18.   Szenarien des  Schreckens


                                1.   Gasexplosion
                            2.   Mastverlust
                            3.   Kollision
                                    -    mit treibendem Gegenstand
                                    -    des Kiels mit Unterwasserhindernis
                            4.   Kielverlust, Ruderverlust           
                            5.   180
o - Kenterung,  360o - Kenterung
                            6.   Auflaufen
                                    -    in Tidengewässern                                    
                                    -    bei Seegang
                            7.   Strandung
                            8.   Materialermüdung bei GFK-Schiffen
                            9.   Auf Kollisionskurs
                          10.   Monsterwellen                            

 

Der Gedanke ist, verschiedene Schreckens-Szenarien durchzuspielen oder nachzuerzählen, um Gegenmaßnahmen zu entwickeln oder vorzubeugen.
Dieses Kapitel ist in gewisser Weise die Weiterführung   von II / 16. Notsituationen zum Schlimmeren.


1.  Gasexplosion
Dass ein Petroleumkocher weniger gefährlich ist, bezweifle ich.
Bei Gas hilft nur Vorsorge:
     -    Regelmäßige Wartung aller Komponenten innerhalb der vorgeschriebenen Intervalle.
     -    Einbau eines Magnetschalters.
     -    Sicherheitsdenken:  Zudrehen des Gashahns an der Flasche unmittelbar nach jeder Benutzung.    

                                                           - - - - -                                       
                                        
                                        
2.   Mastverlust
Fastnet-Report:
    77 von 235 Yachten erlitten einen "knockdown beyond horizontal including a 360 o roll".       
    42 mussten
"significant damage to the rig"  hinnehmen; nennen wir es Riggverlust.
    Seine Ursache war bei 7 Yachten
"capsize", also eine Kenterung.

Der Mast verleiht einer Yacht ein gewisses beharrendes Moment. Yachten ohne Mast kentern leichter als Yachten mit Mast. Deshalb kommt es bei Mastverlust relativ schnell zu Mehrfachkenterungen.
Mastverlust bei entsprechendem Seegang ist eine bedrohliche Situation, die es rechtfertigt, die Küstenwache um Hilfe anzurufen.

                                                           - - - - -
                                
                                
3.     Kollision

3.1     Kollision mit treibendem Gegenstand
                            
Große Hindernisse (z. B. Eisberg) wird man mittels Radar „sehen“ können.
Anders sieht es bei kleineren Hindernissen aus, die nicht zu orten sind.
 
Zone der Gefährdung ist der vordere Teil des Schiffes, in Bugnähe, unter Wasser oder in Nähe der Wasserlinie.

Wichtig ist zunächst das Kollisionsschott im vordersten Teil des Schiffes. Häufig ist die Rückwand des Ankerkastens ein Teil davon.
Der Germanische Lloyd schreibt vor:
  
 It is recommended that each recreational craft be fitted with a collision bulkhead.
    Motor yachts with a length L exceeding 17 m and sailing yachts/motorsailers with a length L exceeding 20 m
    shall have a collision bulkhead fitted at a distance of at least 0,0035 L but not more than 0,05 L aft of the stem …
    Collision bulkheads shall be extended up to the open deck/main deck. They shall not have any openings.

Wenn das imaginierte Loch über das Kollisionsschott nach achtern hinausreicht, sollte es ein
weiteres Teil-Schott geben, etwa am Ende der Vorschiffskojen bei Schiffen, die ein klassisches Vorschiff mit Doppelkoje haben. (Ich gehe von meinem Schiff aus. Bei anderen Grundrissen wird man die hier genannten Prinzipien sinngemäß umsetzen können.) Dieses Schott sollte bis zur Liegefläche im Vorschiff hoch sein, so, dass es das eindringende Wasser staut, auch dann noch, wenn der Bug sich durch dieses Wasser senkt.
Metallschiffe können ein zweites, wasserdichtes Schott über die ganze Höhe des Schiffes einrichten. Die Tür, die hindurchführt, wäre mit Riegeln und anderen Maßnahmen wasserdicht festzusetzen.

Clark Stede kollidierte mit seiner ASMA bei der Ansteuerung des Rio de la Plata nachts mit einem großen, schweren Gegenstand, vielleicht einer Markierungstonne.
Er schreibt:
  
 ASMA war eine Alu-Yacht, extra stark ausgelegt für Packeis. Dennoch wurde der Bug aufgerissen.
    Hätte das Schiff nicht ein Kollisionsschott zwischen Kajüte und Vorschiff mit absolut wasserdichtem Durchstieg
    gehabt (und wäre dieser nicht routinemäßig festgesetzt gewesen), wäre die Yacht sehr wahrscheinlich gesunken.

Bei Holzschiffen dürfte ein zweites wasserdichtes Schott nur schwer zu realisieren sein. Die Teile, z. B. das Türblatt, müssten überdimensioniert sein, damit sie sich nicht biegen. Wenn dann geht es nur mit einer Art Verschraubung, wie man es in Filmen mit U-Booten sehen kann.
Auch an die Durchführungen muss man denken.
Ich habe einen Teil des
Stauraums unter den Vorschiffskojen mit Styropor ausschäumen lassen (auch ESP; dieser Schaum nimmt im Gegensatz zu anderen Schäumen nur etwa 2 % Wasser auf). Erstens wäre eindringendem Wasser der Weg versperrt, zweitens kann der Bug nicht absinken.
Wie auch immer, ein großes Leck im Bugbereich wird man nur beherrschen können, wenn konstruktiv vorgesorgt wurde.

    Ein italienischer Segler erzählte uns, er habe mit seiner Motoryacht auf der Höhe der Po-Mündung die Adria
    queren wollen, um die neuen italienischen Zollvorschriften zu umgehen. Mit ziemlichem Speed sei er auf ein Hindernis,
    vielleicht einen Baumstamm, geprallt. Es gab einen riesen Schlag …
    Als er zum Niedergang hinunterschaute, war da nichts als Wasser. Er konnte sich nicht mal eine Schwimmweste krallen,
    so schnell sank die Yacht. Im Wasser neben ihm stieg auf einmal ein Fender hoch;
    seine Frau hatte noch immer nicht gelernt, die Fender richtig festzubinden …
    Er klammerte sich an diesen Fender.
    Irgendwann bekam er auch einen Stock zu fassen. So trieb er 12 Stunden.
    Dann hörte er eine Maschine. Eine Motoryacht querte mit ziemlicher Fahrt die Adria, aus dem
    gleichen Grund.
    Er hatte seine Badehose an den Stock geknüpft; damit winkte er … Und wurde gesehen.
                                                             

