9. Astronomische Navigation
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9. Astronomische Navigation
Einfach
1. Überblick
2. Nordsternbreite
Begriffe
3. Sextant
Begriffe
4. Mittagsbreite
Für Fortgeschrittene
5. Umrechnung Zeit in Bogenmaß
6. Mittagslänge, Mittagsposition (Mittagsbesteck)
7. Standortbestimmung aus 2 Messungen
Begriffe
8. Tagbogen-Verfahren
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1. Überblick
Eigentlich wurde das Zeitalter der Astronavigation abgelöst durch die Satelliten-Navigation. Denn auch mit einem Hand-GPS kann man weltweit seine Position feststellen.
Bei einem Gewitter kann es allerdings passieren, dass die gesamte Elektronik, also auch der Hand-GPS, ausfällt. Man müsste ihn wenigstens in eine Metallkassette gesteckt haben.
Wenn man ehrlich ist, ist es einfacher, genau dies zu tun, als sich das Wissen der Astro-Navigation anzueignen.
Dieses Wissen ist allerdings auch Prestige-Können eines Kapitäns.
Wer eine Yacht hat und Hochsee-Segeln betreibt, will wissen, wie man mit einem Sextanten die eigene Position auf See bestimmt. Das erst macht ihn zu einem wirklichen Kapitän.
- Sextant
Es muss kein hochwertiger Sextant sein, ein Kunststoff-Sextant tut es. Die Abweichung ist nicht so groß, wie gerne dargestellt wird.
Preise (Nov. 2018):
- Davis, „MK 15“ (Kunststoff) ab ~ 235,- €
- Davis „MK 3“ (Kunststoff) 71,50 €
Mit dem preiswertesten Sextanten von Davis allerdings habe ich keine Erfahrung.
- Cassens & Plath, „Professional“ (Messing) ab ~ 900,- €
- Künstlicher Horizont, Libellenaufsatz (Cassens & Plath) ~ 850,- €
Wer sich eingehend mit der Astronavigation beschäftigt, wird einen hochwertigen Sextanten erwerben. Er kann zusätzlich mit einem Künstlichen Horizont („Libelle“) ausgerüstet werden. Dieser ist in der Nacht notwendig, denn dann ist die Kimm (Horizont) nicht exakt zu erkennen, auch wenn es so scheint.
Erst mit dieser Zusatzausrüstung sind Messungen des Nordsterns (Nordsternbreite) oder anderer Gestirne machbar.
- „Sonne schießen“ (Abstand Kimm – Sonnenunterrand messen)
Dazu muss man wissen, wie man mit einem Sextanten umgeht: Messung, Fehlerberichtigungen.
Für die Auswertung der Messungen gibt es verschiedene Möglichkeiten (in ansteigender Schwierigkeit):
- Rechner
Am einfachsten ist, sich einen Rechner mit einem astronomischen Rechenprogramm zu kaufen.
Gute Programme enthalten alle astronomischen Berichtigungswerte.
Man misst die Höhe eines Gestirns, gibt die Werte ein, misst 4 h später erneut und erhält seine Position.
Nachteilig ist, dass man mindestens 4 h warten muss, um einen brauchbaren Standort zu bekommen.
Dieser lange zeitliche Abstand wäre beim Tagbogenverfahren nicht notwendig.
Das Verfahren wurde von Dr. Ralf Lampalzer, meinem Sohn, erfunden und 1988 veröffentlicht.
Das Programm konnte mit Rechner von ihm bezogen werden. Man hat mehrfach innerhalb einer Stunde
gemessen, die Werte eingegeben, und man erhielt die eigene Position.
Konnte!
Das Verfahren müsste neu programmiert werden. Denn mittlerweile haben sich Rechner und
Programmiertechnik weiterentwickelt.
Näheres unter „Tagbogenverfahren“.
- Nordsternbreite
Die Messung des Nordsterns ergibt unmittelbar die Breite des Beobachters. Es ist ein leicht zu durchschauendes Verfahren.
Leider benötigt man den eben erwähnten „Künstlichen Horizont“, um den Nordstern zu „schießen“.
Die klassische Methode, um die eigene Position zur Mittagszeit (Kulmination) zu bestimmen (weil einfach und etwa in einer Stunde abzuarbeiten) ist die …
Auch ohne Rechner lässt sich relativ einfach die eigene Position bestimmen, und zwar wenn die Sonne kulminiert, d. h. am Schiffsort im höchsten Punkt ihrer Bahn steht.
Die „Mittagsposition“ ergibt sich aus zwei Teilen: Mittgsbreite und Mittagslänge
- Mittagsbreite ( auch Mittagshöhe)
Wenn die Sonne am Schiffsort kulminiert, steht sie auf der Nordhalbkugel der Erde an diesem Ort genau im Süden.
Der Höchstand der Sonne ist mit dem Sextanten relativ leicht zu ermitteln:
Man misst mit dem Sextant den Winkel zwischen Horizont und Unterrand des Gestirns zum Zeitpunkt
der Kulmination (Höchstand), berichtigt diesen Wert um die notwendigen Korrekturen,
schlägt die Deklination der Sonne (s. Begriffe) im aktuellen Nautischen Jahrbuch (NJ) nach und berechnet
nach einer einfachen Plus-/Minus-Formel den Breitengrad, auf dem sich die Yacht befindet.
(Das NJ kann bei jeder Buchhandlung, den Yachtausrüstern oder bei HanseNautic bezogen werden.
Die Werte wiederholen sich alle 4 Jahre, sagt Clark Stede. Deshalb sollte man das Nautische
Jahrbuch aufheben.)
Mit der Mittagsbreite mussten die Seeleute sich Jahrhunderte lang zufrieden geben,
denn um die Länge eines Schiffsorts zu bestimmen, bedarf es einer sekundengenau gehenden Uhr.
- Mittagslänge
Benötigt wird eine sekundengenau gehende Uhr. Und um auftretende Fehler zu kompensieren, ein Zeitzeichen. Dieses erhält man auf Kurzwelle.
(Zeitzeichensender z. B. USA, Fort Collins, zu jeder vollen Stunde auf 2,5 MHz, 5 MHz, 10 MHz, 15 MHz, 20 MHz.)
Also braucht man zusätzlich einen einfachen Kurzwellenempfänger.
Mit Hilfe zweier höhengleicher Sextantmessungen knapp vor und hinter der Kulmination der Sonne und deren zeitlicher Mitte kann man exakt bestimmen, wann genau am eigenen Ort Schiffsmittag ist, die Sonne also am höchsten steht.
In Greenwich, am Null-Meridian kulminiert die Sonne um exakt 12.00 Uhr UTC. Aus dem Zeitunterschied von der Mittagszeit der Sonne in Greenwich (im Nautischen Jahrbuch nachschlagbar) und der lokalen Mittagszeit lässt sich die Länge der eigenen Position errechnen.
- Mittagsposition (Mittagsbesteck)
Es ist die Kombination aus Mittagsbreite und Mittagslänge in einem Arbeitsgang.
Man erhält die Mittagsposition mit Hilfe von drei Messungen am Schiffsmittag, kurz davor und in gleichem Abstand kurz dahinter.
Völlig stressfrei, weil ohne Zeit- und Messdruck, würde man die Mittagsposition mit dem
Tagbogenverfahren erhalten.
Die Mittagsposition ist hier kein Spezialfall, nur die Umstände sind besonders günstig.
Fast alle Einhand-Segler dürften bis zur Erfindung von GPS und Seekartenplotter ausschließlich mit dem Mittagsbesteck navigiert haben. Das beweist schon ihre Streckenaufzeichnung in Form von Etmalen (= die zurückgelegte Meilenzahl von Mittagsposition zu Mittagsposition).
Literatur
- Helmut Knopp, Astronomische Navigation, Busse Seewald
- Mary Blewitt, Praktisches Navigieren nach Gestirnen, Klasing
Leider wird dieses Büchlein nicht mehr aufgelegt.
- BSH, Nautisches Jahrbuch – Ephemeriden und Tafeln, (jährliche Ausgabe)
Internet
- Wikipedia
- www.astronavigation.net ("Volkers Crashkurs Astronavigation")
Sehr anschaulich, sehr klar.
- Davis Instruments Corp., „How to find your position with the Masters Sextant“
https://www.davisinstruments.com/product_documents/marine/manuals/00026-710_IM_00025.pdf
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2. Nordsternbreite
Wie findet man den Polarstern?
Wenn man die Hinterachse des Großen Wagens (auch: Großer Bär) 5 x verlängert, stößt man auf den Polarstern.
Er ist gleichzeitig der Deichselstern des Kleinen Wagens (Kleiner Bär).
Wikipedia:
Nordsternbreite
Das Verfahren ist sehr anschaulich geschildert bei
https://yachtschule-dreyer.de/images/sampledata/asimages/kurse/Astrokurs.pdf
Die „Nordsternbreite“ ist einfach zu durchschauen.

*: Sonne (aufgrund der – nahezu unendlich weiten – Entfernung ist die Blickrichtung
für Beobachter in Z und O parallel!)
Z: Ort, über dem die Sonne im Zenit steht
O: unbekannter Standort des Beobachters
O′: Menge der möglichen Standorte des Beobachters nach erster Messung
Zur besseren Deutlichkeit sollte man auf die Originalseite von Wikipedia gehen und die Vergrößerung anklicken.
Wichtig für das Verständnis ist, dass die Lichtstrahlen eines Gestirn parallel auf die Erde auftreffen, weil es (nahezu)
unendlich weit entfernt ist.

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I) Auf welchem Breitengrad man auch den Nordstern misst, immer ergeben der gemessene Winkel h (Höhe)plus die davon abhängige Zenitdistanz (ZD) 90 Grad.
h + ZD = 90
h = 90 - ZD
II) Der Winkel ZD wiederholt sich am Erdmittelpunkt (Wechselwinkel an Parallelen).
Auch hier liegt ein rechter Winkel vor.
ZD + φ (Phi) = 90
φ (Phi) = 90 – ZD
III) I und II lassen sich also gleichsetzen. Damit ist
h = φ (Phi)
In Worten:
Der gemessene Winkel entspricht dem Breitengrad des Beobachters.
Mathematischer fomuliert:
Die Polhöhe ist gleich der geographischen Breite des Beobachters.
Es gibt zwei Probleme:
- Der Nordstern steht nicht exakt über dem Nordpol. Er ist etwa um 1o davon entfernt.
Berichtigungstabellen findet man aber im Nautischen Jahrbuch. Dieses Problem ist demnach lösbar.
