Segeln mit Yachten                                           

                                                                                                     2.   Kiel                                        
Tiefgang
Je tiefer der Kiel hinab reicht, desto höher kann die Yacht an den Wind gehen.
Eine Forna mit Tiefgang 1.90 m  könnte 3 Grad höher an den Wind gehen als mit 1.70 m.
Wie alles bei Schiffen gibt es Vor- und Nachteile:
-    Vorteil: Größere Höhe. Bei Regatta-Schiffen unverzichtbar, bei Fahrtenschiffen auf langen Kursen gegenan ebenfalls bemerkbar.
-    Nachteil: in Revieren mit geringerer Wassertiefe, z. B. Kanäle, Wattengewässer, Hafeneinfahrten mit Barre
Tiefgang 1.70 - 1.80 m ist ein guter Kompromiss.

Profil
Der Konstrukteur greift normalerweise auf ein bewährtes Profil zurück.

Befestigung des Kiels    
... mit (seewasserbeständigen) Niro-Schrauben.
Durchrostung bedingt Kielverlust. Wenn Stahl, dann wenigstens verzinkt.
 
Opferanoden: wenigstens eine an jeder Seite.
 
Erdung (Blitzschutz)
Epoxy ist nicht leitend. Wenn die Kielsohle leitend bleiben soll, darf sie nicht mit Epoxy versiegelt werden.
Zinkfarbe verhindert Rost und leitet, wird aber abgebaut.
Beste Lösung wäre, den Kiel aus einem nicht-rostenden Material zu machen. (In Italien wird dies anscheinend praktiziert.)
s. weiter unten: Rostschutz / Blitzschutz

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Summertime   
Konstruktion:   
Der Kiel besteht aus einem Rahmen aus Stahl und wurde mit Blei ausgegossen, anschließend wasserdicht verschweißt.
Kiel und Rumpf sind miteinander verbolzt und mit Epoxy verklebt.
Befestigung:    (seewasserbeständige) Niro-Schrauben
Ballastanteil:    43.57     %
                      Es könnten noch 200  kg Trimmballast hinzugefügt werden.
Kielhöhe:        1,10 m, dadurch Tiefgang der Yacht: 1.70 m

Rostschutz / Blitzschutz
Die Kielsohle wurde mit Zinkfarbe gestrichen, dann Antifouling.
Dadurch sollte die Kielsohle elektrisch nicht versiegelt (Erdung; Blitz), aber rostgeschützt sein.
Diese Methode funktionierte in den nördlichen Gewässern, im Mittelmeer hat sie sich nicht bewährt: die Sohle des Kiels rostete stark.
Der technische Leiter der Marina hat mir von nicht erprobten Techniken abgeraten.
Deshalb wurde der Kiel mit Epoxy ummantelt (2017).
Nachtrag:  2018 bin ich in ein Gewitter geraten. Da kommt man schon ins Grübeln ...
Meine Not-Lösung: 4 Scheibenanoden am Kiel.
Ausführliche Darstellung in II / 12. Blitzschutz

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Kielverlust    (aus: "Sturmtaktik")
Von 1984 bis heute (Sept. 2018) haben sich "... je  nach Quelle zwischen 75 und 80 … Kielverluste … ereignet;

     über die … Dunkelziffer kann nur spekuliert werden."
Schadensursache: "Klarer Favorit sind … heftige Grundberührungen, die zu einer Schwächung der Rumpf-
und Kielstruktur und so zum späteren Kielabriss führten."                             (aus: „Albtraum Kielverlust“, Palstek 5/18)

Ich gehe davon aus, dass es sich vorwiegend um GFK-Schiffe handelt.
Ein Fall ist der Untergang der CHIKI RAFIKI : Kenterung nach Kielverlust, 4 Tote.    
                                                                                https://en.wikipedia.org/wiki/Cheeki_Rafiki    

GFK besteht aus vielen einzelnen Glasfasern, die durch Harz miteinander verbunden sind.
Bei hoher Krafteinwirkung brechen einzelne dieser Fasern, nicht das ganze Bündel.
Bei der nächsten Krafteinwirkung wieder ... und so fort.
GFK summiert, ohne dass man etwas merkt, diese Schäden und bricht, wenn eine bestimmte Grenze erreicht ist.
Wenn ein moderner Kurzkieler mit seinem Kiel heftig gegen Fels oder harten Sand stößt, wird der Kiel nach hinten gedrückt.
Durch den Hebel wird die vordere Seite des obersten Kielsegmentes nach unten (aus dem Rumpf) gerissen,
die hintere Seite nach oben (in den Rumpf) gedrückt.
Nicht immer kommt es zu einem Wassereinbruch; dennoch dürfte das Laminat besonders in diesen Zonen beschädigt sein.
Verstärkt wird die Problematik durch die modernen, auf Geschwindigkeit ausgelegten Konstruktionen:
     lange, schmale Kiele mit möglichst tiefem Gewichtsschwerpunkt.
Dies ergibt einen großen Hebel mit entsprechend hohen Kräften.