                                                          - - - - -

3.2     Kollision des Kiels mit Unterwasserhindernis

Langkieler sind bei dieser Situation fein heraus. Sie schieben sich aufgrund der Abschrägung auf das Hindernis.
    Dashew formuliert:
"Of course, long keel is nice when going aground.  …"
                                                                                    (in:  "Offshore Cruising Encyclopedia")
Bei einem Kurzkieler sieht es anders aus:
Die Kielspitze wird nach achtern geschoben. Weil der Kiel aber oben festgesetzt ist, entsteht zusätzlich zum Schub nach achtern eine Art Drehbewegung des Kiel. Mit seinem achteren Ende drückt er nach oben und den Boden des Schiffes ein, mit seinem vorderen Ende reißt er den Rumpf nach unten auf.  
Den entstehenden Wassereinbruch beim angenommenen Schaden wird man mit Bordmitteln kaum beherrschen können.        
    -    Schiffe mit geteiltem Lateralplan, die nach GL konstruiert und gebaut sind, sind so dimensioniert, dass sie - jedenfalls rechnerisch - einen solchen Zusammenstoß (bis zur Rumpfgeschwindigkeit) aushalten, und in der Realität wohl auch aushalten werden. (Diese Informationen habe ich von Herrn Körner, dem Konstrukteur unserer Yacht.)
    -    Schiffe, die "nur" nach CE zertifiziert sind, dürften bei einem entsprechenden Aufprall sinken.
    -    Die ETAP-Schiffe sind ausgeschäumt. Das Problem des Sinkens ist damit vermutlich gelöst. Aber mit dem Ausschäumen sind andere Probleme verbunden, z. B. kann man sehr schwer feststellen, wo bei einer kleinen Leckage das Wasser herkommt.   
    -    Es gibt Serien-Schiffe, die in wasserdichte Sektionen eingeteilt sind (meines Wissens z. B. die Amel-Schiffe). Das ist super!
    -    Einzelbauten für Extrem-Törns haben dagegen in der Regel wasserdichte Abteilungen, z. B. Clark Stedes „Asma“, Wilfried Erdmanns „Katena Nui“, Abby Sunderlands „Wild Eyes“, ebenso alle modernen Hochsee-Regatta-Schiffe.

Was könnte man nachträglich tun?

-    Ausschäumen?
Wolfgang Quix hatte bei seiner Teilnahme am Mini-Transat, einer Einhand-Regatta, 1978 seine Waarship 570  mit 1000 Liter Polyurethan ausgeschäumt.
Das Problem: Wie bekommt man nach Erreichen des Ziels den Schaum wieder heraus?
Vielleicht könnte man Plastiksäcke ins Schiff legen und diese ausschäumen.

-    Ich habe auch daran gedacht, große
Styroporblöcke (in großen Plastiksäcken) im Schiff zu verteilen. Man könnte sie mit Spanngurten festsetzen. Am Schiffsboden (gegen Wassereinbruch) oder unter der Decke (bei Kenterung)? Wenn man sie nicht festsetzt, schwimmen sie auf; das ist auf jeden Fall verkehrt.
1 m
3 Schaum entspricht grob 1 t Auftrieb. Für ein 8t-Schiff (incl. Ausrüstung) wären also 8 m3 notwendig.     
Nachteil: Platzverlust, nahezu bis zur Unbewohnbarkeit. Aber man könnte die Blöcke nach dem Extremtörn wieder entfernen.

-    Es gibt Kunststoffsäcke, die mit
Pressluft aufgeblasen werden können. Das System muss vorbereitet sein, d. h. unter jeder Koje muss ein entsprechender Luftsack liegen, angeschlossen an eine Pressluftflasche. Automatische Auslösung wäre wünschenswert. Das Problem ist das rechtzeitige Abschalten der Luftzufuhr, damit die Säcke nicht platzen. Überdruckventile?
Nachteil: der Platzverbrauch. Als Dauereinrichtung deshalb nicht unbedingt geeignet.
Und natürlich müssen die Pressluftflaschen sicher gestaut werden und gleichzeitig leicht erreichbar sein.

-    Den Gedanken, Plastiksäcke im Schiff zu verteilen und aufzufüllen, könnte man auch mit
PU-Schäumen angehen. Sie würden erst im Bedarfsfall zum Einsatz kommen. Hier besteht das Problem im Starten des Schäumungsvorganges. Vielleicht könnte man es mit Sprengschnüren angehen? (Ich habe den Gedanken nicht weiter verfolgt.)
Für PU-Schäume spricht, dass die DGzRS dieses Verfahren anwendet; jedenfalls habe ich schon mehrfach gelesen, dass Schiffe in Seenot zum Teil ausgeschäumt wurden.

-    
Wasserdichte Abteilungen: Wer versucht, sein Schiff nachträglich entsprechend umzurüsten, wird sehr schnell merken, dass dies äußerst schwierig ist. Durch das ganze Schiff laufen Elektroleitungen, Rohrleitungen, Auspuff-Leitungen;  es gibt Lüftungslöcher, Türen, Gestänge des Rudersystems …
Bestenfalls gelingt es, einzelne Abteilungen (z. B. die Backskisten achtern) abzuschotten. Das wäre ja auch schon etwas!

Worst-case -Überlegungen stellt man eigentlich erst an, wenn man eine Strecke über den offenen Ozean vor sich hat, auch wenn die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, selbst in eine solche Situation verwickelt zu werden      ...  sollte man meinen.  
Umso erschreckender, wenn es „vor der Haustür“ passiert:

    Herbert Weingärtner, der ehemalige Partner von Wolfgang Quix, hat genau diesen Albtraum erlebt,
    und zwar im Nordostseekanal, in dem man nun wirklich nicht mit einem Schiffsuntergang rechnet.
  
 Auf der Fahrt von Rendsburg nach Cuxhaven - Herbert hielt sich in der Kajüte auf, am Steuer war eine Mitseglerin -
    traf die Yacht mit der Kielspitze bei km 27 auf ein Hindernis.
    Die Kollision war so heftig, dass der Rumpf hinter dem Kiel eingedrückt wurde. eingedrückt wurde.
    Nur weil Herbert Weingärtner kühlen Kopf bewahrte und dank Kanal-Verwaltung  in Verbindung mit der
    der Wasserschutzpolizei sowie der schnellen Hilfe eines Frachter-Kapitäns konnte das Schiff gerettet werden.
    War es ein verlorener Container? Oder waren es Steine aus der Uferböschung, die ausgebrochen war?
    Ein Verkehrs-Schild fordert an dieser Stelle Abstand vom Ufer.
     