- Das größere Manko: Den Horizont kann man nachts nicht exakt erkennen. Auch nicht bei Vollmond.
Man kann daher nachts eigentlich keine Sextant-Messungen vornehmen. Es sei denn, man verwendet einen „Künstlichen Horizont“.
Dieser Sextant-Zusatz, der den fehlenden Horizont einspiegeln kann, ist leider ziemlich teuer.
(s. 1. Überblick)
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Begriffe
Verwirrend! Denn es gibt deutsche, englische, lateinische und griechische Fachbegriffe und dazu die jeweiligen Abkürzungen.
Geographische Breite

Breitenkreise
• Orte mit derselben Breite liegen auf einem Breitenkreis, auch Breitenparallel oder Parallelkreis genannt.
• Zur Identifikation eines Punktes auf der Erdoberfläche – zur Bestimmung seiner geographischen Lage – wird zusätzlich zur Breite die Angabe seiner geographischen Länge (auch Längengrad) benötigt. …
Die geographische Breite wird traditionell … mit Grad, Minuten und Sekunden angegeben, wobei ein Grad 60 Minuten und eine Minute 60 Sekunden entsprechen (wie in der Zeitangabe). Bei Dezimalgrad werden Nachkommastellen angegeben. ...
Der Abstand zwischen zwei Breitenkreisen, deren geografische Breite sich um 1° unterscheidet, beträgt immer … 60 Seemeilen. …
Fehlt die Angabe N oder S, so stehen positive Werte für nördliche Breite und negative für südliche Breite.
Bei der Angabe von Ortskoordinaten ist die Breite stets zuerst anzugeben, dann erst die Länge: „B vor L, wie im Alphabet“. Bei den englischen Bezeichnung „Latitude“ und „Longitude“ funktioniert die alphabetische Regel ebenso. Ihren Grund hat diese Konvention in der Geschichte: die Breite konnte bereits Jahrhunderte vor der Länge ziemlich exakt bestimmt werden.
Beziehung zwischen Zenit, Nadir und Horizont
Bis hierher Wikipedia.
Höhe, Höhenwinkel (h, Altitute, ALT)
So heißt der mit dem Sextanten gemessene Winkel zwischen Horizont und Gestirn.
Claviez: … der Winkelabstand Horizont- Gestirn.
Zenitdistanz (ZD, Zenitwinkel, z; auch Phi, φ)
Der Zenit steht im der 90 o-Winkel zum Horizont.
Bei einer Gestirnsmessung wird der Winkel Horizont – Gestirn gemessen.
Der Winkel zwischen Höhenwinkel und Zenit heißt Zenitdistanz.
Blewitt: Die Zenitdistanz (ZD) ist der Komplementärwinkel der Höhe.
Höhe plus Zenitdistanz ergeben immer 90 o.
H plus ZD = 90
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3. Sextant
3.1 Sextant
3.2 Messfehler-Berichtigung
3.3 Messen einer Gestirnshöhe
3.4 Beschickungen
3.5 Künstlicher Horizont
Begriffe
Wer sich ernsthaft mit Gestirnsmessungen beschäftigen will, sollte sich ein Lehrbuch zulegen.
Ich empfehle: Helmut Knopp, Astronomische Navigation
Der Sextant ist ein Winkel-Messgerät.

Limbus Gradbogen mit Winkelskala
Alhidade beweglicher Zeigerarm
Index Zeigerstrich
Trommel Einstellmechanismus zum Ablesen der Grade;
eine Umdrehung der Mikrometerschraube verschiebt die Alhidade um 1 o
Nonius Hilfs-Maßstab, vergleichbar mit Rechenschieber;
er gestattet das Ablesen von Zwischenwerten
Indexspiegel Spiegel auf der Alhidade und mit ihr beweglich
Horizontspiegel der feste, unbewegliche Spiegel (halb verspiegelt)
Blendgläser Schattengläser, verdunkelte Gläser
- Funktionsweise
Vor dem Fernrohr des Sextanten ist ein Spiegel fest angebracht (Horizontspiegel), der aber nur zur Hälfte verspiegelt ist. Die andere Hälfte ist “Fensterglas” und durchsichtig.
Wenn man durch das Fernrohr blickt, kann man daher z. B. eine Hälfte des Horizonts sehen.
Der zweite Spiegel ist weiter oben am Zeigerarm (Alhidade) angebracht und kann durch Bewegen des Zeigerarmes gekippt werden.
Bei einer "Winkelmessung" des Horizontes (mit 0 o) wird über den oberen Spiegel (Indexspiegel) das Bild des Horizontes in den unteren Spiegel geworfen, dort an der verspiegelten Seite (zur Hälfte) reflektiert und ins Auge des Beobachters geleitet.
Dieser sieht den Horizont zweimal: 1. Hälfte direkt, zweite Hälfte über die Reflexionen der Spiegel indirekt.
Insgesamt sieht man nun einen scheinbar durchgehenden Horizont; in Wirklichkeit besteht das Bild des Horizontes aus zwei Hälften.
Wenn man den Zeigerarm bewegt wird gleichzeitig der obere Spiegel gekippt. Der Betrag, um den bewegt wurde, ist als Winkel am Gradbogen ablesbar.
Nehmen wir an, die Sonne steht in etwa 30 Grad Höhe über dem Horizont.
Man würde zuerst Filter (Schattengläser) einfügen, um nicht das Auge zu schädigen.
Dann richtet man das Fernrohr auf den Horizont unterhalb der Sonne, Zeigerarm (Alhidade): 0 Grad.
Nun bewegt man den Zeigerarm, kippt also den Indexspiegel. Die verspiegelte Seite zeigt nun aufsteigend den Himmel, bis die Sonne ins Bild kommt.
Man misst normalerweise den Unterrand der Sonne. Man “holt” die Sonne auf den Horizont: der Zeigerarm mit Indexspiegel wird so weit bewegt, bis der (eingespiegelte) Unterrand der Sonne scheinbar den (direkt sichtbaren) Horizont berührt.
Dann liest man am Gradbogen die gemessene Gradzahl ab, an der Mikrometerschraube die Minuten und an der Noniusskala die Zehntelminuten.
Anschauliche Bilder bei (www.volker-lotze.de): www.astronavigation.net
- Vollsicht-Sextant
C. Plath, Handbuch:
Die Verwendung des Vollsichtspiegels erleichtert Messungen bei Tag und ist eine große Hilfe für den
ungeübten Navigator.
Durch das speziell beschichtete Glas des Vollsichtspiegels überdecken sich das Bild des Horizonts
und des Himmelskörpers, beide sind ungeteilt im ganzen Sichtfeld erkennbar. Dies erleichtert erheblich
das „Herunterholen“ des Himmelskörpers und die Kontrolle der senkrechten Haltung des Sextanten.
Allerdings absorbiert der beschichtete Horizontspiegel einen Teil des einfallenden Lichtes. Deshalb ist er möglicherweise für Sternenbeobachtungen nicht mehr optimal.
Ich persönlich habe keinen Vollsicht-Sextanten. Das Herunterholen der Sonne hat mir niemals Schwierigkeiten bereitet.
- Ablesen von Messwerten
Grad Der Zeigerarm hat über dem Gradbogen (Limbus) ein Fenster. Dort ist ein Messstrich angebracht.
Der darunterliegende Wert zeigt die gemessenen Grade an.
Liegt der Zeiger zwischen zwei Gradstrichen, gilt der kleinere Wert (rechts vom Strich).
Die Zwischenwerte (Minuten) liefert die Messtrommel.
Minuten Der Nullstrich der Noniusskala ist die Markierung für die Minutenablesung. Liegt der Nullstrich
zwischen zwei Minutenwerten, gilt wiederum der kleinere Wert.
Den Zwischenwert liefert die Noniusskala.
Sekunden, Zehntel Bei einer Schublehre kann man auf Hundertsel genau ablesen, beim Nonius
eines Sextanten nur auf Zehntel. genau. Man liest auf der Noniusskala den Teilstrich ab, der mit
einem Strich auf der Minutenskala der Messtrommel fluchtet.
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3.2 Messfehler-Berichtigung
Indexberichtigung (auch Indexbeschickung, IB): rechnerische Berücksichtigung kleiner Fehler
Der Fehler selbst heißt Indexfehler (auch Index-Error, IE)
Das ist zu tun:
Man stellt mit Hilfe des Zeigerarmes (Alhidade) und der Mikrometerschraube den Messwinkel des Sextanten auf 0o 0,0`. (Der Nullstrich der Nonius-Skala muss mit dem Nullstrich der Mikrometerschraube fluchten.)
Nun richtet man den Sextanten auf den Horizont. (Sextant lotrecht halten!) Die beiden Hälften des Horizonts (eine Hälfte direkt sichtbar, die andere Hälfte reflektiert durch Indexspiegel etc.) müssten eine durchgehende Linie bilden. Meist aber entsteht eine Stufe.
Mit Hilfe der Mikrometerschraube wird nun ein durchlaufender Horizont erzeugt.
Ein Blick auf den Zeigerstrich der Mikrometerschraube zeigt uns anschließend z. B. den Messwert 55,4`. Der Zeigerstrich am Limbus steht kaum merklich rechts von der Nullmarkierung, „unterhalb“ sozusagen. Der Sextant misst also um 4.6` falsch, zahlenmäßig zu wenig. (Indexerror IE also: - 4.6`).
Bei einer rechnerischen Berichtigung muss die Messung um diesen Wert aufgestockt werden. Indexberichtigung (IB) also: + 4,6`.
Generell:
Liegt die Anzeige „unterhalb“ der Nullmarkierung: negativer Indexerror.
Liegt sie dagegen „oberhalb“ der Nullmarkierung, ist der Zahlenwert also höher als Null,
muss um diesen Betrag bei der Korrektur vermindert werden.
„Negativer IE zu allen Ablesungen addieren, positiver IE subtrahieren.“
... so steht es in den Lehrbüchern (und Lehrbeispielen). Ich halte dies eher für verwirrend.
Besser ist, den Vorgang zu durchschauen.
Fehlerquelle ist Kopfrechnen. Daher immer schriftlich oder mit Rechner!
- Beispiel einer Indexberichtigung
Bei der Überprüfung (Horizontansicht) steht der Gradstrich auf 0o, die
Mikrometerschraube zwischen 1` und 2`, der Nonius fluchtet bei .6
Der Sextant misst also zu viel: Indexfehler (IE): 1.6
Um diesen Betrag muss korrigiert, hier abgezogen werden.
