Segeln mit Yachten                          


                                                                                                     9.   Wellenanlage, Propeller
 

-     Wellenanlage

Saildrive oder Wellenanlage
Saildrives lassen sich wesentlich schneller einbauen. Es ist also auch eine Kostenfrage.
Allerdings wird für Saildrives ein großes Loch in den Rumpf geschnitten,
das mit einer einfachen bzw. einer doppelten Gummiplatte abgedeckt wird.
Ich halte das für eine Schwachstelle.

Welle
Als Welle eignen sich nur möglichst korrosionsfeste Stähle.
Michael Herrmann empfiehlt nickelhaltige Stähle, z. B. 1.4539, oder Duplexstähle, z. B. 1.4462.
Die Firma Vetus empfiehlt Remanit.
 
Remanit ist ein besonders rostfreier Stahl.
Gegenüber AISI 316  hat Remanit eine etwa um 30 % bessere Zugfestigkeit und eine um ca. 40 % größere Härte.
Dadurch könnte die Welle dünner genommen werden.
Man kann aber auch die höhere Festigkeit als Sicherheitsreserve beibehalten.
   Dafür haben wir uns entschlossen.

Drucklager
Normalerweise wird der Propellerschub auf das Getriebe bzw. den Motorblock übertragen.
Dieser steht mit seinen Füßen auf dem Motorfundament, und dieses auf dem Schiffskörper.
Letzten Endes wird also der Propellerschub von den Motorfüßen und deren Befestigungen aufgenommen.
Man kann – als Alternative – eine Art Schott zwischen Welle und Getriebe einlaminieren und dort ein Stau-Drucklager einbauen.
Dann wird der Propellerschub von diesem Schott aufgenommen. Der Motor selbst bleibt druckfrei.
Das ist sicherlich die sauberere Lösung, kostet aber.
Der Konstrukteur unserer Yacht hat mich dahingehend beraten,
dass die Motorfüße den Propellerschub ohne weiteres aufnehmen können.
Es funktioniert anstandslos.

Stopfbuchse
Moderne Wellenanlagen sind wassergeschmiert und haben als Stevenrohr-Dichtung eine Lippendichtung aus Gummi (Volvo).
Diese sind im Prinzip wartungsfrei, zuverlässig und obendrein wesentlich billiger.
Zu Beginn der Saison muss
     -     ~ 1 cm Fett in diese Dichtung gedrückt werden.
     -    Wenn das Schiff  ins Wasser gesetzt wird, muss man außerdem die Dichtung etwas pressen,
           so dass ein Tropfen Wasser austritt.
Gummi verschleißt nach ca. 5 Jahren. Dann sollte die Gummidichtung ausgewechselt werden.
 
Nachtrag:
Michael Herrmann beleuchtet sehr detailliert in "Wellendichtungen, Stopfbuchsen, Packungen" die Vor- und Nachteile
der verschiedenen Systeme,
wie man Packungen auswechselt und einstellt, Reparaturen und die Möglichkeiten, eine feste Stopfbuchsen
durch eine Gummi-Lippendichtung zu ersetzen.
                                                                                                                  (Trans-Ocean, 1/2021)

Opferanoden       
       ...   an Welle und Propellernabe anbringen.

Spiel der Welle in ihrem Lager
„Meist handelt es sich um wassergeschmierte Lager aus Gummi oder Neopren. Einige Zehntelmillimeter
sind noch in Ordnung – spätestens bei einem Spiel von 1 Millimeter muss das Lager ... ausgetauscht werden.“  
                                                                         (Ralf Weise, "Blick unter die Haube" in: Palstek 5/19)
                                  

-     Propeller

Zahl der Flügel
     -    Der Wirkungsgrad eines Zweiflüglers ist geringfügig besser (2 – 4 %) als der eines Dreiflüglers.
     -    Der Schleppwiderstand ist gleich bei gleicher Flügelfläche, d. h. gleicher Leistung.
     -    Dreiflügler laufen deutlich ruhiger; Zweiflügler erzeugen weit stärkere Vibrationen.
Deshalb werden nirgends Zweiflügler verbaut, ausgenommen an Segelschiffen.
                                                                         (Infos nach Palstek 5/2011, Michael Herrmann)

Falt-, Drehflügel-Propeller

Faltpropeller
Der Faltpropeller ist, nach H. Körner, Konstrukteur bei Van-de-Stadt-Design, die billigste Lösung,
um ein Schiff schneller zu machen.
Allerdings ist die Leistung in Rw-Fahrt schlechter.
"Unzählige Tests haben inzwischen bewiesen, dass ein Festpropeller einen zirka zehnfachen (mitlaufender Propeller)
bis zwanzigfachen (feststehender Propeller) Schleppwiderstand eines Faltpropellers besitzt.
Daraus kann sich eine Geschwindigkeitssteigerung von bis zu zwei Knoten durch den Einsatz eines Faltpropellers ergeben." 
                                                                                                                                                   (Palstek 1/23)
Drehflügelpropeller
Die Flügel können gedreht werden, d. h. gleiches Profil für Vorwärts- und Rückwärtsgang.
Der Vorteil: Rückwärts gleicher Schub wie vorwärts. Wenn man aufläuft, ist dies wichtig.
Dies ist ein ernsthafter Grund, einen Drehflügler ins Auge zu fassen. Jeder sitzt mal auf!
Nachteil: Drehflügel hätten zu viel empfindliche Technik, sagte man mir. Und: Preis.