Nun wird man trotzdem im Nordostsee-Kanal nicht ertrinken. Und für einen auf diese Weise entstandenen Totalverlust würde vermutlich die Versicherung aufkommen (oder besser: Diese Situation sollte versicherungsmäßig abgedeckt sein). Es gibt allerdings eine Reihe von Seglern, die sich nicht versichern oder nicht versichern können, aus finanziellen Gründen.

Ich kenne einen anderen Fall , bei dem eine Chartercrew mit ihrem Schiff vor der türkischen Küste auf einen Felsen auflief,
der durch ein Seezeichen gekennzeichnet war.
    Man hatte sich mit einer zweiten Yacht eine Regatta geliefert und war wohl zu dicht vorbeigesegelt, um abzukürzen.
    Das Schiff sank innerhalb kürzester Zeit; der Kiel hatte die Bodensektion eingedrückt.

Nicht immer, kann man schwimmend Land erreichen …    
Für den Eigner in spe bleibt als Konsequenz, ein
Schiff zu wählen, das einer Kollision mit einem Unterwasser-Hindernis standhält.

                                                              - - - - -


4.     Kielverlust, Ruderverlust

Lesen Sie die entsprechenden Kapitel in "Sturmtaktik für Yachten"   (II. Konstruktionskriterien ...)

Kielverlust

   -     Untergang der CHIKI RAFIKI:  Kenterung nach Kielverlust; 4 Tote.    
                Genaueres in: Sturmtaktik / II Konstruktionskriterien für schweres Wetter
    -     Im Jahr 2014 verlor eine Segelyacht nach dem Bericht einer Seglerzeitschrift aus unbekannter Ursache ihren Kiel.
                Von der Mannschaft fehlt jede Spur.
    -     Von einem ähnlichen Vorfall habe ich vor einigen Jahren gelesen. Die Yacht konnte aufgrund des harmlosen Wetters
                in einen Hafen gesegelt werden.

Gefährdet sind vor allem GFK-Schiffe.
Was können die Ursachen sein?
        Konstruktionsfehler schließe ich aus.

-   Fehler in der Wahl des Materials für die Kielbolzen?
        Aus Kostengründen werden gerne Stahlbolzen verwendet. Stahl rostet.
        Zwischen Kiel und Rumpf kann Seewasser eindringen, wenn die Dichtungsmasse schadhaft ist.
        Nach einigen Jahren können Stahlbolzen an- bzw. durchgerostet sein.
            Man kann diese Stellen röntgen lassen und bei Bedarf die Stahlbolzen durch Niro-Bolzen ersetzen lassen.
            Das habe ich auf meiner ehemaligen Yacht (Friendship 28) getan.
        Besser ist verzinkter Stahl.
        Im renommierten Yachtbau sind nach meinem Wissen Kielbolzen aus Niro Standard.
        Beim Bau einer Serienyacht wird man auf Bestellung ebenfalls Nirobolzen einziehen lassen können.

-   Das folgende nach Palstek ("Albtraum Kielverlust", Ausgabe 5/2018):
    "Die auf den Kiel wirkenden Kräfte können berechnet ... werden.
    Yachten, Einzel- gleichermaßen wie Serienyachten, werden so konstruiert, dass sie eine Grundberührung überstehen
    egal um welchen Typ von Kiel es sich handelt.
       
  (Anm: Die Betonung scheint auf "eine" zu liegen. Jedenfalls legen das die folgenden Ausführungen nahe.)
    Nicht nur konstruiert, auch ausgeführt. Denn keine Werft kann sich ein schlechtes Image leisten.     

    Eine Grundberührung aber verursacht Schäden, die bei mehrfachen Grundberührungen zum Abriss des Kiels
    führen können."
         
(Anm.: Nicht bei Stahl-, Holz- oder Woodcore-Epoxy-Schiffen.
          Ich sehe mich in meiner Skepsis gegenüber GFK bestätigt. Yachten sollten weniger heftige Grundberührungen
          problemlos überstehen.)
    Weiter im Artikel:
    Weder Konstruktion noch Herstellung seien also die Verursacher von Kielverlusten, sondern der "Gebrauch".
    Es wird eine regelmäßige Überprüfung "aller sicherheitsrelevanten Teile" durch Gutachter empfohlen,
    ähnlich dem TÜV bei Autos
            -   nach einer heftigen Grundberührung     
            -   bei Schiffen, die älter als 20 Jahre sind  
    Anm.:
    -   GFK-Schiffe mit wiederholten leichteren Grundberührungen oder bei Dauerbelastungen,
    wenn sie z. B. längere Zeit hart gesegelt werden oder nach Atlantiküberquerungen, sind ebenfalls gefährdet.
    (siehe weiter unten:  8. Materialermüdung)
    -   Hinweisen möchte ich auf die Durchfeuchtungsproblematik von GFK-Laminaten.
    Durchnässte GFK-Laminate  erleiden einen massiven Festigkeitsverlust.
    Näheres unter: "Sturmtaktik" / II. Konstruktionskriterien ... / Kielverlust   
    
Ruderverlust
    Ruder sind hoch belastet.
    Zur Durchfeuchtungsproblematik von GFK-Laminaten kommt hinzu, dass u. U. Wasser direkt ins Ruder eindringen kann.
    Die Schwachstelle ist dort, wo der Ruderschaft in das Laminat des Ruderblattes einläuft.
    Nähers unter: "Sturmtaktik" / II. Konstruktionskriterien ... / Ruderverlust.


                                                           - - - - -   
   

5.     180o-Kenterung, 360o-Kenterung   (Durchkentern, Rolle; „knockdown beyond horizontal including a 360o roll“)
Es ist die Kenter-Situation, vor der man sich fürchtet.

Es gibt verschiedene Szenarien:
1)    Eine extrem steile See dreht die Yacht um. Das kann z. B. eine Grundsee sein, die an der Barre eines Seegatts entsteht.
Davon hat uns ein deutsches Segler-Ehepaar berichtet:
  
 Sie befanden sich mit ihrer Yacht bereits bereits außerhalb der Waddenzee vor Texel (Holland) und wollten
    nach Deutschland zurücksegeln, als sich das Wetter verschlechterte. Sie beschlossen umzukehren.
    Im Durchlass zwischen Texel und Vlieland passierte es: der Skipper sah plötzlich eine riesige Welle von achtern
    aufkommen. Sie erfasste die Yacht; diese ging kopfüber.
    Der Mast der Yacht stieß mit seiner Spitze auf Grund und brach; das Deck hielt stand.
    Das Schiff richtete sich glücklicherweise wieder auf, trotz des vielen Wassers im Schiffsinneren.
    Zum Glück, sonst wäre die Frau des Skippers im Schiffsinneren ertrunken.
    Das Schiff wurde durch den niederländischen Seenotdienst eingeschleppt.
    Der Wind war nicht einmal übermäßig stark gewesen: ~ 6 Bft, auflandig.   