Eine Schwächung des Laminats erfolgt auch bei Wasseraufnahme.
Glasfasern nehmen in Verbund mit Harz Wasser auf; Polyester doppelt soviel Wasser wie Vinylester, und dieses wiederum
etwa doppelt soviel wie Epoxidharz
Ein Glasfaser-Laminat
-   mit Epoxidharz hat nach der Durchnässung noch etwa 90 % der Ausgangs-Schubfestigkeit,
-   mit Vinylester noch rund 80 %,
-   mit Polyesterharz nur noch 65 %.    
                                                                           (Daten aus: "Klebrige Sache" von Ralf Weise, Palstek 2/10)
Umso notwendiger ist eine perfekt isolierende Schutzschicht, am besten mit Epoxidharz.
Wenn das Laminat Risse hat (Grundberührung), wird noch mehr Wasser aufgenommen. 
Aber auch Rumpfdurchbrüche und ungeschützte Bohrungen im Bilgenbereich sind mögliche Schwachstellen.

Schwierig einzuschätzen ist die Belastbarkeit alter GFK-Schiffe (Versprödung, Materialermüdung).
Denn bei einem "weich gesegelten" Schiff ist im Prinzip das gleiche passiert wie bei einer Grundberührung, nämlich der Bruch von Glasfasern;
nur eben nicht durch eine einzige heftige Überlastung sondern durch wiederholte, geringere Belastungen, die sich summieren.
Im Endstadium ist möglicherweise nicht einmal eine Grundberührung mehr nötig, um den Kiel ausbrechen zu lassen;
es genügt vielleicht die abrupte Bewegung einer heftigen Welle.

Als Eigner einer GFK-Yacht sollte man sich der Grenzen des Materials bewusst sein.
-     Haarrisse im Laminat, die mit dem Kiel in Zusammenhang gebracht werden können, sind Alarmsignale.
-     Nach einer Grund-Kollision wird man eine Überprüfung durch einen Sachverständigen veranlassen.
        Dieser kann zusätzlich zu einer Feuchtemessung eine Ultraschallprüfung vornehmen; allerdings lässt sich
        der Grad der Schädigung nicht exakt ermitteln.                                                      (nach R. Weise; Email, Okt. 2018)
-     Wenn GFK Wasser aufnimmt, liegt ein ernsthafter Fehler vor.
        Jeder Eigner kann mit einem Messgerät feststellen, ob der Rumpf seines Schiffes Wasser enthält.
        Besonders prüfen sollte man:
           -   die Kielanbindung,
           -   das Laminat unterhalb des Motorenfundaments
           -   und das Ruderblatt (Delamination).

Messgeräte für Materialfeuchte    (Informationen nach www.conrad.de)
-    Im Prinzip gibt es zwei Geräte-Typen:
        -    Geräte mit Spitzen, die in das Material eingestochen werden müssen (invasiv)
        -    Geräte, die die Feuchtigkeit durch Auflegen ermitteln (kapazitiv).
-    Messtiefe kapazitiver Geräte:  „in der Regel … 10 – 40 mm“
-    Qualität, Preis:
     "Einfachere Geräte eignen sich für … Einschätzungen, ob … ein Feuchteproblem vorliegen könnte."
     "Besser ausgestattete (Geräte) … liefern Anzeigewerte des prozentualen Feuchtegehalts anstelle von
     dimensionslosen Indexwerten."
-    Zur Bewertung eines gemessenen Wertes müssen Grenz- oder Durchschnittswerte bekannt sein.

Ralf Weise,  "Schreckgespenst Osmose" (Palstek 4/15):
-   "Der Wassergehalt (eines Laminates) liegt in der Regel unter 2 %  …"
-   Unmittelbar nach dem Kranen ist der Rumpf feucht.
     Das Schiff sollte einige Wochen an Land gestanden haben, bevor man misst.
-   Messen des Laminats:  über der Wasserlinie und unter der Wasserlinie.
     "Liegt die Laminatfeuchte im Unterwasserschiff mehr als 30 Prozent über der des Überwasserschiffes,
     ist dies als bedenklich anzusehen.“    

     (Anm.: Das gilt für Osmose, aber vermutlich auch grundsätzlich.)

R. Weise stellt 3 Messgeräte vor; das "Protimeter Aquant" von Heylo ist das am wenigsten teure:
    Angebote zwischen ~ 355,- und ~ 400,  € (Okt. 2018).
Die Firma Conrad bietet ebenfalls Feuchtigkeits-Messgeräte an, wesentlich preisgünstiger.      www.conrad.de    

Wenn die Messwerte Anlass zur Besorgnis geben, wird man einen Sachverständigen einschalten.
Ein Laie kann keine gültigen Aussagen treffen; zu viele Einflussfaktoren sind zu berücksichtigen.  
                                                

                                                                                                                                  2017, Ergänzungen 2018