Indexberichtigung (IB): - 1,6
Dann Höhenmessung, z. B. Sonnenunterrand mit: 60o 45,3`
Sextantablesung: 60o 45,3`
IB - 1,6
Kimmabstand 60o 43,7`
- Einstellung der Spiegel
Wird der Indexfehler zu groß (M. Blewitt spricht von 3`, Knopp von 7`), sollten die Spiegel neu justiert werden.
Bei zu häufiger Betätigung leiern allerdings die Schrauben der Spiegelarretierung aus. Deshalb neige ich dazu, zumindest bei einem Kunststoffsextanten einen größeren IE zu tolerieren.
Eine Anleitung zur Justierung der Spiegel gibt das Handbuch zum Sextanten.
- Pflege, Reinigung des Sextanten
Reinigen mit einem weichen Fensterleder. Mit Süßwasser leicht anfeuchten, mit trockener Ecke trocknen. Fingerabdrücke: Leder mit Spiritus anfeuchten.
Zahnkranz des Limbus mit Bürste reinigen (Lieferumfang).
Nicht fetten! Fett gefährdet die Messgenauigkeit.
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3.3 Messen einer Gestirnshöhe (z. B. Sonnenunterrand)
Vorgang
- Sextant: IE und IB ermitteln
- Alhidade auf 0,0 o.
- Gestirn grob auf die Kimm herunterholen: dazu Alhidade langsam nach vorn bewegen.
Das Gestirn bleibt ständig sichtbar, bis es die Kimm erreicht.
Sperrklinke einrasten lassen.
- Danach eine volle Umdrehung mit der Mikrometerschraube und eine Drehung in Gegenrichtung.
- Exakte Messung
Rand des Gestirns exakt auf die Kimmlinie bringen. Pendeln: dabei Sextant
drehend hin und her bewegen = pendeln.
Das Gestirn beschreibt im Sextanten einen Kreisbogen. Der tiefste Punkt des Kreisbogens soll
gerade eben die Kimmlinie berühren.
- Uhrzeit festhalten, sekundengenau.
- Die „Sextanthöhe“ ablesen (Sextantablesung, unberichtigte Höhe).
- IE und weitere Korrekturwerte (Gesamtbeschickung) anbringen.
- Positionsberechnung
Wikipedia

Messung des Sonnenunterrandes
Wikipedia: Animation – Funktionsweise eines Sextanten.
Sehr anschaulich!
- Zeitnahme in der Praxis
Wenn zwei Personen zusammenarbeiten, ruft jener mit dem Sextanten im Moment der Horizontberührung ...
„Jetzt!“
Der Partner an der Uhr notiert die Zeit der Messung, sekundengenau.
Wenn man allein ist, wird es schwieriger:
Gut funktioniert es mit einer zusätzlichen Stoppuhr.
Empfehlenswert ist vor der Messung zu einer vollen Minute „einzustoppen“.
Uhrzeit notieren!
Im Moment der Sextantmessung (Horizontberührung) hält man die Stoppuhr an.
Die Zeit auf der Stoppuhr plus die notierte Einstoppzeit ergibt die Zeit der Messung.
Eine gute Einführung gibt Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Astronomische_Navigation
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3.4 Beschickungen (Korrekturen physikalischer Einflüssse)
Es gibt eine ganze Reihe physikalischer Einflüsse, die bei den Berechnungen beachtet werden müssen.
Höhe über dem wahren Horizont
Knopp: Der ... Kimmabstand Ka ist die Sextantablesung, korrigiert mit der Indexberichtigung.
Aber:
Der ... Kimmabstand eines Gestirns über der Kimm ist noch nicht die für die Rechnung benötigte Höhe über dem wahren Horizont. Um letztere zu erhalten, müssen eine Reihe von Korrekturen angebracht werden. Diese sind im Nautischen Jahrbuch ... zu einer Gesamtbeschickung (GB) zusammengefasst ...
Es handelt sich um folgende Einzelbeschickungen:
Halbmesser von Sonne und Mond, Kimmtiefe, Strahlenbrechung, Parallaxe.
Wikipedia
Der mit dem Sextanten gemessene Winkelabstand h zwischen dem sichtbaren Horizont (der sogenannten Kimm) und dem Gestirn muss mehrfach korrigiert werden, bevor er zur Berechnung der Position benutzt werden kann:
- Bei der Beobachtung von Sonne und Mond muss noch der halbe Durchmesser des Gestirns hinzugefügt oder abgezogen werden, je nachdem ob man die Unter- oder Oberkante beobachtet hat.
Anm.:
Die Höhe eines Gestirns ist auf den Gestirnsmittelpunkt bezogen. Der Radius der Scheibe von Sonne und Mond ist wegen wechselnder Erdentfernung veränderlich. - Die Höhe des Beobachters über dem Meeresspiegel, die sogenannten Augeshöhe – sie macht die Kimm überhaupt erst sichtbar – lässt einen zu großen Winkel messen (die Kimmtiefe).
Anm.: Höhe des Beobachter-Auges; sie verändert die Kimmentfernung.
Ah 1 m 2 3 4 5
Kimmentfernung 2 sm 3 3,5 4 4,5 - Die Lichtstrahlen der Gestirne werden in der Atmosphäre gebrochen. Diesen Effekt nennt man Refraktion ... und er ist umso stärker, je tiefer das Gestirn steht (je näher an der Kimm). Wenn die Sonne scheinbar untergeht, ist sie in Wahrheit schon etwa 0,6° tiefer. Die Refraktion nimmt für kleine Winkel stark zu (bei 5 Grad rund 10') und hängt von Lufttemperatur und -Druck ab. Deshalb vertraut der Navigator einer Messung bei Kimmabstand unter 10 Grad nur eingeschränkt.
- Die Formel ζ (Anm.: Zenitdistanz, ZD) = 90° − h gilt nur für unendlich weit entfernte Objekte. Der dadurch verursachte Fehler heißt Horizontalparallaxe. Sie ist bei der Astronavigation mit Sonne und Fixsternen vernachlässigbar, aber nicht für die Planeten (Korrekturen bis etwa 0,5′) und besonders beim Mond (bis zu 1° 02′).
Werte für diese Korrekturen finden sich ... als Tabellen im nautischen Almanach ...
Bobby Schenk vereinfacht die Gesamtbeschickung des N.J. noch einmal (bei 2 m üblicher Augeshöhe auf Yachten):
GB Sonnenunterrand gemessener Winkel Gesamtberichtigung
ab 20 o + 11`
ab 25 o + 12`
ab 40 o + 13`
Mit diesen wenigen Zahlen lässt sich eine Höhenwinkelmessung der Sonne ausreichend berichtigen.
Zusammenfassung
Sextantablesung + IB + GB = wahre Höhe
Beispiel:
Sextantablesung: 60o 45,3`, Ah 2 m, IE – 1,5 `
Gesucht: Wahre Höhe ?
Sextant: 60o 45,3`
IB + 1,5
Kimmabstand 60o 46,8`
GB (60 Grad, 2 m Ah) + 15,5 (60o 46,8`)
Zus.beschickung für Juni - 0,2 + 13`
60o 62,1`
60 ` = 1o + 1 - 60
Wahre Höhe (True Alt) 61o 02,1` 60o 59,8`
Das Ergebnis bei Schenk ist in diesem Falle um ~ 2` ungenauer. 1` entspricht 1 sm.
Schenk argumentiert, dass auf einem schwankendem Schiff die Fehler beim Messen deutlich größer sind und das Wohlbefinden des Skippers (Seekrankheit) wichtiger als ein scheinbar exaktes Ergebnis.
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Er wäre nötig, um nachts zu messen.
Es gibt entsprechende Vorrichtungen (Libelle) bei hochwertigen (teuren) Sextanten als Zusatzausstattung.
Damit aber sprengt es meinen Ansatz der „Einfachheit“, was durchaus gleichbedeutend ist mit „nicht zu teuer“.
Wikipedia:
Ein künstlicher Horizont … ersetzt den natürlichen Horizont, der die Grenzlinie zwischen der sichtbaren Erde und dem Himmel darstellt, wenn man den Horizont nicht sehen kann …
Die Darstellung des natürlichen Horizonts ist ohne weitere Hilfsmittel nur bei guten Sichtbedingungen auf dem Meer möglich, wo die Begrenzungslinie zwischen Himmel und Wasser (Kimm) als Horizontmarke dient. Bei schlechten Sichtbedingungen oder bei Beobachtungen auf dem Lande, wenn die Sicht auf die Kimm durch Häuser, Berge oder Vegetation versperrt ist, braucht man einen künstlichen Horizont in Gestalt einer exakt horizontal liegenden, spiegelnden Fläche (Quecksilber oder schwarz gefärbte, polierte Glasplatte oder Öl), die als Hilfsmittel zur Darstellung der Lotrichtung dient). Die Glasplatte (der künstliche Horizont) ruht in einer Metallfassung und wird durch drei Stellschrauben unter Verwendung von zwei Setzlibellen horizontiert.
Bei der Höhenmessung geht es darum, das betreffende Objekt mit dessen Spiegelbild zur Deckung zu bringen. Dabei entspricht der Winkel zwischen dem direkten und dem am künstlichen Horizont reflektierten Strahl der doppelten Höhe, ist also zu halbieren. Das hat auch eine Halbierung eines möglichen Fehlers der Höhenmessung zur Folge. …
Zum Üben kann man selbst einen einfachen, künstlichen Horizont herstellen:
einen Teller mit Wasser:
Man bringt das Gestirn mit seinem Spiegelbild zur Deckung und erhält dadurch die doppelte scheinbare Höhe. Für die Berechnung: Wert halbieren. Vorher IB anbringen.
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Begriffe
Nautisches Jahrbuch (NJ)
Wikipedia: Das Nautische Jahrbuch ist das amtliche Handbuch für die astronomische Navigation in der deutschen Hochseeschifffahrt.
Das Jahrbuch enthält die Ephemeriden von Sonne, Mond, den vier Navigationsplaneten (Venus, Mars, Jupiter und Saturn), des Frühlingspunktes sowie die festen Koordinaten der Navigationssterne für jeden Tag eines Jahres in einstündigem Abstand für Universal Time No.1 (UT1) … Unter Verwendung eines Sextanten und einer genau gehenden Uhr lässt sich aus diesen Daten die astronomische Ortsbestimmung durchführen….
Es ist in jeder Buchhandlung erhältlich.erhältlich.
Ephemeriden Wikipedia: Die Ephemeriden … sind die Positionswerte sich bewegender
astronomischer Objekte bezogen auf ein jeweils zweckmäßiges
astronomisches Koordinatensystem.