Eine Yacht ist am sichersten auf See!
Das Erfahrungswissen von Generationen von Seglern ist gespeichert in rituellen Merksätzen. Auf mich wirkt es, als würde der eben erwähnte Merksatz genau diese Situation widerspiegeln.
Aber in der Theorie redet man leicht. Sogar Seenotkreuzer der "Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger" wurden schon durch Grundseen umgedreht.
Ich erinnere mich an einen entsprechenden Bericht der DGzRS.
Bei den Seenotkreuzern ist allerdings dieser Notfall einkalkuliert: die Mannschaft ist auch im Inneren angegurtet, das Schiff ist rundum wasserdicht verschlossen, und es hat eine automatische Motor-Abschaltung, wenn der Prop aus dem Wasser taucht.          
    
Für uns Normal-Segler bleibt, den Wetterbericht gut zu verfolgen und Seegatten ab Bft. 5, wenn Wind gegen Seegang steht, zu meiden. Der einzige Tiefwasserzugang zur holländischen Waddenzee ist zwischen Texel und Den Helder (am Festland), genauer zwischen Norderhaks und Festland.
Bei Wetterverschlechterung sollte man grundsätzlich um alle Bänke und Flachwasser-Zonen einen großen Bogen zu segeln.

2)  Eine brechende See, die höher ist als die Schiffsbreite, lässt die Yacht kentern, wenn sie breitseits getroffen wird.
Das kann vor allem beim Treiben vor Topp und Takel passieren, oder wenn ein dafür nicht geeignetes Schiff beidreht (Kurzkieler).
Das Segeln quer zur Welle bei einem Seegang, der der Schiffsbreite entspricht, ist gleichfalls riskant.
(Beispiel: "Sturmtaktik" / Eigene Erfahrung)
Die Theorie sagt, dass die nachfolgende Welle die Yacht wieder aufrichtet. Allerdings nur, wenn das Schiff nicht zu breit ist, kein Flachdeck hat, der Ballastanteil hoch genug und die Nachfolgewelle kräftig genug ist.

Wasserdichte Sektionen:
-    Abby Sunderland ist bei ihrem Versuch 2009/10, die Welt einhand zu umrunden, im Indischen Ozean durchgekentert. Dabei verlor die Yacht das Rigg. Ihr Schiff, eine Open 40, war "unsinkbar" und hatte vier wasserdichte Schotten, also fünf separierte Sektionen.
-    Die ORC fordert wasserdichte Sektionen für Hochsee-Regatten.

Schiffe ohne wasserdichte Sektionen:
Wenn man ein Wasserglas mit der Öffnung nach unten ins Wasser taucht, kann man beobachten, dass nahezu kein Wasser in das Glas eindringt. Es entsteht eine Luftglocke, welche das Wasser außen hält.  
Wichtig ist, dass diese Luftglocke bei einem längere Zeit kieloben treibenden Schiff möglichst weit nach unten reicht ohne seitliche Einbruchspforten. Ein undichtes Niedergangsluk ist so eine Einbruchs-Pforte. Aber auch Motorpanels sind nicht wasserdicht.
Manche Yachten, italienische kenne ich, haben deshalb den Niedergang als separaten
Einstieg vom Deck aus, nicht vom Cockpit aus.
Niedergangsluken sind daher häufig die Schwachstellen, besonders wenn sie bis tief nach unten ins Cockpit reichen.
Fastnet Report:
 
   "33 % of the fleet (77 boats) reported experiencing knockdowns to substantially beyond horizontal,
     including total inversions and full 360o rolls. This type of knockdown … is a rare occurrence …"
    "The most serious defect affecting watertight integrity is the design and construction of washboards
    (= Niedergangsschotten). The blocking arrangements for the companionway should be totally secure,
    yet operable from above and below decks."

Die Niedergangsschotten müssen von außen und innen festgesetzt werden können und sollten absolut wasserdicht sein.
Nur: Wie lässt sich dies nachträglich umsetzen?

Vor Jahren habe ich von einer französischen Yacht gelesen, die im Sturm auf die Doggerbank geriet, durchkenterte und längere Zeit auf dem Rücken liegen blieb. Die Luftglocke aber war instabil, Luft entwich irgendwo mit leise pfeifendem Geräusch…
Es war die Abflussöffnung der Spüle; das Seeventil war nicht dichtgesetzt worden.  … bis jemand den Stopfen nach oben eindrückte.
Bei dieser Durchkenterung zog sich ein Besatzungsmitglied eine Querschnittslähmung zu.

Wie soll man eine Yacht
"oben" (Deck, Decksnähe) wasserdicht bekommen?
Man müsste alle Öffnungen wasserdicht verschließen können, insbesondere den Niedergang. Das hat wohl Erdmann gemacht. Wie bekommt man aber Luft zum Atmen, wenn die
Lüfter längere Zeit verschlossen sind?
Die
Dorade-Lüfter sollten sich erst verschließen bei Wasserkontakt, wenn das Schiff kieloben liegt. Mit einem Ball, der an einer vor den nach unten führenden Ansaugstutzen aufgehängt ist, könnte dieses Problem technisch gelöst werden: In einer Kiel-oben-Position würde der (seitlich geführte) Ball aufschwimmen und die Luftzuführung verschließen.
                                                       (Diese Idee stammt von meinem Freund Dr. U. Schleicher, Dipl. Ing.)

Kenterungen und Durchkenterungen geschehen so schnell und unerwartet, dass keine Zeit bleibt, sich im Schiffsinneren festzuhalten. Verletzungen können daher sehr leicht passieren.
Vorsorge: in Koje legen, anleinen, angurten (Navi-Sitz), Helm tragen.

Beispiel:  180o - Kenterung
Patrice Geffroy :
    Eric Mezieres und Benoit Amalric sind durchgekentert und mussten ...
  
       " … mit einer Pogo 8.50 auf der Passatroute im Januar 2015, … eine Stunde lang im durchgekenterten,
         zum Glück unsinkbaren, Boot bleiben…“.
        
