerufen, um gute Nacht zu sagen,
      aber bei ihnen war es schon Vormittag."
Und Putin sagt:
     "Ja, das ist mir auch passiert.
      Ich habe Prigoschins Familie angerufen, um ihr mein Beileid für ihren Verlust auszudrücken,   
      aber das Flugzeug war noch gar nicht gestartet."
                                                                                                                                (aus: Pegnitz-Zeitung, 2./3. Okt. 2023)
                                                                            - - - - -

 

 

3.3    Tiden-Berechnung

Wer dieser Thematik aus dem Weg gehen will, suche sich ein Gezeiten-Rechenprogramm aus dem Internet:
    z. B.      www.gezeitenfisch.com  

Fast alle Programme geben die Zeiten für Hochwasser und Niedrigwasser für die gelisteten Orte in Landeszeit aus.
Dennoch sollte man überprüfen.

Noch einfacher und genauer ist, wenn der Seekartenplotter ein integriertes Gezeiten-Programm hat.
Dann stimmen die Tidenangaben positionsgenau und man sieht auf einen Blick ob das Wasser gerade fällt oder steigt
und um wieviel noch.

Dennoch gibt es einige Tücken, denen man nur entgeht, wenn man die Zusammenhänge verstanden hat.
Vor allem heißt Hochwasser (HW) oder Niedrigwasser (NW) nicht Stillwasser !                            
Siehe dazu: 3.3 Wann auslaufen?
                                
Nordsee

Wenn man im "Atlas der Gezeitenströme" des DHI nachblättert, sieht man, dass die Nordsee einerseits vom Englischen Kanal
andererseits vom Nordmeer her periodisch gefüllt und entleert wird.
Es ist so ähnlich, als würde in eine große Schüssel Wasser aus zwei Einlässen hinein- und herauslaufen.
Dabei bilden sich zwei Zentren, um welche sich die Flutberge kreisförmig bewegen:
     -   ein kleineres etwa zwischen Ijmuiden und Yarmouth,
     -   und ein größeres etwa zwischen Esbjerg und Shields.
Sehr gut dargestellt bei
    http://www.planet-schule.de/warum/gezeiten/themenseiten/t5/s3.html
Hier wird auch die Entstehung von Ebbe und Flut anschaulich erläutert.
 
Strömungsrichtung und Wasserhöhe ändern sich nicht an allen Orten gleichzeitig sondern zeitversetzt.
Beim Umschlag der Strömungsrichtung ruht das Wasser kurzfristig. Diese Periode heißt "Stillwasser", engl. "slack".
     (Allerdings habe ich um Dünkirchen und um Quiberon einen sehr heftigen Wechsel erlebt.
     "Still" war das Wasser dort keineswegs.)

Atlantikküste (Frankreich)
Zu meiner Überraschung ist die Richtung der Gezeitenströme genau andersherum als im Engl. Kanal.
Der Flutstrom setzt nicht nach (E und) Norden sondern nach Süden, der Ebbstrom nicht nach (W und) Süd
sondern nach Norden.
Ich vermute, dass sich die Hauptrichtung des Flutstromes, aus dem Atlantik kommend, an der Bretagne teilt:
im Engl. Kanal geht es nach E und dann nach N, in der Biskaya nach S.
Und mit dem Ebbstrom entsprechend umgekehrt.

Man muss sich die Karten bei Reeds genau ansehen: Wohin zeigen die Strömungs-Pfeile nach Stillwasser?

Tide von Dover
Die "Bibel" für die europäischen Gewässer zwischen den Shetlands und Gibraltar ist der "Reeds".
Es ist ein englisches Buch und verwendet als Bezugstide das Hochwasser von Dover.
Die Tiden (Hoch- und Niedrigwasser) von Dover sind dort für das laufende Jahr aufgelistet, und zwar in UTC.
    Man kann sich die Tidenzeiten für Dover auch aus dem Internet holen,
          z. B. über http://www.exnatura.de:9099/locations/813.html,
    und zwar für jedes Jahr. (Ein jährlicher Kauf des "Reed" ist also aus diesem Grund nicht nötig.)