Nautical Almanach Englisches Pendant zum Nautischen Jahrbuch
Augeshöhe (Ah) Claviez: Die Höhe des beobachtenden Auges über dem Wasserspiegel.
Kimm Claviez: Auf freier See die Linie, in der Himmel und Erde sich zu berühren
scheinen, der sichtbare Horizont. Die Entfernung der Kimm vom
Beobachter ist abhängig von dessen Augeshöhe und beträgt mit großer
Annäherung e = 2,075 * Wurzel Ah
Kimmtiefe (Depression; depression of the horizon; dip of the horizon, Dip)
Claviez: Der Winkel, um den am Auge des Beobachters die Kimm unter dem
scheinbaren Horizont liegt, der Winkel, den die Tangente an die
Meeresoberfläche mit der Horizontalen bildet. Dieser Winkel ist abhängig von
der Augeshöhe des Beobachters und atmosphärisch bedingter Strahlenbrechung.
Sextantablesung (Alt Sext) der Wert, den der Sextant zeigt, ohne Korrektur
Indexfehler (Index-Error; IE) Fehler bei der Messung; zeigt die Trommel z. B. 58`,
dann ist der IE – 2, die Indexberichtigung (IB) + 2.
Indexberichtigung (-beschickung; IB) s. Indexfehler
wahrer Horizont Knopp: Der mit dem Sextanten gemessene Kimmabstand ... ist noch nicht
die für die Rechnung benötigte Höhe über dem wahren Horizont.
Um letztere zu erhalten, müssen eine Reihe von Korrekturen angebracht
werden. Nämlich die Beschickungen (s. Gesamtbeschickung).
Kimmabstand (Ka) Knopp: Sextantablesung korrigiert mit der Indexberichtigung
Beschickung Berichtigung, Korrektur; im engeren Sinne die physikalischen
Korrekturwerte einer Gestirnsmessung (nicht die Korrekturen am Sextanten)
Gesamtbeschickung (GB) alle physikalisch notwendigen Berichtigungen einer Gestirnsmessung
zusammengefasst in einem Tafelwert (s. Kimmabstand)
Höhenwinkel, Höhe (h) auch wahre Höhe (ho True Alt)
Der Winkel, der vom Standort des Beobachters zwischen Gestirn
und Horizont im Sextanten gemessen wird nach Indexberichtigung (IB)
und Gesamtbeschickung (GB).Gesamtbeschickung:
Sextantablesung + IB + GB = wahre Höhe
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Literatur
Knopp, Helmut Astronomische Navigation, 1986
Blewitt, Mary Navigieren nach Gestirnen, 1975
Claviez, Wolfram Seemännisches Wörterbuch, 1973
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4. Mittagsbreite (Mittagshöhe)
Wenn die Sonne kulminiert, steht sie auf der Nordhalbkugel der Erde genau im Süden des Beobachters. In dieser speziellen Situation lässt sich die Breite der Beobachterposition leicht ermitteln:
der Kulmination (Höchstand), berichtigt diesen Wert um die notwendigen Korrekturen, schlägt die
Deklination der Sonne (= „Breite“ ihres Bildpunktes; s. Begriffe) im aktuellen Nautischen Jahrbuch (NJ) nach
und berechnet nach einer einfachen Plus-/Minus-Formel den Breitengrad, auf dem sich die Yacht befindet.
Wann ist Schiffsmittag?
Dann, wenn die Sonne am Schiffsort kulminiert, also den höchsten Punkt der Sonnenbahn durchläuft.
Bekannt ist, wo sich das Schiff etwa befindet. Angenommen etwa am 35. Längengrad W, 10. November (2010).
Die Sonne kulminiert, wenn sich ihr Bildpunkt auf dem gleichen Meridian wie das Schiff befindet.
Die Länge des Sonnenbildpunktes wird im NJ mit Grt (Greenwicher Stundenwinkel) angegeben.
Man schlägt den 10. Nov. auf und sucht den Grt der Sonne, der möglichst nahe an 35o herankommt.
Im Nautischen Jahrbuch steht für diesen Tag:
UTC 14.00 / Grt 034o 01,0`
UTC 15.00 / Grt 049o 01,0`.
Die Sonne wird also zwischen 14 und 15 Uhr Weltzeit kulminieren, eigentlich unmittelbar nach 14.00 UTC.
Das würde für die Praxis genügen.
Es lässt sich genau berechnen:
Wie lange braucht die Sonne von 34o 01,0` nach 35o 00,0`?
35o 00,0` = 34o 60,0 `
- 34 01,0
59,0 `
Für 360 o braucht sie 24 h. Für 1 o also ... ?
Zuerst müssen die Stunden in Minuten umgerechnet werden: 24 h * 60 = 1440 min.
1440 min : 360 = 4 min
Die Sonne benötigt demnach 4 Min. für einen Längengrad (= 60 `). Für 59` noch etwas weniger.
4 min sind 240 sec.
Für 1 Längen-Minute also 240 : 60 = 4 sec.
Für 59,0 ` braucht die Sonne 4 * 59 = 236 sec. = 3 min 56 sec
Um 14.00 UTC kulminiert die Sonne auf dem Meridian Grt 34o 01.0`.
Wenn unser Schiff wirklich auf 35o stehen würde, würde die Sonne um 14 h 03 min 56 sec UTC kulminieren.
Mit Hilfe des Nautischen Jahrbuchs ließe sich die obige Rechnung umgehen:
Es gibt die sog. Schalttafel (blaue Seiten), in der die Umrechnungen aufgelistet sind.
Beim „Zuwachs Grt“ für die Sonne findet man unter 0o 59,0` 3 min 56 sec.
Messung in der Praxis
Etwa eine halbe Stunde vor dem geschätzten Schiffsmittag (Kulmination der Sonne, Meridiandurchgang) würde man sich mit dem Sextanten an Deck begeben.
Wenn man die Sonne auf den Horizont herunterholt und nach kurzer Zeit wieder durch den Sexanten sieht, stellt man fest, dass die Sonne nach oben wandert. Sie ist also auf dem Weg zum Kulminationspunkt.
Sie steigt zunächst relativ rasch. Wenn sie sich dem Scheitel nähert, verflacht die Tagbogen-Kurve der Sonne; sie ändert die Höhe kaum mehr.
In dieser Phase muss man ständig die Sonne durch den Sextanten betrachten und sie solange auf den Horizont herunterholen, also am Nonius nachdrehen, solange ihr Bild über (!) dem gespiegelten Horizont im Sextanten steht. Ab dem Moment, wo die Sonne nicht mehr steigt, nichts mehr machen!
In dem Augenblick, in dem man den Unterrand etwas unter dem engespiegelten Horizont im Sextanten beobachtet, beginnt die Kurve zu fallen; die Kulmination ist vorbei.
Wenn man alles richtig gemacht hat, hat man den höchsten Winkel, den Kulminationswinkel, im Sextanten festgehalten.
Ablesen! IB (Indexberichtigung) und GB (Gesamtbeschickung) anbringen.
Breite berechnen:
Auf der Nordhalbkugel gilt im astronomischen Sommerhalbjahr, und wenn der Bildpunkt der Sonne nicht nördlich des Beobachtungsortes liegt, folgende Formel:
Beobachterbreite = Zenitdistanz + Deklination (des BP der Sonne)
LAT (φ) = ZD + Dec (δ)
Es gibt mehrere mögliche Konstellationen hinsichtlich Bildpunkt der Sonne (BP) und Beobachtungsort (O; Schiffsposition).
Fall 1:
Sowohl der Beobachtungsort als auch der Bildpunkt liegen auf der Nordhalbkugel.
Man nennt diese Konstellation „gleichnamig“.
Es ist die im Sommerhalbjahr übliche Konstellation, wenn sich das Schiff auf der nördlichen Nordhalbkugel befindet.
Rechenschema:
Beobachterbreite = Zenitdistanz + Deklination
LAT (φ) = ZD + Dec (δ)
Fall 2:
Wenn der Bildpunkt der Sonne im Winterhalbjahr auf die Südhalbkugel wandert, würde man – bei gleichem Beobachtungsort – von „ungleichnamig“ – sprechen.
Verfertigen Sie eine entsprechende Skizze und entwickeln Sie die Berechnungsformel.
Sie müssten auf folgendes Schema kommen:
Beobachterbreite = Zenitdistanz - Deklination
LAT (φ) = ZD - Dec (δ)
M. Blewitt fasst beide Fälle zu einer einzigen Formel zusammen:
Fall 1 und 2:
Beobachterbreite = Zenitdistanz + gleichnamige / - ungleichnamige Deklination
LAT (φ) = ZD + gleichnamige / - ungleichnamige Dec (δ)
Fall 3
Wenn der Bildpunkt der Sonne zwischen dem Beobachter und dem oberen Pol steht, ergibt sich:
Breite = Deklination - Zenitabstand
LAT (φ) = Dec (δ) - ZD
- - - - -
Begriffe
Schiffsmittag Der Begriff hat mit dem normalen „Mittag“ nichts zu tun.
Schiffsmittag ist dann, wenn die Sonne sekundengenau im Süden steht.
s. Kulmination und Meridiandurchgang
Beobachtungsort (meist gleichzeitig Schiffsort, Position)
Er wird durch die Koordinaten ...
- Breite φ (Phi, fi) / LAT (englisch latitude)
- Länge λ (Lambda) / long / LON (englisch longitude)
... bestimmt.
Vgl. Terrestrische Navigation / Grundwissen
Zenit (Z)
Plewitt: Wenn eine Gerade vom Erdmittelpunkt durch deinen Standort und hinaus in den Weltraum gezogen würde,
so würde sie zu deinem Zenit führen.
eine in gegensätzlicher Richtung zur Schwerkraft gedachten Gerade die Himmelskugel trifft.
In der folgenden Skizze von Wikipedia ist es die blaue Linie über dem Beobachtungspunkt, die zum Zenit des Beobachters weist.
Sie steht senkrecht auf der Beobachtungsebene.

Auch der Bildpunkt der Sonne hat einen Zenit ...
*: Sonne
Z: Ort, über dem die Sonne im Zenit stehtsteht
Anm.:
Z ist hier gleichzeitig der Bildpunkt der Sonne. Deshalb sollte dieser Punkt
besser oder zusätzlich mit BP (Bildpunkt) bezeichnet werden.
Für die weiteren Überlegungen ist wichtig, dass die Strahlen der Sonne quasi parallel auf die Erde treffen, weil die Sonne sehr weit entfernt ist.