Allerdings lief auch das "unsinkbare" Boot langsam voll.
 Nachzulesen im Original unter
         https://www.facebook.com/permalink.php?id=755407214573106&story_fbid=766809736766187
     Fazit von Eric:
         "
Pour ma part je ne prendrai plus jamais la haute mer dans un bateau qui ne soit pas insubmersible."
         „Was mich betrifft, ich werde das Meer nur noch in einem unsinkbaren Boot befahren.“
     Es gab erhebliche Schwierigkeiten mit dem Wiederaufricht-Vermögen.
Patrice Geffroy schreibt:
  
  "Ich kenne diesen Teil des Atlantiks ziemlich gut, wo der Passatwind zu Hause ist. Im Januar mag er bis 40 kn
    in den Böen blasen und eine 5 Meter-Dünung erzeugen ...
    Éric spricht von beeindruckenden Wellen (für ein ziemlich kleines Segelboot), auch von Brechern und von Kreuzseen,
    die von Südosten kommen und sich vermutlich zur Winddünung überlagerten.
    Für mich … segelte das Boot sehr (zu) schnell mit viel Tuch drauf oder lief wie Vito DUMAS ab.
    Eine besonders mächtige Welle hat es ausbrechen lassen.
    Dashew hat es benannt:
   
Neue Konstruktionen mit breitem Heck und schmalem Vorschiff brechen ab einer bestimmten Krängung aus,
    sind dann nicht mehr beherrschbar. Ursache sind die bei Krängung sich ändernden Auftriebsverhältnisse."
Die Pogo hat ein L/B Verhälnis von 8.50/3.60 = 2.36, bei den meisten Blauwassersegelschiffen liegt der Wert bei 3 oder etwas mehr.
Das wäre eine Erklärung für die Kenterung.

Warum richtet die Yacht sich nicht auf?
Ich denke:
-   Die Pogo 8.50 ist auf Geschwindigkeit gezüchtet, sie ist eine der schnellen, kleinen, modernen Hochsee-Regatta-Schiffe: flacher Rumpf, breites Heck. Je weniger sich ein Schiff überlegt, umso mehr Segelfläche kann es tragen und umso schneller ist es.
Alles hat seine zwei Seiten, hier im direkten Zusammenhang: Wenn das Schiff umgedreht wird, verhindert der breite, flache Rumpf (einschließlich Heck) in gleicher Weise die Krängung; das Schiff richtet sich nur dann auf, wenn große Kräfte es zurückdrehen.
-   8.50 m Länge sind wenig. Ein größeres Schiff hätte mehr verkraftet.
(Genauere Analyse in "Sturmtaktik")

Mehrfaches Durchkentern
Das schrecklichste Buch diesbezüglich:
    Nick Ward / Sinéad O`Brein, "Allein mit dem Tod - Eine verschwiegene Tragödie vom Fastnet Race 1979", Delius, 2013.

Flucht in die Rettungsinsel
... aufgrund des
irreführendes Vokabulars: Flucht in die (Rettung versprechende) "Rettungs" - Insel.
Fastnet-Report:
  
 „Life rafts failed to provide the safe refuge which many crews expected. Seven lives were lost in incidents
    associated with rafts of which three were directly attributable to the failure of the raft and the yachts
    which these seven people abandoned were subsequently found afloat and towed to harbor.” (S. 29)
Anders ausgedrückt: Wenn diese Männer ihr Schiff  nicht verlassen hätten, wären sie nicht gestorben.
Andererseits:
    „
However 14 lives were saved in incidents in which survivors took to rafts from yachts which have not been recovered.”
    
14 Seeleute wurden aus Rettungsinseln geborgen von 5 Yachten, die damals sanken.
    
Niemand möchte in eine ähnliche Situation geraten und entscheiden müssen, ob man in die Rettungsinsel steigt oder nicht.

Maßnahmen vor dem Ablegen im Schiffsinneren:
    -    Alle
schweren Gegenstände festsetzen
    -    Nichts darf als
Geschoß durch den Raum fliegen
    -   
Bodenbretter anschrauben
    -    Alle
Schapps, auch die nur von oben zugänglichen, verschließbar ausführen
    -    bodennahe
Strecktaue
    -    
Sicherheitsgurte wie sie im Auto üblich sind
    -    Am Navi-Tisch würde vielleicht ein Hüftgurt ausreichen, desgleichen am WC.
    -    Gegen Kopfverletzungen sollte man einen (Fahrrad-)
Helm tragen.
    -    Wichtig ist eine von innen zu bedienende Lenzpumpe.

Video
Yachting Monthly, YouTube:
        https://www.youtube.com/watch?v=Gqe1Sxa2GXo