Propellerberechnung
Größe und Steigung werden heutzutage mit Computerprogrammen berechnet.
(Ich hab drei Hersteller um ein Angebot für meine Yacht gebeten, die Ergebnisse der Berechnungen waren identisch.)
Wenn der Propeller eigens angefertigt wird, kann man gewisse Wünsche einfließen lassen, z. B.in Bezug auf Optimierung
-    hinsichtlich max. Geschwindigkeit
-    oder max. Kraftentfaltung bei geringerer Geschwindigkeit.
        (Ich habe mich für letzteres entschieden, weil ich es für wichtig halte, evtl. gegen Seegang
        in einen Hafen noch einlaufen zu können.)
"Wer auf ´Voraus´ optimiert, muss für ´Rückwärts´ nehmen, was übrig bleibt", erklärte SPW.

Leine in der Schraube
Sie werden durch die sich drehende Welle aufgewickelt und verklemmen oder – schlimmer – sie werden zusätzlich
in die Wassereintrittsöffnung für die Welle hineingezogen.
Eine Leine im Propeller macht jeden Skipper hilflos.
Ein Vorteil von Langkielern ist, dass ein langerKiel die Leine nach unten drückt, sie also in der Regel nicht in die Schraube gelangt.

     Leinenschneider
     Das ist eine Scheibe als Messerklinge (mit Zahnung). Sie wird vor dem Propeller auf die Welle gesetzt
     und schneidet die böse Leine ab, wenn sie sich straff zieht.


Soll der Propeller beim Segeln  mitlaufen oder soll er festgestellt werden?
Ein feststehender Propeller bremst, vor allem wenn er frei steht und zusätzlich mehrflügelig ist.
Ein zweiflügeliger Propeller genau hinter einem Langkiel hochgestellt, bremst kaum.
Wenn man den zwei- oder mehrflügeligen Propeller mitlaufen lässt, vermindert sich der Bremseffekt.
Aber:
     -    Geräusch der mitlaufenden Wellenanlage
     -    Verschleiß im Getriebe.
     Nach Berichten aus TO mussten bei Atlantik-Überquerungen häufig die Getriebe erneuert werden,
     wenn der Prop mitlief.

Das wird man vermeiden wollen.
Deshalb wird allenthalben empfohlen, den Prop festzusetzen, und zwar durch Einlegen des Rückwärtsganges.

Nachtrag: Demgegenüber schreibt M Herrmann (in: TO, April 2018)
"Unter Segeln mitlaufende Propeller verursachen zwar Lärm und minimalen Verschleiß, bremsen jedoch deutlich weniger als festgesetzte." Und zwar etwa um die Hälfte.
Die Getriebehersteller behandeln das Thema unterschiedlich; Yanmar untersagt für alle Marinediesel das Festsetzen.
-   Hydraulisch geschaltete Getriebe können nicht stillgesetzt werden.
-   Mechanisch geschaltete Getriebe mit Konuskopplungen können bzw. dürfen nicht stillgesetzt werden:
    bei rutschender Kupplung kann sie nach kurzer Zeit verschlissen sein.
-   Mechanisch geschaltete Getriebe mit Mehrscheibenkupplung:
    "Nur wenige Getriebe bieten ... eine Wahl. In der Mehrzahl der Fälle entscheidet ... der Hersteller,
    dass das Getriebe nicht stillgesetzt werden darf."
M. Herrmanns Fazit:
"Selbst wenn man den Festflügelpropeller feststellen darf, lohnt es sich nur, wenn man Zeit hat – die Yacht wird deutlich langsamer –
und geräuschempfindlich ist. In allen anderen Fällen sollte man den Propeller mitdrehen lassen."
                
Meine Empfehlung: Faltpropeller !
Dann erübrigen sich alle diesbezüglichen Überlegungen.
 
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Summertime
Ich habe mich für einen drei-flügeligen Faltpropeller entschieden: den Variofold von SPW.

Außerdem fahre ich seit 2 Jahren einen Leinenschneider auf der Welle.
 
Literatur:
-   Michael Herrmann, „Technik unter Deck“, Palstek-Verlag
-   www.yachtinside.de
                                 
                                                                                                                                                  Dez. 2016