Die beiden roten Linien entsprechen diesen Strahlen.
Der Beobachter würde aber nicht den angedeuteten Winkel mit dem Sextanten messen, sondern den Winkel zwischen Beobachtungsebene (der Ebene auf der das Männchen steht, in Verlängerung) und Sonnenstrahl z. B. des Sonnenunterrandes.
Der im Bild von Wikipedia ausgewiesene Winkel φ heißt „Zenitdistanz“ .
Bildpunkt (BP, Geographical Position, GP)
Plewitt: „...der Bildpunkt (GP) der Sonne ... liegt dort, wo die vom Erdmittelpunkt zur Sonne gezogene Gerade die Erdoberfläche schneidet. ... „
Knopp: "Verbindet man ... z. B. ... den Mittelpunkt der Sonne, mit dem Mittelpunkt der Erde, so trifft diese Verbindungslinie die Erdoberfläche in einem ganz bestimmten Punkt. Dieser Punkt heißt Bildpunkt."
Weil die Sonne sich in 24 h um die Erde bewegt, wandert der Bildpunkt entsprechend schnell:
40.000 km : 24 h = 166 6,6 km/h : 60 = 27.77 km/ min : 60 = 0.463 km/sec.
In 4 sec also 1.852 m = 1 sm.
Plewitt: Nicht nur die Sonne, sondern alle anderen Gestirne haben ihre GP, deren Lage zu jedem beliebigen Zeitpunkt dem ... Nautischen Jahrbuch entnommen werden kann.
Bestimmung des Bildpunktes (BP) durch die Koordinaten ...
- Deklination "Bildpunktbreite", Deklination, Abweichung (Dec; δ)
- Stundenwinkel "Bildpunktlänge“, Greenwicher Stundenwinkel (Grt,
Greenwich Hour Angle, GHA); Erläuterung später.
Zenitdistanz (z, ZD) Zenitabstand; Winkelabstand eines Gestirns vom Zenit.
Gestirnshöhe (mittels Sextanten gemessen, berichtigt) plus Zenitdistanz ergeben 90 Grad
Als Formel:
H + ZD = 90 o
ZD = 90 o – H
Deklination der Sonne (Dec / Declination / Bildpunktbreite / Abweichung, δ (Delta))
Wikipedia: In der Astronomie bezeichnet … Deklination der Sonne … die geographische Breite, in der die Sonne im Zenit steht. …
Plewitt: Die Deklination der Sonne schwankt zwischn 23 o Nord in der Mitte des Sommers, wenn sie den Wendekreis des Krebses erreicht, und 23 o S in der Mitte des Winters am Wendekreis des Steinbocks. Im Frühjahr und im Herbst, während der Tag- und Nachtgleiche (wenn die Sonne den Äquator überquert), ist ihre Deklination 0 o.
Deklination eines Gestirns
Plewitt: Die Deklination eines Gestirns ist der Breitengrad (kurz „Breite“) seines GP. (Bildpunkt)
Die Deklination gibt die nördliche oder südliche Breite des Bildpunktes an und ist seine Position auf der Erdoberfläche: von 0 – 90 nach N (als „ + “) und nach S (als „ - “).
Die Deklination der Sonne ( δ) und der Stundenwinkel (= „Länge“, Grt) sind im Nautischen Jahrbuch für jede Stunde des Jahres aufgelistet .
Aus einer Zusatztabelle („Schalttafel“) lässt sich der genaue Wert für jede Sekunde des Jahres bestimmen.
Kulmination, Meridiandurchgang
Wenn die Sonne für einen Beobachter den höchsten Punkt der Sonnenbahn erreicht hat, spricht man von der Kulmination der Sonne.
Auf Nordhalbkugel steht die Sonne in diesem Moment genau im Süden des Beobachters.
Schiff und Sonnenbildpunkt befinden sich in diesem Augenblick auf gleicher Länge, dem gleichen Meridian.
Deshalb spricht man auch vom Meridiandurchgang.
Wenn man in diesem Moment die Sonne „schießt“, ergeben sich bestimmte rechnerische Zusammenhänge (s. oben).
- - - - -
5. Umrechnung von Zeit in Bogenmaß (Gradmaß)
- Zeit in Bogenmaß (Wikipedia nennt es Gradmaß)
Die Erde dreht sich in 24 Stunden um 360o.
1 h (Zeitmaß, Stundenmaß) entsprechen 360o : 24 = 15o (Bogenmaß, Gradmaß)
Eine Stunde (Zeit) sind also gleichbedeutend mit 15o (Strecke, die die Sonne zurücklegt.)
Wieviel Minuten entsprechen 15o ?
15o sind 15 x 60´ = 900 ´ (Bogenminuten)
1 min (Zeit, Zeitmaß, Stundenmaß) entsprechen 900´ : 60 = 15´ (Bogenminuten; Gradmaß)
1 sec (Zeit, Zeitmaß, Stundenmaß) entsprechen (15´ x 60) : 60 = 15´ (Bogenminuten !)
- Bogenmaß in Zeit
Nun rechnen wir in die andere Richtung:
Wie lange braucht die Sonne, um die Strecke von 1o zurückzulegen?
Dazu müssen wir die Grad in Bogenminuten umrechnen:
360 x 60 = 21600 Bogenminuten
... und die 24 h in Zeitminuten:
24 x 60 = 1440 min
Die Sonne (eigtl. ihr Bildpunkt) legt also 21600 Bogenminuten in 1440 Zeitminuten zurück.
Wieviel legt die Sonne in 1 (Zeit)-Minute zurück?
21600` : 1440 min = 15`
Die Sonne legt in 1 Min. (Zeit) 15`(Bogenminuten) zurück.
In 4 Minuten ist das 1o (Bogenmaß, Gradmaß)
Diesselbe Rechnung für 1 (Zeit-)Sekunde:
In 1 Min legt sie 15` zurück,
In 1 sec = 15` : 60 s = 0.25´ (Bogenminuten)
In 4 sec ist das 1` (Bogenminute)
Zusammengefasst
1o (im Bogenmaß) entsprechen 4 min (im Zeitmaß)
1´ 4 sec
1 h (Zeitmaß) entsprechen 15o (Bogenmaß)
1 min entsprechen 15` (Bogenminuten)
1 sec entsprechen 15`` (Bogensekunden)
- - - - -
Tabelle: Umrechnung von Zeit in Bogenmaß
1 h = 15 o 1 min = 0 o 15 ´ 31 min = 7 o 45 ´
2 30 2 0 30 32 8 00
3 45 3 0 45 33 8 15
4 60 4 0 60 34 8 30
5 75 5 1 15 35 8 45
6 90 6 1 30 36 9 00
7 105 7 1 45 37 9 15
8 120 8 2 00 38 9 30
9 135 9 2 15 39 9 45
10 150 10 2 30 40 10 00
11 165 11 2 45 41 10 15
12 180 12 2 00 42 10 30
13 195 13 3 15 43 10 45
14 210 14 3 30 44 11 00
15 225 15 3 45 45 11 15
16 240 16 4 00 46 11 30
17 255 17 4 15 47 11 45
18 270 18 4 30 48 12 00
19 285 19 4 45 49 12 15
20 300 20 5 00 50 12 30
21 315 21 5 15 51 12 45
22 330 22 5 30 52 13 00
23 345 23 5 45 53 13 15
24 360 24 6 00 54 13 30
25 6 15 55 13 45
26 6 30 56 14 00
27 6 45 57 14 15
28 7 00 58 14 30
29 7 15 59 14 45
30 7 30 60 15 00
Beispiel:
1 h 31 min entsprechen ... ? (Ergebnis: 15o plus 7o 45´ = 22o 45´)
1 h (Zeitmaß) 15o (Bogenmaß) entsprechen,
und 1 min 15` (Bogenminuten)
und 1 sec 15`` (Bogensekunden),
wenn also die Zahlenwerte gleich sind, dann kann man
die gleichen Zahlenwerte benutzen, auch wenn man die Benennungen ändert:
Zeit-Minuten lesen als Zeit-Sekunden,
die zugehörigen ` (Bogenminuten) lesen als `` (Bogensekunden) !
Beispiel:
- 24 h 35 min 10 sec entsprechen ... ?
(360o + 7o 30´ (für 30 min) + 1o 15´(für 5 min) + 2,5 ´´ =
368o 45´ 02.5´´ = 8o 45´ 02.5´´
- - - - -
Am Ende des Nautischen Jahrbuchs gibt es eine ähnliche Tabelle (blaue Seiten), in der die Umrechnungen für Sonne, Frühlingspunkt und Mond aufgelistet sind.
Sie heißt "Schalttafel". Die Angaben im Bogenmaß nennen sich dort "Zuwachs Grt".
Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Umrechnung von Zeit in Bogenmaß (und umgekehrt):
- Umrechnen wie oben vorgeführt
- Umrechnen mittels Rechner (dabei müssen einige Tasten gedrückt werden)
- Umwandeln mittels der obigen Tabelle oder der Tabelle im NJ.
Wenn man mathematisch nicht so beschlagen ist, halte ich die Umwandlung mittels Tabelle als die am wenigsten fehleranfällige Methode.
- - - - -
- 9 h 43 min 30 s. Umrechnen in Bogenmaß mit Tabelle:
9 h 135 o
43 min 10 o 45 ´
30 sec 7 ´ 30 ´´
145 o 52 ´ 30 ´´
Beispiel Wikipedia:
- Zum Beispiel bedeuten 1h 23m 45s (im Stundenmaß) und 20° 56' 15″ (im Gradmaß) dasselbe. ...
Wir wollen das überprüfen:
1 h entsprechen 15o
23 min entsprechen 5o 45´
45 sec entsprechen 11´ 15´´
20o 56´ 15´´
- An einem Ort mit der Länge 15o West kulminiert die Sonne um ... ?
15o W entsprechen 1 h.
Kulminiert also die Sonne auf 15o W um 0100 UTC?
15o W ist ein Meridian etwas westlich von Irland.
Dort kann doch die Sonne nicht nachts um 0100 UTC (d. h. 1 h nach Mitternacht) kulminieren!
Wo liegt der Fehler?
Die Sonne kulminiert in Greenwich nicht um 00.00 UTC sondern um 12.00 UTC.
Zu 12.00 UTC muss die Stunde addiert werden.
Sie kulminiert also auf 15o W um 13.00 UTC.
Genaueres im folgenden Kapitel.
- - - - -
Bisher wurden nur W-Längen in Bogenmaß umgewandelt.