                                                             - - - - -


6.   Auflaufen
6.1    Auflaufen  in Tidengewässern                            

SY JOSEF HAYDN  in Brasilien  –  Fast gesunken im Pará
                                                                                                 
Am 30. Juli  (1994) verließen wir BELEM. Morgens um 05:00 lief die Tide mit uns hinaus in den Atlantik. Knapp 50 sm waren es bis zum Ende des Deltas zum kleinen Fischerort SOURÉ. Der Rio Pará ist hier so breit, dass man das andere Ufer nicht sehen kann.  
Um 15:00 haben wir es geschafft und der Anker fällt, nach genauer Kontrolle des Ankergrundes (eine Runde fahren mit Motor) in den schlammigen Grund vor der Eisfabrik von SOURÉ. Den Namen dieser Stadt werde ich mein Leben lang nicht vergessen.
Wir kamen bei halbem Hochwasser an, und ankerten auf guter Wassertiefe von 5 - 6 m. Wir klarten das Schiff auf und gingen erst mal in die Koje.
Aufgewacht bin ich von kleinen Rucken, als die JH mit ihrem Kiel auf Sand aufsetzte. Sie stuckte leise auf, und ich bin aufgestanden um nachzusehen. Erst mal Jorge wecken, damit er sich keine Sorgen macht, wenn ich die Maschine starte! Die auslaufende starke Strömung hatte uns einige Meter seitwärts weggedrückt. Vielleicht so zehn Meter weiter in die Bucht hinein.
Ich machte mir weiter keine Sorgen, das war uns schon ein paar Mal passiert.
Die Maschine an und versucht, von dieser Bank wegzufahren um evtl. neu zu ankern. Ging aber nicht - auch nicht mit Full-Power. Wir saßen fest.
Kein Problem, die JH steht ja gut auf eigenem Kiel. Hatten wir nun schon einige Male hier in Brasilien ohne Schwierigkeiten durchgeführt. Nur: Diesmal kam es ganz anders.
Wir ruckelten und zuckelten auf dem Sand. Die Strömung wurde immer stärker und langsam legte sich die JH auf die Bb-Seite. Nun ja - etwas unbequem aber weiter kein Grund zur Besorgnis. Wir machten alles soweit fest, denn das Schiff würde sich so 45 Grad auf die Seite legen. Wir kochten uns noch einen Kaffee und saßen ruhig im Cockpit und warteten auf das Niedrigwasser.
Ein Fischerboot legt bei uns an. Der Skipper macht uns wortreich klar, dass wir mit der Bb - Seite (dahin senkte sich das Schiff) genau auf der Außenkante einer kleinen Sandbank liegen. Allmählich roch ich die Gefahr, in der die JH schwebte. Wenn das Wasser ganz weglief, hatte das Schiff dort keine Unterstützung.
Der Fischer versuchte uns, von der Bank wegzuziehen. Zwecklos. Wir sitzen bombenfest.
Mit dem Handlot den Wasserstand rings ums Schiff kontrolliert. Stb. noch 1.20 m Wasser, an Bb. etwas um die 2.50 m. Wir liegen auf der super schrägen Außenkante der Sandbank.
Das Wasser sank schnell und die Sonne auch. Bald war es stockdunkel. In drei Stunden sollte erst Niedrigwasser (21:00) sein.
Zwei Jungs kommen durch die Bucht (80 cm Wasser). Sie haben eine fünfzig Meter lange Leine an einem Pfahl befestigt. Wir nutzen das Blisterfall um die Landleine mit dem Masttopp zu verbinden. Das Blisterfall geht ins Cockpit, dann auf eine Winsch. Jetzt kurbeln - kurbeln - kurbeln. Der Schweiß rinnt in Strömen. Die Landleine kommt auf Spannung, wie erwünscht. Super!
Mittlerweile schon 50 Grad Schräglage, aber noch 2 1/2 Std. bis Niedrigwasser. Die JH könnte sich komplett auf die Seite legen, über 90 Grad, und dann über den Süllrand volllaufen!
Das Wasser fällt langsam weiter. Schon 55 Grad Schräglage. Wir können nichts weiter tun, als hoffen, dass die Landleine der Belastung standhält.
Dann kracht der Pfahl an Land ...      Das Schiff legt sich weitere zehn Grad über.  
Die Jungens bringen in Eile unsere Leine an einem anderen Pfahl an.
Ich kann mit der Winsch das Boot nicht aufrichten - nur halten.
Und beten.
Das schmutzige Flusswasser steht jetzt nur noch zehn Zentimeter unter dem Süllrand und die Tide fällt weiter.
Zwischendurch gehe ich nach unten, um etwas zu trinken. Ooooh, Schreck! Die gesamte Pantry steht zwanzig Zentimeter unter Wasser.
Woher?
Das Seeventil unter dem Spülbecken ist nicht geschlossen. Seit einer Stunde strömt das braune Wasser durchs Spülbecken ins Schiff. Waahnsinn!
Ventil zu und den Motorraum kontrolliert. Kiel mit Motor und Lichtmaschine halb voll Wasser, die Werkstatt schwimmt. Wir haben drei oder vier Tonnen Wasser im Boot und dieses Gewicht auch noch auf der falschen Seite.
Das Wasser muss unbedingt aus dem Schiff raus. An Deck geturnt und den Generator aus der Kiste gewuchtet, festgekeilt und angeworfen. Alles bei dieser Schräglage und der Dunkelheit. Gott sei Dank kein Salzwasser! Die beiden brasilianischen Jungs (18 / 19 Jahre) helfen. Die Pumpe klargemacht. Zuerst die Küche. 30 bis 40 Minuten läuft die Pumpe mit voller Leistung bis wir die Schrankecken einigermaßen trocken haben.
Das Schiff neigt sich nicht weiter. Die Leine und der Betonpfahl an Land halten. Wir haben jetzt über 70 Grad Schräglage. Die Saling nur noch wenige Meter über dem Wasser. Ich habe große Angst, dass die JH sich doch noch ganz auf die Seite legt.
Aber keine Zeit um groß darüber nachzudenken. Es ist eine elende Kletterei, um Motorraum, Kiel und Werkstatt leer zu pumpen. Lichtmaschine und Einspritzpumpe des Motors total unter Wasser, mit braunem Schaum auf der Brühe.
Die Pumpe wird immer heißer und auch undicht. Sie verteilt einen feinen Wasserregen in einem Meter Umkreis. Wir werden klatschnaß. Weitermachen!!
Um 21:00 liegt das Schiff fest. Keine Bewegung mehr durch die Strömung. Große Angst. Die Leine hält. Zwischendurch ein starker Regenschauer mit Donner und Blitz.
Endlich Niedrigwasser.
Das Wasser im Boot ist fast ausgepumpt.  Jetzt kann es nur noch aufwärts gehen.
Langsam bekommt die JH wieder Wasser unter den Kiel. Die Fußreling und der Süllrand nur knapp über der Wasserlinie. ...
Um 23:00 entspannt sich die Leine zum Land und braucht das Schiff nicht mehr festzuhalten. Es ist gut gegangen!
Tränen der Erleichterung rinnen mir die Wangen herunter, ich heule Rotz und Wasser. Jorge nimmt mich in die Arme und tröstet mich. Verdammt, das war knapp an einer Kenterung vorbei.
Um 00:30 Uhr schwimmen wir langsam wieder auf.
Wir wollen das Boot in der Nacht noch an zwei Fischkutter verlegen, die am Steg der Eisfabrik liegen.
Keine Ahnung wie die Lichtmaschine das Tauchbad verkraftet hat? Springt die Maschine an? Oder ist Wasser auf die Zylinder gelaufen und sie frisst beim ersten Dreher fest? Das wäre eine Katastrophe. Stoßgebet und Vorglühen. Startknopf und ...  sofort springt der brave Mercedes an. Läuft rund und nagelt, als wenn nichts gewesen wäre. Wir fahren langsam an den Steg der Eisfabrik.
Die beiden Jungs verabschieden sich und bekommen jeder 10 US$ für ihre Hilfe. So nebenbei lässt einer meine Kamera mitgehen. Das bemerke ich erst am nächsten Morgen. Bin jetzt noch stinksauer und sehr enttäuscht.
                                                                                                             Helmut van Straelen   (hvans@addagio.de)



Nachfrage an Helmut:
      "Hat der Mast das ausgehalten? (Über 70 Grad.)"
Antwort:
    
"Hier - und auch bei anderer Gelegenheit - haben sich die 12 mm - Wanten und  -Stage ausgezahlt.
Die Wantenbleche (22 mm) waren im Innenrumpf verschweisst."