Bezogen auf Dover haben alle anderen Häfen einen Zeitunterschied in ihren Tiden.
     Peterhead (Schottland) z. B.: + 0140 Dover.
         Das bedeutet, HW tritt um          1 h 40 m später ein als in Dover.
     Nieuwport (Belgien):            + 0105 Dover.  
In der Praxis muss man in Peterhead oder in Nieuwport auf die aktuelle Ortszeit umrechnen.
Wie macht man das?
     Siehe oben: 3.2  Landeszeit, Weltzeit
oder

Tidenberechnungen nach Reeds
-    Reeds listet seine Tidentabellen in Landeszeit auf.
-    Die Landeszeit (gesetzliche Zeit) von Dover ist im Winterhalbjahr UTC.
-    Sommerzeit muss korrigiert werden ( + 1 h); in allen Tabellen.
-    Hoch- bzw. Niedrigwasser erkennt man an den beigefügten Meterangaben

Der Reeds schattiert die Tabellen für die Wintermonate.
Die Sommermonate bleiben unschattiert. Deshalb muss man hier 1 h für Summerzeit dazurechnen.

Zur Erleichterung für den Navigator führt Reeds überall (in der oberen linken Ecke) an, was zu tun ist:
    For Summer-Time add ONE hour in non-shaded areas  
         (Das entspricht + 1 h für Sommerzeit.)
Man braucht sich also nichts zu merken, man müsste auch nichts verstehen.
Man muss nur schematisch jeweils links oben nachsehen und die Arbeitsanweisung ausführen.
Aber wer die Zusammenhänge begriffen hat, kann kontrollieren und Fehler vermeiden.

Die Tiden werden also in Landeszeit tabelliert.  (Sommerzeit muss korrigiert werden.)
Deshalb heißt es z. B. in der Tabelle für Brest:
    For French Summer-Time add ONE hour in non-shaded areas

Andere Quellen
In der o. g. Internetquelle für die Tidenzeiten von Dover
     werden die Zeiten im Sommer in BST (British Summer Time) angegeben.
Die Sommerzeit ist damit bereits eingerechnet.
    Also:     Zeitangaben unterschiedlicher Quellen immer überprüfen!


Bezugsorte

Beispiel Dover
-    In der Tabelle von Dover steht:
          Time Zone (UT)     Also Zone 0. Für Landeszeit muss weder addiert noch subtrahiert werden.
          For Summer-Time add one hour in non shaded areas.    
                Nicht schattiert sind die Monate mit Sommerzeit.    

    1. April, zweites Hochwasser:  1409   (UTC). Der April ist nicht schattiert.
            Add one hour               + 1        
                                               1509     (BST)    
Beispiel Le Havre
-    Hier heißt es:
          Time Zone  – 0100             (s. oben; Information zur Zeitzone; es ist die MEZ)
          Subtract 1 hour for UT        (Das müsste geschehen, wenn man UT wissen will.)
          For French Summer Time add one hour in non shaded areas.  (Das ist zu tun.)

    1. Januar 2013, 1. HW in Le Havre ?
            0047    (Landeszeit = MEZ)     mit 7.6 m
        Der Januar ist schattiert: also unverändert übernehmen.
    
    1. Juli 2013, erstes HW in Le Havre?        
        Tabelle:  1. HW ist um      0427    (MEZ)
            For French Summer Time add one hour in non shaded areas.        
                 Der Juli ist nicht schattiert, also 1 h für Sommerzeit dazurechnen.
                                            + 1     
                                             05 27    (MESZ)

Anschlussorte
Nicht für jeden Ort kann es eine Tabelle geben.

Beispiel Nieuwport (Belgien).    
Es gibt zwei Wege, um die Tiden-Zeiten zu berechnen: Man kann sie
     -    direkt von Dover ableiten (Gezeitentabelle Dover)
               Die Tiden-Zeitunterschiede zu Dover sind bei jedem Ort vermerkt.             
     -    oder vom nächsten Bezugsort (und dessen Tabelle) aus rechnen.
              Die Zeitunterschiede von Bezugsort zu Anschlussort sind ebenfalls vermerkt;
              sie sind unterschiedlich für HW und NW.

1)    Berechnung über Gezeitentabelle Dover
        Reeds für Nieuwport:  Tide     +1 05 Dover
            Die Tide setzt also gegenüber Dover eine Stunde und 5 Min später ein.
            Dover steht in UTC, die Zeit in Nieuwport wird aber in MEZ angegeben.
    Berechnung:
        Hochwasserzeit in Dover (in UTC) ...
         +  Sommerzeit (=?; dann BST =?)   
         +  Zeitunterschied für Zeitzone (MEZ oder MESZ)  
         +  Tidenunterschied (= Hochwasser in Nieuwport zur Ortszeit)   
   

    Beispiel 1. Juni 2013:
    Tidenunterschied von Dover zu Nieuwport (+1.05 h)
    1. HW in Dover:            04.29    UT
        Der Juni ist nicht schattiert (= Sommerzeit): Add one hour in non-shaded areas …
                                     + 1    
                                      05.29    BST
                                     + 1          Zeitunterschied von Zone 0 (UTC) nach Zone + 1
                                      06.29    MESZ
                                    + 1.05      Tidenunterschied Dover – Nieuwport                                                        
                                     07.34       Hochwasser in Nieuwport  (MESZ)     