Das Bogenmaß reicht bis 360o. Aber W-Längen enden bei 180o W.
Verfahren bei E-Längen: später.
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6. Mittagslänge, Mittagsposition
6.1 Mittagslänge
Länge des Sonnen-Bildpunktes als Zeit
Noch einmal:
Grundlage von Zeitmessungen ist die Sonne und deren Lauf um die Erde in 24 Stunden.
Der Bildpunkt der Sonne wandert in 1 h um 15o nach Westen, in 24 h um 360o.
Es gibt demnach einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Position des Bildpunktes („Länge“) und der
Zeit:
15o W entspricht 1 h,
30o W entsprechen 2 h, usw.
Deshalb kann man geographische Länge auch in Zeit ausdrücken.
s. vorhergehendes Kapitel: "Umrechnung von Zeit in Bogenmaß"
Sowohl die geographische Koordinaten als auch die Koordinaten des Bildpunktes der Sonne werden vom Greenwicher Meridian aus gemessen. Aber ...
Greenwicher Stundenwinkel (auch "Greenwichwinkel"; Grt, tGr; Greenwich Hour Angle, GHA )

Knopp: Der Greenwicher Stundenwinkel Grt ... eines Gestirns ist dessen Winkelabstand vom Meridian von Greenwich ...
Die Grt werden im Nautischen Jahrbuch für volle Stunden angegben. In Folge der Rotation der Erde ändern sie sich um etwa 15o pro Stunde.
Nautisches Jahrbuch: Der Greenwischer Stundenwinkel ändert sich um ungefähr 1o in 4 Zeitminuten. Deshalb muss seine Angabe in kurzen Zeitabständen erfolgen, um dazwischen liegende Werte ... berechnen zu können.
Greenwicher Stundenwinkel - Weltzeit
Vom Greenwicher Stundenwinkel (GHA / Grt) zu unterscheiden ist die Weltzeit (UTC).
Die Sonne kulminiert in Greenwich um 12.00 UTC. Der Stundenwinkel der Sonne (GHA/Grt) aber beträgt in diesem Moment 0o.
Eine Stunde später, also UTC 13.00, beträgt der Stundenwinkel der Sonne GHA/Grt 15o.
2 h später, also UTC 14.00, beträgt der Grt (GHA) der Sonne 30o.
usw.
90o (GHA/Grt) legt die Sonne in 6 h zurück. Also kulminiert sie dort (in 90o W) um 18.00 UTC.
Überall dort, wo die Sonne kulminiert ist „Schiffsmittag“.
Das ist mit der lokalen Zeit einigermaßen übereinstimmend (s. Zonenzeit, Terrestrische Navigation), nicht aber mit UTC.
Diese verschiedenen „Uhren“ muss man auseinanderhalten.
Messprobleme für den Navigator
Die Tagesbahn der Sonne ist für einen Beobachter ein auf- und absteigender Bogen am Himmel. Der höchste Punkt dieses Tagbogens heißt "Kulmination". In den auf- und absteigenden Bogenteilen verändert sich die Position der Sonne in ihrer Höhe rasch. Aber die Sonne verweilt relativ lange im Scheitelpunkt (etwa 4 min), so dass zwar die Höhe gut gemessen, nicht aber die Zeit sekundengenau festgestellt werden kann.
Deshalb wendet man einen Kniff an: Man hält die Zeit für eine Höhe im aufsteigenden Teil des Bogens fest. Wenn die absteigende Sonne diese gleiche Höhe wieder erreicht, notiert man die Zeit erneut. Zeit der Kulmination ist dann die Mitte der beiden Zeiten (aus gleichen Höhen).
Uhr
Voraussetzung ist eine sekundengenau gehende Uhr. Man erhält Zeitzeichen über bestimmte Kurzwellen-Sender, z. B. von
BBC auf den Kurzwellen: 9410 und 14 135 MHz (Stundensignal).
Man muss die Uhr, nach der man rechnet, entsprechend stellen oder den etwaigen Fehler rechnerisch berücksichtigen.
Transit vorherberechnen
Beispiel 1 (W)
Wann (in UT) kulminiert die Sonne in W 20o 10 ` ?
- Rechnung:
Die Erde dreht sich um 360o in 24 h. Wie lange braucht sie für 1o ?
Den 360. Teil von 24 h.
24 h sind 24 x 60 min = 1440 min. Davon der 360. Teil: 1440 : 360 = 4 min
1o entsprechen 4 min
1´ ist der 60. Teil eines Grades; 4 min sind 4 x 60 sec = 240 s; davon der 60. Teil …
1 ` entsprechen 4 sec
20o ergeben 20 x 4 min = 80 min (Zeitminuten) = 1 h 20 min
10` ergeben 10 x 4 sec = 40 sec. 40 sec
1 h 20 min 40 sec
Um diesen Betrag kulminiert die Sonne gegen über Greenwich später. (also „plus“)
Kulmination in Greenwich: 12 h 00 min UTC
+ 1 h 20 min 40 sec
13 h 20 min 40 sec UTC
- Schalttafel des NJ
Ausgehen in der Tabelle muss man vom Bogenmaß (o), und nicht von der Zeit (h, min).
Man muss also von rechts nach links lesen.
Der letzte angegebene Wert ist 14o 59,8`. Das reicht nicht.
Man muss also überlegen: Wie komme ich auf 20o?
20o sind z. B. 2 x 10o
- Nachschlagen bei 10o ergibt 40 min + 0 s (sec).
2 x 40 min sind 80 min = 1h 20 min. 1h 20 min
- 10´ (Bogenmaß!) = 0o 10´.
Dortiger Wert: 40 s + 40 s
1h 20 min 40 sec
Um diesen Betrag ... s. oben.
Die Tücke der Tafeln besteht darin, dass man allzugerne Min (= Zeit) und ´ (= "Minuten" im Bogenmaß)
verwechselt.
Auch mit den Stellenwerten muss man aufpassen 10´ findet man bei 0o 10´.
----------
Der Korrektheit halber muss gesagt werden:
Die Sonne wandert nicht gleichmäßig.
Deshalb müsste T noch um die Zeitgleichung (= equation of time, e)
korrigiert werden. Im NJ als Tabelle: „Zeitgleichung, 12 Uhr UT".
Für den 15. Juli 2010 wäre das z. B. - 5 min 59 s
13 h 20 min 40 sec entspricht: 13 h 19 min 100 s
- 5 59
Transit in 20o 10` W am 15. Juli 2010: 13 h 14 min 41 s
Die „Zeitgleichung“ ist nicht konstant und muss für jedes Jahr neu berechnet werden.
-----------
Beispiel 2 (E)
Alles was östlich ist (östliche Längen), muss von UTC 12.00 h abgezogen werden.
Wann kulminiert die Sonne in 30o E?
Rechnung:
30o entsprechen 30 x 4 min = 120 min = 2 h
12.00 h – 2 h = 10 h
Schiffsmittag (Ortskulmination) in 30o E ist um UTC 10.00
Nachschlagen:
30o sind 3 x 10o.
Wert für 10o = 40 min.
3 x 40 min sind 120 min = 2 h
Praxis
In der Praxis genügt es, den Kulminationszeitpunkt einigermaßen zu schätzen und rechtzeitig mit den Messungen zu beginnen.
Mess-Vorgang
Entweder Transit (T, höchste Stelle der Kurve, Meridiandurchgang) vorherberechnen oder ½ Stunde vor dem geschätzten T mit den Messungen beginnen, alle 3 min Zeit und Höhen notieren.
Nach dem Durchgang (wenn die Sonne den höchsten Punkt erreicht hat) Sextant auf eine geeignete Messung zurückstellen (den Wert dieser Messung am Sextant einstellen) und warten bzw. immer wieder durch den Sextant die Sonne betrachten.
Wenn sich die Höhe wiederholt (der Unterrand der Sonne genau deckungsgleich mit dem Horizont ist),
Zeit notieren.
Die gemittelte Zeit der beiden Messungen (mit gleicher Höhe) ergibt die für die Längenberechnung wichtige Kulminationszeit.
- - - - -
Längenbestimmung
Zu Beispiel 1:
Datum: 15. Juni 2010
Angenommen man misst die aufsteigende Sonne um 13 h 12 min 20 sec
Und die absteigende Sonne mit der gleichen Höhe um 13 36 42
Man zählt zusammen und halbiert: 26 h 48 min 62 sec : 2 = 13 h 24 min 32 sec
Das ist der sekundengenaue Meridiandurchgang in UTC an der Schiffsposition.
Welcher geographischen Länge entspricht 13 h 24 min 32 sec UTC ?
Bei der Rückrechnung von der Zeit des Meridiandurchgangs (Transits, T) am Schiffsort zum Abstand Schiffsmeridian - Greenwichmeridian gibt es (wie immer) zwei Wege:
- Umrechnung des zeitlichen Abstands in das Bogenmaß; dabei bedenken, ob die Kulmination vor oder nach
der Kulmination in Greenwich erfolgt und den errechneten Abstand nach W oder E abtragen.
- Den Abstand über den Stundenwinkel der Sonne (Grt im NJ, GHA) zu bestimmen.
Dann muss man im NJ nachschlagen, auf welcher Länge sich der Bildpunkt der Sonne zum Zeitpunkt
der Messung (= Schiffsposition) befindet.
- Nachschlagen
Einfacher ist dieser Weg.
Wie groß ist der Grt/GHA der Sonne am 15. Juni 2010 zum Kulminations-Zeitpunkt 13 h 24 min 32 sec?
Nautisches Jahrbuch:
Di, 15. Juni, SONNE, UT1 13.00: Grt 014o 52,9 `
Schalttafel (blaue Seiten im NJ): 24 min, 32 s 6o 08,0 `
20o 60,9` = 21o 00,9 ` (Grt/GHA)
Schiffsposition: 21o 00,9 ` W
- Umrechnen
Die den Tafeln unmittelbar entnommenen Zeiten und Winkel stimmen und brauchen nicht mit e
korrigiert zu werden.
Bei Rechnungen muss die Zeitgleichung (e) berücksichtigt werden: 15. Juni 2010, e = - 28 s
13 h 24 min 32 s UTC
e - 28
13 h 24 min 04 s
Kulmination tatsächlich (wahre Ortszeit, WOZ) um 13 h 24 min 04 s
Kulmination in Greenwich: 12 h 00 00
Zeitunterschied = Grt/GHA 1 h 24 min 04 s
Umrechnung Zeit in Länge (Bogenmaß)
Die Erde dreht sich in 24 Stunden um 360o.