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6.2    Auflaufen bei Seegang

    Hans Reiser und seine Frau Rita sind mit VIGO, ihrer großen, selbst ausgebauten Stahl-Yacht, einem Feltz-Bau,  
    im Roten Meer unterwegs.
    Am Abend muss man sich einen Ankerplatz in Küstennähe suchen, wenn möglich geschützt hinter einem Riff.
    Die Sonne steht tief, Hans tastet sich an die Küste.
    Auf einmal knirscht und kracht es, die tonnenschwere Yacht stoppt abrupt, sich gleichzeitig nach vorne
    verbeugend, dann sitzt sie fest.
    Aber sie sitzt nicht fest. Der Seegang hebt das Schiff ... nach der Welle kracht die Yacht wieder auf den
    Felsen ...  - heben   -   und krach!    - heben   -   und krach!   
    Die Yacht dröhnt und erzittert bei jedem Aufschlag bis in die Mastspitze.
    Verzweifelt geht Hans auf Rückwärts, Vollgas!    - heben   -   und krach! ...   Aber die Yacht  bewegt sich nicht,
    auf  Rw ist der Propeller zu schwach.     - heben   -   und krach!   - heben   -   und krach!  ...   Die Yacht kann diese
    Schläge auf Dauer nicht aushalten! 20 t sitzen hinter jedem Aufschlag ...     -  heben  -   und krach! ...
    Hans geht auf Vw, dann schnelles Ruderlegen, und Zurück. Jedesmal wenn das Schiff gehoben wird, kann er
    das Schiff ein bisschen drehen.     - heben   -  und krach! ...  und krach!  ... und krach!  
    Unglaublich, was das Schiff aushält!    
    Nach einer Ewigkeit kommt die Yacht frei.
    Hans schätzt, dass sein Schiff 40 - 50 mal auf den Felsen geschlagen wurde. Das Stahlschiff hat alles ausgehalten.
   
"Das Schiff hat uns gerettet. Mit einer anderen Yacht wären wir jetzt tot."

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7.  Strandung

Leeküste
Wenn der Versuch, sich (unter Mithilfe der Maschine) freizukreuzen misslingt ...
    
Was kann man tun ?
-    Versuchen zu
ankern. Wenn möglich noch vor der Brandungszone.
       Voraussetzung: lange Kette (50 m und mehr), daran gespleißt eine lange Nylon-Leine (ebenfalls 50 m und mehr).
       Die Leine ist elastisch und federt die Wellenschübe ab. Kette allein wäre zu hart.
-    Sollte dies fehlschlagen
        … muss man das Ankergeschirr kappen und sich eine Stelle für die Strandung aussuchen.
        Wenn möglich unter Fock soweit als möglich auf den Strand segeln.
-    Schiff so weit als möglich nach oben verholen, besonders in Tidengewässern.
Soweit die Lehrbuch-Theorie.

Ich erinnere mich, dass
Wolfgang Quix  mit seiner Jeantex an den Sänden nördlich der Wesermündung gestrandet ist (in den 80er Jahren?).
Ein unscheinbares Tief hatte sich heftig verstärkt und einen derartigen Seegang aufgeworfen, dass nur noch Ablaufen übrigblieb.
Wasserwände trieben das Schiff vor sich her, einige Stunden.
Plötzlich gab es einen Knall, das Schiff legt sich über. Die nächsten Wellen heben die Jeantex und schieben sie unter mehrmaligem Aufknallen über das Hindernis in tieferes Wasser hinter dem Sand. Dort kommt die Jeantex relativ ruhig zu liegen.
Mit an Bord ist seine Frau. Sie wird bei den Aufschlägen verletzt.
Die Jeantex wurde am nächsten Tag bei ruhigerem Wetter vom Rettungskreuzer freigeschleppt.

Ich füge diese Episode ein, um zu zeigen, dass eine Strandung keineswegs so kontrolliert abläuft, wie in der Theorie oben.

Bei einem derartigen Seegang den Anker klar zu bekommen, dürfte selbst für eine erfahrene Crew schwierig sein.
Voraussetzung ist ferner, dass das Schiff mit einer Ketten-Leinen-Verlängerung ausgerüstet ist.
Man kann sich in der Regel auch keine angenehme Strandungsstelle aussuchen.
Was, wenn es sich um eine Felsenküste handelt?

Die Jeantex war eine nach dem West-System gebaute, sehr stabile Holzyacht.
Eine „normale“ GFK-Yacht würde keineswegs unbeschädigt davonkommen. Beim ersten Schlag würde vermutlich der Kiel abgerissen, bei den folgenden die Seiten der Yacht eingedrückt werden.

Maßnahmen
-     Wenn ein Schiff tatsächlich strandet, hilft nur ein möglichst fester Rumpf.
-     Weltumsegler denken noch weiter:
      Bernard Moitessier, „Weite Meere, Inseln und Lagunen“, Kapitel: Auf Grund laufen:
        
„Damit Joshua gerettet werden kann, … besteht der herkömmliche Ballast aus Klötzen von 20 bis 30 kg,
        die unten im hohlen Kiel untergebracht sind. Diese Klötze sind mit abnehmbaren Stahlstangen verriegelt,
        und der gesamte Ballastraum ist vollkommen dicht verschraubt.
        Selbst bei einer Kenterung kann sich auf diese Weise nichts bewegen.“        
-     Legerwall-Situation :
        Stärker als jede Maschine sind die Segel.  (Dennoch ist eine starke Maschine hilfreich.)
        Allerdings muss das Schiff gut kreuzen können, um sich frei zu kreuzen.
        Das heißt der vordere Teil des Rumpfes muss relativ scharf sein
        Moderne Schiffe sind eher gerundet und für schnelle Mitwind-Kurse optimiert.

Fazit:     
    Leegerwall-Situationen um jeden Preis vermeiden. Wetterbericht!
    Standort laufend kontrollieren. Abstand halten!
    Ein Kartenplotter im Cockpit ist das wichtigste Navigationsgerät!

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8.     Materialermüdung bei GFK-Schiffen

GFK-Gelege bestehen aus einer Vielzahl von Glasfasern. Bei großer Belastung hält zwar der Gesamtverbund, einzelne Fasern brechen aber dennoch. Das kann sich viele Male wiederholen. Immer mehr Fasern brechen. Irgendwann merkt man es der Yacht an: sie gibt nach, biegt sich, ist "weich gesegelt" .
Eine weich gesegelte Yacht ist strukturell geschädigt. Wenn dann eine übermäßige Belastung eintritt – z. B. Fall in ein Wellental  – kann es passieren, dass der Motor nach unten durchbricht.    
Ich habe gelesen, dass auch einige "Zusammenstöße mit Walen" (Folge: Wassereinbruch und Yachtverlust) eher auf Materialermüdung zurückzuführen waren.     (Leider kann ich die Quelle nicht mehr angeben.)