2)   Berechnung mit Hilfe des Bezugsorts
           Reeds für Nieuwport:
               Standardport Zeebrugge
               Differences High Water  – 0031; Low Water  – 0010
    
       Nieuwport liegt westlich von Zeebrugge. Die Gezeit erreicht Nieuwport früher als Zeebrugge, daher "minus".
       Man muss also die Tabelle bei Zeebrugge aufschlagen, dort z. B. die HW-Zeit entnehmen und den Zeitunterschied zu Nieuwport einrechnen.

       Beispiel: 1. HW am 1. Juni 2013 in Nieuwport?        
           1. HW in Zeebrugge:    0708
           For Dutch Summertime add one hour in non-shaded areas. Der Juni ist nicht schattiert.
                                          + 0100
                                            0808    1. HW in Zeebrugge, in MESZ
           Nun von Zeebrugge nach Nieuwport (- 0031)
                                          0808
                                      -   0031    
                                          0737

      Anm.: Der Unterschied von 3 Min. gegenüber 1)  ist Auf- oder Abrundungen bei der Tabellierung geschuldet.

                                                                            - - - - -

 

 
3.4    Wann Auslaufen ?   -   Berechnung des einsetzenden Ebb- oder Flutstroms

Meine Vorstellung war, dass mit Überschreiten des Höchstwasserstandes der Ebbstrom einsetzt
und mit ansteigendem Wasser der Flutstrom.
     Wir waren in Ostende auf dem Weg nach Frankreich.
     Also glaubte ich, man müsse mit dem Höchstand (Flut) den Hafen verlassen, um den einsetzenden Ebbstrom zu erwischen.

HW in Ostende war am 22. Juni 2013 gegen 11.00 Uhr UTC, also gegen 13.00 MESZ
Im einzelnen:
    Ostende, 22. Juni 2013
        "Tides" für Ostende:       Dover  + 01.15
        Juni: non-shaded area, also gilt die Angabe „add one hour” für Sommerzeit

            Dover    HW           09.38     UTC
                                        01.15     Zeitunterschied der Tide in Ostende zu Dover
                                       10.53     HW Ostende in UTC)
                                      + 1          von UTC nach BST (add one hour)
                                      + 1          von BST nach MESZ
                                      12.53   =   ~ 13.00  Uhr  (HW in Ostende in MESZ)

     Wir waren gegen 12.00 Uhr in freiem Wasser (1 h vor Hochwasser, der schwache Gegenstrom vor Stillwasser würde auszusegeln sein.)
     Aber:
     Trotz günstigem Wind (NW Bft 3 – 4) kreuzten wir vor der Hafeneinfahrt, ohne nennenswert voranzukommen.
     Mehr als 3 Stunden!
     Es war wie verhext! Dann endlich gewannen wir langsam Luv …

Über die Ursache klärte uns der Hafenmeister in Nieuwport auf:
     Obwohl das HW überschritten ist und das Wasser zu fallen beginnt,
     läuft der Flutstrom in Nieuwport noch 3 h (!) weiter in die alte Richtung.
     Dann erst tritt Stillwasser ein.

         Stillwasser und Hochwasser (bzw. NW) müssen nicht übereinstimmen.
             Davon hatte ich in keinem meiner zahlreichen Führerschein-Lehrgänge des DSV gehört!

     Der Hafenmeister gab uns eine vorgedruckte Skizze mit.
     Daraus gingen Richtung und Stärke des Stroms für jede folgende Stunde nach HW hervor.
     Was er gesagt hatte, deckte sich mit der Skizze:
          Der Ebbstrom setzt in Nieuwport erst 3 Stunden nach HW ein.

          In Ostende sind die Verhältnisse nicht gravierend anders als in Nieuwport.
               HW in Ostende am 22. 6. war gegen 13.00 (s. oben).
                                                               +    3.00
                                                                    16.00     Erst gegen 16.00 (MESZ) setzte der Ebbstrom ein.
    

Berechnung des einsetzenden Ebbstroms

1)   Reeds, "Slack" (= Stillwasser)
Man darf als Berechnungsgrundlage nicht HW bzw. NW zugrunde legen, sondern Stillwasser (engl. "slack")
Der Reeds zeichnet in all seine Strömungskarten diesen Slack ein.