1 h entsprechen 360o : 24 = 15o
15o = 15 x 60´ = 900´
1 min entsprechen 900´ : 60 = 15´
1 sec entsprechen 15´ : 60 = 1/4` (Bogenminuten)
- 24 h entsprechen 360o
1h (360 : 24) = 15o ... 15o
- 1 h (= 60 min) entsprechen 15 * 60 = 900 `
1 min 900 : 60 = 15 `
24 min (24 x 15) entsprechen 360 ` = 6o ... 06o
- 1 min / 60 s entsprechen 15 ` / = 900 ``
1 s = 15 ``
4 s = 60 `` = 1 ` ... 01`
21o 01` W
Schiffsposition: 21o 01` W
(Der geringe Unterschied von 00,1`zum Ergebnis oben liegt an Auf- oder Abrundungen in den Tabellen.)
Deutlich geworden ist, um wie viel länger und fehleranfälliger das Rechnen ist.ist.
- - - - -
Zur Veranschaulichung das ganze als Skizze.
Der Betrachter schwebt über dem Nordpol und sieht auf die Erde.

Für die östlichen Längen muss umgedacht werden.
Der Greenwich-Stundenwinkel (Grt/GHA) wird nur nach W gemessen, von 0o bis 360o.
Die geographische Länge dagegen wird nur jeweils bis 180o gezählt; nach W bis 180o (W) und nach E bis 180o (E).

Formel für Mittagslänge Ost
Mittagslänge E = 360 - GHA
Noch einmal mit anderen Worten:
Bei Schiffsmittag befindet sich der Bildpunkt der Sonne auf demselben Meridian wie das Schiff, nämlich genau im Süden (oder N). Daher
1) Westlänge = GHA (Bildpunktlänge bei Schiffsmittag)
2) Ostlänge = 360 o - GHA
- - - - -
Beispiel 3 Im Atlantik (westlich von Greenwich) am 15. Juni 2010 ; Kulmination 13 h 40 min
Länge?
Verfahren: Nachschauen im NJ.
NJ 15. Juni 2010: 13 h GHA 14o 52,9 ` 00``
Schalttafel (NJ) 40 min 10 00,0
GHA 24o 52,9 `
Formel: Mittagslänge W = GHA
= 24 o 52,9 ` W
Beispiel 4
Im Mittelmeer (östl. von Greenwich), 15. Juni 2010; Transit 10 h 40 min UT
Länge?
GHA der Sonne (15. Juni 2010)
NJ: UT 10 h 329o 53.3 `
Schalttafel 40 min 10 00.0`
GHA 339o 53.3`
Formel: Mittagslänge E = 360o – GHA
= 360o – 339o 53.3`
= 359o 60.0`
- 339 53.3`
20o 6,7` E
Länge = 20o 06,7 E
- - - - -
Eine Position ergibt sich aus Breite und Länge.
Die Sextantmessung zur Kulmination ergibt die Breite (s. Mittagsbreite),
Verfahren
Beim Messvorgang bestimmt man nicht nur die gleiche Höhe der auf- und absteigenden Sonne sondern auch den Kulminationspunkt.
Beispiel
Geschätzter Schiffsort: 145 W; 16. August 2010
Transit etwa: T Greenwich 12 h 00 min
+ 145o in Zeit = 145 x 4 min = 580 min = 9 h 40 min
21 h 40 min
IE: - 0.4` Ah: 2 m; Sonnenunterrand
1. Messung: 21 h 20 min 30 s (UT),
2. Messung Sextablesung (Alt Sext): 45o 25,8` (Sonnunterrand)
3. Messung (gleiche Höhe wie 1.): 22 h 01 min 16 s
Breiten-Berechnung: Sext. 45o 25.8`
IB + 0.4
45 26.2
GB NJ + 12.6
Zusatz Aug. - 0.2
Wahre Höhe (True Alt) 45o 38.6`
Deklination der Sonne, 16. Aug. 2010, UT 12.00: 13o 14,6 N
Formel: Sonne im S, gleichnamig (Pos. und Dec: N):
LAT = ZD + Dec (+ wenn gleichnamig)
ZD = 90o - True Alt
ZD = 90o - 45 38.6
= 89 60
- 45 38.6
44o 21.4`
LAT 44o 21.4
+ Dec 13o 14.6
Breite, LAT 57o 36.0` N
Längenberechnung
1. Messung 21 h 30 min 30 sec
3. Messung 22 01 16
43 31 46 : 2 =
21 h 30 min + 15 min, 30 s + 23
Transit, UT 21 45 min 53 s
Verfahren: Nachschlagen im NJ:
NJ: GHA (16. Aug. 2010) für 21 h 45 min 53 s
NJ 21 h 133o 56,6`
Schalttafel 45 min 53 s 11o 28,3
144 84.9 =
Grt/ GHA 145o 24.9` W
Formel: Mittagslänge W = GHA
Schiffslänge bei Kulmination = 145o 24.9` W
Das Schiff steht auf 57o 36.0` N und 145o 24.9` W.
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Wer sich bis hierher durchgekämpft hat, sollte Routine durch Übung anstreben.
Ich empfehle, das aktuelle Nautische Jahrbuch zu erstehen und alle Beispiele mit den aktuellen
Werten zu berechnen. Soweit dürften die Ergebnisse nicht auseinanderliegen. Dadurch hat man
gleichzeitig eine Kontrolle der Ergebnisse.
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7. Standortbestimmung aus 2 Messungen
In der Praxis überlässt man die Auswertung der Sextantmessungen gerne einem Rechner.
Wenn man verstehen oder selbst rechnen will, muss man sich mit sphärischer Geometrie, nämlich dem Nautischen Dreieck beschäftigen.
Um zu rechnen, braucht man die entsprechenden mathematischen Kenntnisse.
Auch hier helfen Taschenrechner.
Den Wissenshintergrund liefert ein Lehrbuch.
Ich empfehle
Helmut Knopp, Astronomische Navigation, Verlag Busse Seewald
Knopp geht auch auf den Einsatz von Taschenrechnern ein.
Die entsprechenden Artikel im Internet zeigen die Zusammenhänge oft sehr anschaulich durch Skizzen oder Modelle. Beispielsweise
http://wp.astrosail.com/tutorial/astronomische-navigation/koordinatensysteme/das-sphaerisch-astronomische-grunddreieck/
Spezielle Astro-Navigations-Rechner (z. B. Cassens&Plath: StarPilot TI-89 510,50 €; Mai 2019) enthalten nicht nur das entsprechende Rechenprogramm sondern meist auch alle Angaben, die sonst das Nautische Jahrbuch liefert.
In der Regel arbeiten Astro-Rechner mit dem Höhendifferenzverfahren.
Eine Gestirnsmessung, z. B. der Sonne, ergibt dabei letzten Endes eine Standlinie.
Damit die nächste Standlinie in einem sinnvollen Winkel die erste Standlinie schneidet und sich dadurch ein realistischer Standort gewinnen lässt, muss man wenigstens 4 Stunden bis zur nächsten Gestirnsmessung warten (Problem der "Schleifenden Schnitte").
Sehr viel weniger Zeit hätte das Tagbogenverfahren benötigt.
Aber leider … (s. Tagbogenverfahren).
Grundgedanke des Höhendifferenz-Verfahrens
Das Prinzip gilt für alle Gestirne. Ich beschränke mich auf die Sonne.
Angenommen man würde die Höhe einer Straßenlaterne mit dem Sextanten bestimmen. Der ermittelte Winkel sei 45o.
Wenn man die Richtung zum Laternenpfahl (in astronomischer Navigations-Sprache: zum "Bildpunkt" der Laterne) nicht kennt, kann man über die eigene Position nur aussagen, dass sie sich irgendwo auf einer Kreislinie um die Laterne befindet, deren Abstand mit dem gemessenen 45o - Winkel zusammenhängt.
Entsprechendes gilt für eine Sonnenmessung.
Zwei Sonnenmessungen in angemessenem zeitlichen Abstand ergeben zwei Kreise, die sich in zwei Punkten
schneiden. Einer davon, nämlich der geographisch wahrscheinlichere, ist unser Standort.
Zeit
In den gesamten Überlegungen spielt die sekundengenaue Weltzeit UTC eine entscheidende Rolle.
Denn die Länge des Sonnenbildpunktes entspricht dem aktuellen zeitlichen Abstand des Bildpunktes vom Null-Meridian.
Deshalb wird die Länge des Sonnenbildpunktes „Greenwicher Stundenwinkel“ (Grt; Engl.: Greenwich Hour Angel, GHA) genannt.
Gewöhnungsbedürftig ist, dass "Zeit" einen Abstand (Länge) beschreibt.
(Ausführlich dargestellt in: 4.5 Mittagslänge, Mittagsposition).
Der Abstand der Meridiane von Schiffsposition und Sonnenbildpunkt heißt
„Orts-Stundenwinkel“ (Ort, Engl.: Local Hour Angle, LHA).
Wie man ihn erhält, zeigen Skizze und Beschreibung am Ende dieses Abschnittes.
Genau dieser Abstand ergibt die Standlinie.
Azimut – Richtung zur Sonne
Mit Hilfe der (gekoppelten) Breite des Beobachtungsortes, der Sonnenhöhe (Sextantmessung), der sekundengenauen Uhrzeit der Messung in UTC, dem im NJ nachzuschlagendem Bildpunkt (BP) der Sonne zur Messzeit und der sich daraus ergebenden Länge der Schiffsposition (Ortsstundenwinkel) lässt sich mit Hilfe der mathematischen Zusammenhänge des Nautischen Dreiecks die Richtung zur Sonne (das Azimut) berechnen.
Die gekoppelte Schiffsposition liefert dabei den Punkt (Länge und Breite), von dem man aus die Richtung zum Sonnenbildpunkt abtragen kann.
Das Azimut ist der Richtungsstrahl vom Beobachtungsort zum Sonnenbildpunkt. Der Beobachtungsort liegt auf dem oben erwähnten Kreis um den BP der Sonne, dessen Durchmesser mehrere 1000 sm beträgt. Auf einem kleinen Kartenausschnitt (unsere Seekarte) wird dieser Kreisausschnitt zu einer Geraden. Es ist unsere Standlinie und verläuft im rechten Winkel zum Azimut.
Dabei gibt es zwei Probleme:
- das Problem der „schleifenden Schnitte“. Man muss etwa 4 h bis zur 2. Messung warten.
- Während dieser Zeit macht aber die Yacht Strecke. Diese Distanz muss berücksichtigt werden:
die erste Standlinie muss „versegelt“ werden.