Vor einigen Jahren verschwand eine deutsche Yacht mit einem jungen Seglerpaar spurlos in einem Sturm in der Nähe Kap Hoorns.
Es handelte sich um eine gebrauchte GFK-Yacht, die schon zweimal über den Atlantik gesegelt worden war.
Die Yacht hatte einen durchs Deck geführten Mast, der auf dem Kiel aufstand. Deshalb nahm man an, bei der vermuteten Kenterung habe der Mast die Deck-Rumpf-Verbindung aufgerissen.
Ich glaube eher, dass das Motorfundament mit Motor beim Aufsetzen der Yacht im Wellental durchgebrochen ist.

Maßnahmen:
Es gibt nur eine "Maßnahme"
sich nicht einem weich gesegelten Schiff anzuvertrauen.
Wer sich ein gebrauchtes GFK-Schiff zulegt, mit dem er einen ernsthaften Törn plant, sollte insbesondere die Einbettung des Motorfundaments und den Zustand des GFKs dort überprüfen lassen.
Siehe auch: Sturmtaktik / II Konstruktionskriterien für schweres Wetter / Kielverlust
                                                           - - - - -

 

9.  Auf Kollisionskurs
Das ist wohl die größte Bedrohung heute, vor allem wenn man einhand segelt. Denn irgendwann muss man schlafen.
Aber auch mit Crew kann so etwas passieren, z. B. bei unsichtigem Wetter.
Oder wenn die Radarreflektoren zu schwach sind:

          
Paul, Berufsskipper und unterwegs mit ALLY. Atlantik.
           Der Motor war ausgefallen. Dann kam die Nacht. Der Motor lief noch immer nicht.
           Es wird Mitternacht, kein Wind. ALLY dümpelt im Seegang.
           Ein sehr großes Schiff nähert sich, kommt näher und näher, ist auf Kollisionskurs.
          
Paul greift zum Mikro des UKWs.
                    Anruf:     
„Unknown ship. ...  from Ally.  Unknown ship ... from Ally.
                                    Our position ...
                                    We are in front of you."
                    Mehrfach.                    
                    Irgendwann Antwort:        
                                                     
"We cannot read you."     (Wir können dich nicht verstehen.)
                                
                (Später stellt sich heraus, dass das eigene UKW nicht funktioniert.)
           Das Schiff kommt näher und näher. Direkt auf ALLY zu.
           Es muss sich um ein wirklich großes Schiff handeln, die Zahl der Lichter und die Höhe über dem Wasser
           zeigen dies beängstigend.
          
Paul greift in höchster Not zum Hand-UKW.
                     Anruf:
                                   
  "…  We are in front of you."
                     Antwort (blendender Empfang):
                                                     
"Where are you exactly?"
                                   
                                   
  "Now 200 metres in front of you. …"
                                    
           Das Riesenschiff schwenkt ganz langsam nach Bb. Allzu langsam. Alle halten den Atem an ...
           Es ist ein Kreuzfahrtschiff und läuft in etwa 30 m Abstand an der Yacht vorbei.                
           Gerade noch!
              
  "13 Stockwerke!", sagt Paul, "ich habe sie gezählt."
   
                                                             - - - - -                                               

Trotz AIS kollidieren Schiffe.

Beschrieben hat Jessica Watson eine solche Situation in ihrem Buch „Solo mit Pink Lady“:
    
„Nachdem ich den Horizont abgesucht, das Radar überprüft und sowohl das AIS als auch meine Alarmsysteme
    eingeschaltet hatte, kletterte ich mit Schwimmweste und Sicherheitsgurt in meine Koje.   ---   
    Eine fürchterliche markerschütternde Explosion weckte mich …“  
Ein Tanker hatte Pink Lady gerammt.
Man fragt sich, wie das passieren kann … trotz AIS etc. Denn es gibt ja einen zweiten Beteiligten,
den Kollisionsgegner.
Auch er hat Radar und AIS, und die Wache auf der Brücke lag sicher nicht in der Koje!    
Jessica Watson schreibt:
  
 „Laut Statistik gab es seit 1990 38 Kollisionen oder Beinahekollisionen zwischen kleineren Booten
    und größeren Schiffen.
    In mehr als 50 Prozent aller Fälle haben die größeren Schiffe nicht angehalten …“

Maßnahmen
    Man sollte so viele ergreifen als möglich.
   
-   ALLY wurde auf dem Radar offensichtlich nicht "gesehen":
             "Übliche" Radarreflektoren sind unwirksam; durch
Tri-Lens-Reflektor ersetzen oder aktiven Radarreflektor .
    -  
AIS !    (Es gab zur Zeit des von Paul geschilderten Vorfalls noch kein AIS.)
            Über ein GPS-System werden die teilnehmenden Schiffe auf dem bordzugehörigen Bildschirm angezeigt.
            Die gewerbliche Schifffahrt ist ab einer bestimmten Schiffsgröße verpflichtet, sich mit diesem System
            auszurüsten, die Sport-Schifffahrt, Fischer u. a. können teilnehmen.
            Nur wer selbst sendet, kann gesehen werden!
    -  
UKW zu Beginn der Saison überprüfen.
    -  
Signalpistole (Patrone Weiß "Achtung!") bereit legen, wenn man in die Nacht läuft.
           Das habe ich von Horst Ö. Er hat in einer kitzligen Situation (vor Helgoland, nachts, Regen)
           Weiß geschossen, weil ein Kümo auf Kollisionskurs lag.
           Dasselbe machte der Fischer im Englischen Kanal: II / 16. Schwierige Situationen / Fahrt nach Irland
    -  
Hand-UKW bereit legen.          
                    (...  von Paul gelernt.)

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10.   Monsterwellen

Das Schicksal der Morning Cloud
Wikipedia:
  
 Morning Cloud was the name given by the British politician Edward Heath to a series of five yachts
    which he owned between 1969 and 1983. ...        
    No. 3:  Designed by Sparkman and Stephens, length 45 ft, hull material wood, constructed by Lallows (UK),
    year of launch 1973. It was used in the Admiral's Cup of that year, but Heath was only on board for the
    Fastnet race because of other commitments. It was lost at sea on 5 September 1974 when it was hit
    by a large wave while en route to Cowes from  Burnham-on-Crouch.
    Heath was not on board but two of the seven crew drowned. …

    Eine achtertliche See war genau beim Wachwechsel eingestiegen, war den Niedergang hinuntergedonnert,
    war mit ungeheurer Kraft durch das gesamte Schiff gerauscht und hatte, im Vorschiff, angekommen,
    das geschlossene Vorluk nach oben weggesprengt.
    So habe ich die Berichterstattung von damals in Erinnerung.                                        

Informationen zu Monsterwellen in:  "Sturmtaktik für Yachten" / IV Monsterwellen

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