Bleiben wir beim Beispiel Ostende, 22. Juni 2013:
In den Strömungskarten (bei Reeds zu Beginn jeden Abschnittes der Hafenangaben) findet man
     -    in der Area 16 "Netherlands & Belgium"
     -    den Slack (Stillwasser) vor Ostende  mit anschließend nach W setzender Strömung (Ebbstrom)
     -    im Kartenteil "HW +  5".
Darunter steht als Erläuterung: 5 Hours after HW Dover

 
Berechnung für Stillwasser in Ostende
    HW Dover am 22. Juni:     09.38     (UT)
    5 h nach HW Dover         + 5         (HW + 5)
                                          14.38
    Reeds: For summertime add one hour in non-shaded areas …
                                        + 1         (ergibt BST)
    Von BST nach MESZ       + 1    
                                      16.38        (MESZ).

 

     Der halbstündige Unterschied zur genauen Rechnung oben liegt vermutlich
     an der ungenauen Interpretation des Slacks in der Strömungskarte.            


2)   Atlas der Gezeitenströme … des DHI
Man kann auch mit dem "Atlas der Gezeitenströme …" arbeiten.
Bezugswert beim DHI ist nicht HW Dover sondern der des Monddurchganges durch den Meridian von Greenwich.
(Jedenfalls in meiner Ausgabe: Hamburg 1963). Das macht die Sache komplizierter.

Bedeutet Meridiandurchgang des Mondes Hochwasser?
Alle Erklärungen deuten darauf hin. Auch das Modell bei
    http://www.planet-schule.de/warum/gezeiten/themenseiten/t2/s1.html
legt dies nahe.

Glücklicherweise gibt es auf jeder Seite des Atlasses eine kleine Tabelle mit Gezeitenunterschieden für bestimmte Orte.
Darunter auch für Dover.
Stillwasser ist nicht explizit aufgeführt, aber an den umkehrenden Pfeilen der Karten sieht man genau, wo gerade Stillwasser ist.
Stillwasser vor Ostende (welches nicht eingezeichnet ist; man muss schätzen) ist etwa
    "4 Std. nach dem Durchgang des Mondes durch den Meridian von Greenwich" (so heißt die Karte).
Wir sehen in die kleine Tabelle auf dieser Seite und finden: Dover  + 5h 25 min
Das ist nicht ganz der Wert wie oben (06.00 h), aber ausreichend genau.
 

                                                                            - - - - -

 
 
3.5   Zwölferregel  -   Reicht die Wassertiefe?

Mit GPS kennt man die eigene Position. Aufgrund der Seekarte weiß man zumindest, in welchem Tiefenbereich man sich befindet,
d. h. wieviel Wasser man immer mindestens unter dem Kiel hat.
Das war vor wenigen Jahren noch nicht der Fall.
Deshalb musste man grob ausrechnen, ob das Wasser unter dem Kiel bei NW ausreichen würde, um nicht trocken zu fallen.
Mit GPS kennt man nur den Bereich, nicht die genaue Wassertiefe.
     Angenommen man befindet sich in Landnähe, auf der Karte oder dem Plotter im Bereich 0 bis 2 m, und möchte ankern.
     Das Lot zeigt 3 m. Wird die Wassertiefe auch bei Niedrigwasser ausreichen?

Ein Seekartenplotter mit positionsgenauer Tidenkurve löst das Problem am einfachsten.
Wenn nicht vorhanden, wird man auf die "Zwölferregel" zurückgreifen:

Im allgemeinen entspricht die Tidenkurve einer Sinuskurve mit Maximum (= HW) und Minimum (= NW).
Das Wasser steigt (bei Flut) oder fällt (bei Ebbe) nicht gleichmäßig sondern in unterschiedlicher Geschwindigkeit:
zu Beginn und am Ende der an- oder absteigenden Kurve langsam, in der Mitte schnell.
Wenn man innerhalb der grob 6 Stunden Flut (oder Ebbe) den Tidenhub in 12/12tel aufteilt, steigt (oder fällt) das Wasser

    in der    1. Stunde  um       1/12 des Tidenhubes
                 2.                        2/12
                 3.                        3/12
                 4.                        3/12
                 5.                        2/12
                 6.                        1/12
                                          12/12

Wikipedia 

Illustration der Zwölftel-Regel. Die gestrichelte Linie vergleicht die genäherten Werte mit dem Verlauf einer Sinuskurve.

Die Zwölftel-Regel bietet ein einfaches Verfahren um Wasserstandshöhen abzuschätzen zu Zeitpunkten zwischen Hoch- und Niedrigwasser
bzw. zwischen Niedrig- und Hochwasser. ...
Die Zwölftel-Regel geht davon aus, dass sich der Wasserstand in der ersten Stunde nach Niedrig- bzw. Hochwasser um 1/12
des Tidenhubs ändert.
In der zweiten, dritten, …, sechsten Stunde beträgt die Änderung dann 2/12, 3/12, 3/12, 2/12 bzw. 1/12 des Tidenhubs. ...
 