Der Rechner erledigt nach Eingabe der notwendigen Werte die Rechenarbeit und spuckt den Beobachtungsstandort zum Zeitpunkt der zweiten Messung aus.
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HO - Tafeln, Höhendifferenzverfahren
Es gibt ein Verfahren, mit dem man, ohne zu rechnen, die eigene Position finden kann: das Höhendifferenzverfahren in Kombination mit den HO –Tafeln (Sight Reduction Tables for Air Navigation, Pub No 249).
(Der „normale“ Astro-Lehrgang arbeitet mit ihnen.)
In diesem Tafelwerk sind tabelliert:
- alle ganzgradigen Breiten von 0o bis 89o(aufgeteilt in 2 Bände),
- die Deklination der Sonne von 0o bis 29o,
- der LHA (Erläuterung später).
Das sind die Eingangswerte.
Man erhält:
- die zum "Rechenstandort" zugehörige (Sonnen-)Höhe,
- und das Azimut von dort aus.
Wenn der gemessene Sextantwinkel mit dem tabellierten Sextantwinkel der HO-Tafeln überstimmen würde,
wäre das Schiff genau auf der Standlinie (im rechten Winkel zum Azimut).
In der Regel ist das nicht der Fall, denn der Schiffsort wird kaum mit dem Koppelort übereinstimmen, geschweige denn ganzgradig sein.
Wenn sich aber der Winkel, den wir mit dem Sextanten gemessen haben, von jenem unterscheidet,
den die Tabelle zum Rechenort ausgibt, wo befindet sich dann tatsächlich unsere Standlinie?
Angenommen, der Winkel, unter dem wir die Laterne gemessen haben, betrug 45o 30`.
Ein (fiktives) Tafelwerk nennt zu unserem angenommenen Rechenort 46o.
Ist dann der Beobachter näher oder weiter entfernt vom Rechenort (und dem dazugehörigen Sextantwinkel)?

Wenn man weiter entfernt ist, wird der Beobachtungswinkel (= Sextantwinkel) kleiner.
45o 30` ist weniger als 46o. Also ist der Beobachter weiter entfernt (vom Laternen-Fußpunkt).
Das gleiche gilt von der Sonne.
Nun benötigt man ein Blatt Papier, am besten kariertes oder Millimeter-Papier. Den Maßstab in nautischen Meilen legt man selbst fest, desgleichen die Einteilung in Breite und Länge.
Man zeichnet die ganzgradig angenommene Position ein, anschließend von hier aus den Azimutstrahl und im rechten Winkel dazu die zum angenommenen Standort gehörige angenommene Standlinie (Gerade als Teil eines Kreises).
4 Stunden später misst man erneut die Sonne und bestimmt die dazugehörige Standlinie.
Der Schnittpunkt mit der versegelten ersten Standlinie ist die aktuelle Schiffsposition.
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Wie immer muss man den Fachwortschatz erlernen. In diesem Fall handelt es sich um englische Begriffe. Denn die HO-Tafeln wurden ursprünglich für die amerikanisch-englischen Bomberpiloten im 2. Weltkrieg entwickelt und werden vom Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten herausgegeben.
Fast überall werden schematisierte Rechengänge als Vordrucke zur Verfügung gestellt.
Sie sind sinnvoll, um gedankliche Fehler, die sich auf einem schwankenden Schiff gerne einstellen, zu minimieren.
Doch allein die Anwendung dieser Listen zu erlernen, ohne den Hintergrund zu verstehen, ist für einen denkenden Navigator / Skipper unbefriedigend.
Nun müsste die praktische Arbeit mit den HO-Tafeln folgen (die ich hier nicht mehr darstelle.
Ich verweise auf diverse Anleitungen: in Büchern, im Internet; vielleicht kann man auch einen Lehrgang
besuchen.)
Gegen die Anschaffung der HO-Tafeln wird eingewendet, man müsse 6 dicke Bücher kaufen.
Das ist nicht der Fall.
Zunächst: Es gibt zwei Tafel-Werke.
- Sight Reduction Tables for Air Navigation, Pub. Nr. 249
- Sight Reduction Tables for Marine Navigation, Pub No. 229
Letztere sind 6-bändig. Sie sind zwar genauer, aber deutlich umständlicher zu handhaben.
Sight Reduction Tables for Air Navigation, Pub No 249
Band I: Fixsterne; Breiten von 89o N bis 89o S
Diesen Band braucht man in der Regel nicht.
Band II: für die Breiten von 0o bis 39o
„... provide complete data for … sun, moon, planets, and stars within
the declination range of these bodies ...”
Band III: wie Bd II, aber für die Breiten 40o – 90o.
Die HO-Tafeln 249 sind auch im Internet verfügbar:
https://thenauticalalmanac.com/Pub.%20No.%20249.html
Der 40. Breitengrad verläuft etwa zwischen Lissabon und Porto – Valencia – Mitte Sardinien – Otranto – Limnos (nördl. Ägäis).
Wer eine Weltumsegelung plant, braucht also die Bände II und III, dazu natürlich den aktuellen Nautischen Almanach.
Zum Üben genügt einer der Bände je nach eigenem Übungsort.
Ich verweise noch einmal auf
Helmut Knopp, Astronomische Navigation.
Präzise Erklärungen, verständliche Skizzen, Beispiele zum Üben.
Zum Schluss ein Satz von Mary Blewitt, "Praktisches Navigieren nach Gestirnen":
„... und ich versichere jedem Anfänger, dass das Triumphgefühl die Mühe lohnt, wenn eine Standortbestimmung sich als richtig erweist. Es ist nur der erste Schritt schwierig. Nimm eine Höhe, und du wirst ein wenig verwirrt sein; nimm die zweite, und der Nebel wird sich lichten; nimm ein Dutzend weitere, und du wirst nicht mehr verstehen, was für ein Theater vorher um das alles gemacht wurde.“
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Begriffe
auch die Begriffserklärungen bei 4.2 "Nordsternbreite" und 4.4 "Mittagsbreite"
Stundenwinkel (Grt) eines Gestirns, z. B. der Sonne (Greenwich Hour Angle, GHA)
Nach Klopp:
Es ist der Winkelabstand eines Gestirns (z. B. der Sonne) vom Meridian von Greenwich (0 - Meridian).
Er entspricht der geographischen Länge eines Punktes der Erdoberfläche. Ein Unterschied
ist jedoch, dass der Grt immer in westlicher Richtung von 0o bis 360o gezühlt wird.
Ortsstundenwinkel (t) - Local Hour Angle (LHA)
Nach Klopp:
Bezieht man den Stundenwinkel auf den Ortsmeridian eines Beobachters, nennt man ihn
Ortsstundenwinkel (t) (oder Local Hour Angle, LHA.)
Ähnlich wie die geographische Länge (wird der) Ortsstundenwinkel nach West oder Ost
jeweils von 0o bis 180o (gezählt). Im Deutschen heißt er dann westlicher bzw.
östlicher Ortsstundenwinkel ...
Der LHA wird in den amerikanischen HO-Tafeln benutzt ...
Die HO-Tafeln verlangen als Eingangswerte ganzzahlige Werte für den LHA ...
Den Ortsstundenwinkel erhält man aus dem Greenwicher Stundenwinkel durch ...
Addition der geographischen Länge (östliche Länge positiv, westliche Länge negativ).

bei westlicher - Position des Schiffes:
Ortsstundenwinkel (t) = Greewichwinkel (Grt) minus Länge W (Lambda W)
t = Grt - Länge W
in E: LHA = GHA - Long W
bei östlicher Position des Schiffes:

t = Grt + Länge E
in E: LHA = GHA + Long E
Merkhilfe:
Bei Westlänge: weniger (= Minus)
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Literatur
„Nautisches Jahrbuch – Ephemeriden und Tafeln“,
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, Hamburg
Knopp, Helmut, „Astronomische Navigation mit Tafeln, Taschenrechner und PC“, Busse Seewald, 1996
Internet: z. B. Wikipedia, aber auch andere Veröffentlichungen.
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8. Tagbogen-Verfahren
Das Tagbogen-Verfahren ist nach der Sonnenbahn über dem Horizont, dem Tagbogen, benannt.
Es wurde von Dr. Ralf Lampalzer, meinem Sohn, entwickelt und 1988 in der „Deutschen Hydrographischen Zeitschrift“ des „Deutschen Hydrographischen Instituts Hamburg“ publiziert (01/1988, Vol. 41, Ausgabe 1, S. 35 – 38) unter dem Titel: „Bestimmung der geographischen Position aufgrund mehrerer Messungen mit Fehlerrechnung“.
Ralf Lampalzer war damals Schüler am Gymnasium, hat mit seinem „Tagbogenverfahren“ am Wettstreit „Jugend forscht“ teilgenommen und wurde damit 1989 Bundessieger im Fach “Geo- und Raumwissenschaften“.

Eingearbeitet wurden:
Das Programm bezieht die versegelte Strecke zwischen den Messungen mit ein, wenn der Benutzer eine entsprechende Einstellung vornimmt.
Die Praxis zeigt, dass mit der Elimination des ersten Ausreißers die Genauigkeit des Ergebnisses sprunghaft verbessert wird.
Dasselbe gilt für die Fixsterne.
Ein Indexfehler des Sextanten muss vor der Eingabe berichtigt werden.
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Clark Stedes erstes Fax an Dr. Ralf Lampalzer nach Bezwingung der Nordwest-Passage:
"Der Rechner samt Tagbogen - Verfahren ist ERSTE Klasse."
Aus dem damaligen Handbuch zum Rechnerprogramm
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Die Eingabe eines Koppelortes entfällt.
- Der Standort wird mit erhöhter Genauigkeit ermittelt.
- Eine Standortbestimmung ist nach kürzerer Zeit möglich.
- Der Zeitdruck entfällt, weil es nicht notwendig ist, bei der Messung bestimmte Zeitpunkte exakt einzuhalten (Mittagsbesteck).
- Völlig stressfrei, weil ohne Zeit- und Messdruck, erhält man die Mittagsposition mit dem Tagbogenverfahren.
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Die Mittagsposition ist hier kein Spezialfall, nur die Umstände sind besonders günstig.Weil die Sonne um die Mittagszeit ihre Bahn deutlich ändert, verkürzt sich die benötigte Zeitspanne deutlich.Man misst einige Male um den Kulminationspunkt der Sonne und gibt die Werte und die jeweilige Uhrzeit in den Rechner ein. Fertig!