Beispiel:
An einem Ort tritt das Niedrigwasser um 6.25 Uhr mit einer Höhe von 1,20 m ein.
Das darauf folgende Hochwasser hat eine Höhe von 3,20 m.
Der Tidenhub beträgt demnach 3,20 m − 1,20 m = 2 m.
Mit welcher Höhe der Gezeit ist für 8.25 Uhr zu rechnen?
Da der genannte Zeitpunkt zwei Stunden nach Niedrigwasserzeit liegt, ist mit einem Höhenunterschied
von 1/12+2/12 = 1/4 des Tidenhubs also mit (1/4) * 2 m = 0,5 m zu rechnen.
Dieser Höhenunterschied muss zu der Niedrigwasserhöhe addiert werden,
so dass sich eine Höhe der Gezeit von 1,20 m + 0,50 m = 1,70 m um 8.25 Uhr ergibt.
 
 
In der Praxis:
Man muss den für diesen Tag gültigen Tidenhub ermitteln (HW – NW), durch 12 teilen und dann entsprechend zuordnen.
1/12 entspricht einer halben Stunde. Die Flut erreicht am Ende der sechs Stunden 12 / Zwölftel !
Die Gezeit (Flut oder Ebbe) ist aber nicht der Wasserstand.
Denn zur Höhe der Gezeit kommt noch die Mindestwassertiefe am Ort, lt. Seekarte.
Die Mindestwassertiefe wird von der Gezeit überlagert.
 
Beispiele:    
      Wie hoch ist der Tidenhub bei steigender Gezeit am Ende der 4. Stunde?
           Annahmen: HW = 3,4 m, NW = 1 m
      Differenz (Tidenhub) = 2,4 m;     1/12 von 2,4 m  =   0,2 m
      Am Ende der 4. Stunde ist der Tidenhub
           1/12 + 2/12 + 3/12  + 3/12  =  9/12 (0,2 m x 9) = 1,8 m (Tidenhub)

      Um den aktuellen Wasserstand an einem bestimmten Ort in der Seekarte zu ermitteln,
      muss noch die in der Seekarte dort angegeben Wassertiefe (LAT) addiert werden, z. B. 3 m:
            1.8 m + 3.0 m  =  4.8 m Wasser  am Ende der 4. Std.                

    Reicht die Wassertiefe?
Es ist 20.00 h, die gelotete Wassertiefe beträgt 7.60 m. Reicht das?
Tiefgang der Yacht: 2 m
Angenommene Angaben (aus dem Nautischen Jahrbuch oder einer anderen Quelle):
     -    Hochwasser:  18.00 Uhr
     -    Tidenhub an diesem Tag: 6 m

Rechengang:
     -   Ist Flut oder Ebbe?
     -   Wieviele Stunden wird das Wasser noch steeigen oder fallen?
     -   Um wieviel wird es steigen oder fallen? Tidenhub?
     -   Welche Wassertiefe bleibt (wenn das Wasser fällt) übrig?
     -   Reicht das für mein Schiff?

Durchführung:
     -     HW war um 18.00. Das Wasser fällt also seit 2 Stunden.
     -     Der Tidenhub an diesem Tag beträgt:    6 m
                      1/12 von 6 m = 0.5 m

Um wie viel wird das Wasser noch fallen.
    Nach der Zwölferregel:
    1. Stunde: Das Wasser fällt um         1/12, also um                      0.50 m
    2. Stunde:                                      2/12, also zusätzlich um        1.00
                                                                             Gesamt:          1.50 m
    Das Wasser ist bisher um 1.50 gefallen.    
    Bei 6 m Tidenhub wird das Wasser noch um     4.50 m fallen.

Tiefgang, Sicherheitsabstand?
    Tiefgang der eigenen Yacht:                                2.00  m
    Gewünschter Sicherheitsabstand zum Boden:        0.50
    "Eigenbedarf"                                                    2.50  m

Wieviel Wasser wird unter dem Kiel (incl. Sicherheitsabstand) bleiben?
    Gelotet:                                  7.60 m
    Davon abzuziehen sind
        Noch fallendes Wasser:        4.50  m
        "Bedarf":                            2.50
                                                7.00  m
    
    Wenn die gelotete WT größer als 7.00 m ist, ist alles gut.

                                                                - - - - -

                                                                                                                                           Mai 2019